Auf Misstrauen stieß auch das Unterhändler-Duo Witkoff und Kushner. Sie haben keine diplomatische Erfahrung, kennen Russland und die Ukraine nicht und gehören zu dem Flügel in der US-Administration, der vor allem amerikanische Geschäftsinteressen vorantreibt. Einen Beleg für dieses Misstrauen lieferte ein an den «Spiegel» durchgestochenen Telefonprotokoll der Europäer, auch wenn deren Regierungen den Inhalt nicht kommentierten.
Keine Kritik der Ukrainer an Verhandlungen
Allerdings haben Umjerow und Hnatow drei Tage lang mit den Amerikanern verhandelt, und es wurde keine Kritik laut. Die Ukraine werde weiter vertrauensvoll mit der US-Seite kooperieren, die ernsthaft einen Frieden zu erreichen versuche, erklärte auch Selenskyj. Als nächsten Schritt erwarte er seine Unterhändler zum persönlichen Bericht.
Witkoff und das US-Außenministerium teilten am Freitagabend (US-Ortszeit) mit, dass sich die USA und die Ukraine über den Rahmen einer künftigen Sicherheitsstruktur und Fähigkeiten zur Abschreckung einig seien. Ein Ende des Krieges hänge vor allem davon ab, ob Moskau ein «ernsthaftes Engagement für einen langfristigen Frieden» zeige.
Die Invasion Russlands in das Nachbarland dauert schon fast vier Jahre. Putin besteht auf harten Forderungen an die Ukraine, die auf Gebietsabtretungen und letztlich eine Kapitulation Kiews hinauslaufen.
Russland attackiert Ukraine weiter
Ungeachtet der Gespräche über eine Friedenslösung überzog Russland die Ukraine auch in der Nacht zu Sonntag mit massiven Angriffen aus der Luft. Die zentralukrainische Großstadt Krementschuk in der Region Poltawa wurde laut Angaben der ukrainischen Luftwaffe von Dutzenden Drohnen und Hyperschallraketen vom Typ Kinschal attackiert, wie unter anderem die Nachrichtenagentur RBK-Ukraine meldete.
In der Stadt seien Explosionen zu hören gewesen. Einwohner berichteten von Unterbrechungen bei der Strom- und Heizungsversorgung. Über Opfer und das Ausmaß der Schäden gab es zunächst keine Angaben. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben zunächst nicht.
Bereits in der Nacht auf Samstag hatte ein massiver russischer Luftangriff erneut das Energienetz der Ukraine getroffen, aber auch den Bahnhof von Fastiw bei Kiew zerstörte. In mehreren Regionen wurden Verletzte und Notabschaltungen des Stroms gemeldet. Wegen des zerstörten Stromnetzes müssten die Menschen in vielen Regionen der Ukraine 12 bis 16 Stunden täglich ohne Strom auskommen, wie der Chef des Versorgers Ukrenerho, Witalyj Sajtschenko, im Fernsehen sagte.
Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Moskau erneut vor, die ukrainische zivile Infrastruktur zu attackieren. Ausgehend von der Zählung des US-Instituts CSIS dürfte es mit 653 Drohnen und 51 Raketen und Marschflugkörpern der bislang drittschwerste Luftangriff des Kriegs gewesen sein.
Ihrerseits attackierte die Ukraine wieder russische Raffinerien mit Drohnen. Durch eine Explosion fiel in Teilen der grenznahen russischen Großstadt Belgorod am Samstagabend der Strom aus. Ein Geschoss unbekannter Herkunft habe den Ausfall verursacht, schrieb der Gouverneur der Region, Wjatscheslaw Gladkow, auf Telegram. Auch außerhalb der Stadt gebe es Probleme mit der Stromversorgung. Ein örtlicher Telegramkanal berichtete, wahrscheinlich sei eine fehlgeleitete russische Gleitbombe an einem Umspannwerk eingeschlagen.