Der neue Papst Leo XIV. weckt bei vielen große Erwartungen. Doch, wofür steht der frisch gebackene Pontifex aus den USA eigentlich? Die Wahl seines Namens könnte da schon einige Hinweise geben.
Mit Leo XIV. ist erstmals ein US-Amerikaner und gleichzeitig Peruaner an der Spitze der katholischen Kirche. Doch warum hat Robert Francis Prevost - so der bürgerliche Name des neuen Papstes - ausgerechnet den Namen Leo für sein Pontifikat gewählt? Ist das bereits ein Wink für die Stoßrichtung, die der neue Pontifex für seine Amtszeit vorgeben möchte?
Allgemein gilt: Der gewählte Name wird oft als Hinweis auf die Ausrichtung des Pontifikats gesehen – auf theologische Vorbilder, besonders wichtige Werte oder kirchenpolitische Akzente. Beliebt sind Namen von Heiligen oder Aposteln. So entschied sich Bergoglio 2013 für Franziskus – in Anlehnung an Franz von Assisi, den er als "Mann der Armut, der Mann des Friedens, der Mann, der die Schöpfung liebt und schützt", beschrieb. Bis dahin gab es den Papstnamen Franziskus noch nie - deshalb musste man auch nicht Franziskus I. dazusagen.
Neuer Papst Leo XIV. - wofür steht der frisch gebackene Pontifex eigentlich?
Der direkte Namensvorgänger des neuen Papstes, Leo XIII., galt allgemein als außerordentlich politischer Papst. Das äußerte sich vor allem in seinen sozialen Standpunkten, die er in Reaktion auf Industrialisierung und die aufstrebende Arbeiterbewegung während seiner Amtszeit von 1878 bis 1903 vertrat. Der Italiener schrieb 1891 mit der "Rerum Novarum" die erste Sozialenzyklika der katholischen Kirchengeschichte, was ihm unter anderem den Spitznamen "Arbeiterpapst" einhandelte. In der Enzyklika prangerte Leo XIII. die Ausbeutung und Verelendung der Arbeiter an und setzte sich für faire Arbeitsbedingungen ein,
Als links darf Leo XIII. dadurch aber nicht automatisch gelten - er war ein ausgemachter Gegner des Sozialismus. Diesem wollte der damalige Papst mit seiner Sozialenzyklika auch Wind aus den Segeln nehmen und die katholische Soziallehre als Alternative anbieten. Insgesamt galt Papst Leo XIII. als ausgesprochen konservativ und rückwärtsgewandt, unter anderem durch seine Hinwendung zur hochmittelalterlichen Ordnung von Kirche und Staat.
Ein ähnliches Spannungsfeld deutet sich auch bei Leo XIV. an, weshalb ihn Beobachter als "pragmatischen Diplomaten sehen". Einerseits zeigt Prevost in vielerlei Hinsicht Nähe zum verstorbenen Pontifex – was ihm konservativere Stimmen vorwerfen. Er gilt als gemäßigter Reformer, ohne dabei Glaubenssätze aufzugeben. Besonders deutlich zeigt sich seine Haltung in Umweltfragen: Prevost hat sich wie Franziskus wiederholt für entschiedenes Handeln gegen den Klimawandel ausgesprochen. Auch gilt er als überzeugter Befürworter der Synode: Immer wieder hat er betont, dass die Kirche transparenter und offener für die Stimmen der Gläubigen sein müsse. Hierzu gehöre auch die Rolle der Laien zu stärken und den Stil kirchlicher Leitung zu verändern - etwa durch mehr Hinhören und weniger Hierarchie.
Mal progressiv, mal konservativ - Stoßrichtung wie bei Leo XIII.
Gleichzeitig lehnt er manche Reformen ab, zum Beispiel die Weihung von Frauen für kirchliche Ämter. Bei der Weltsynode 2023 warnte er vor einer "Klerikalisierung von Frauen". Das sei keine Lösung, sondern womöglich ein neuer Problemherd. Frauen hätten bereits vielfältige, zentrale Rollen in der Kirche. Gleichzeitig ist seine bisherige geistliche Amtsführung nicht frei von schwarzen Flecken. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, in seiner Zeit in Chicago und später als Bischof in Chiclayo Missbrauchsfälle nicht konsequent verfolgt zu haben. Prevost bestreitet die Vorwürfe, die Diözese wies die Anschuldigungen zurück.
Deshalb erwartet beispielsweise Kirchenhistoriker Hubert Wolf als Kompromisskandidat ins Amt gekommen. So schnell wie Robert Francis Prevost seien bislang nur Topfavoriten wie zuletzt Benedikt XVI. im Jahr 2005 gewählt worden, sagte der Professor für Kirchengeschichte an der Universität Münster der Deutschen Presse-Agentur. Das spreche dafür, dass er sich "bereits im Vorkonklave weitgehend unbemerkt von den selbst ernannten Vatikanexperten als Kompromisskandidat, der die verschiedenen Richtungen in der Kirche zusammenführen kann, angeboten haben muss".