Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat ranghohe Generäle der Nationalgarde entlassen. Auf Entlassung hoffen nun auch viele Wehrpflichtige nach fast zwei Jahren Fronteinsatz. Der Überblick.
Trotz des anhaltenden russischen Angriffskriegs will die ukrainische Führung Soldaten am Ende ihrer Pflichtwehrdienstzeit aus den Streitkräften entlassen. Es gehe um Wehrpflichtige, die noch vor Beginn des Kriegs eingezogen worden seien, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner täglichen Videobotschaft. Laut dem Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine, Olexij Danilow, bat Selenskyj die Militärführung darum, diese Soldaten zu demobilisieren. Über den Zeitpunkt der Entlassungen gab es noch keine konkreten Angaben.
Die Versprechungen gelten als Zugeständnis an die Soldaten, die seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor 21 Monaten an der Front gekämpft haben. In den vergangenen Wochen gab es mehrere Demonstrationen von Angehörigen dieser Wehrdienstleistenden, die eine stärkere Rotation forderten, um den Kämpfern die Möglichkeit zu geben, sich für einen längeren Zeitraum zu erholen. Laut dem derzeit geltenden Kriegsrecht können die Soldaten allerdings nicht so ohne weiteres demobilisiert werden. Dazu müsste ein neues Gesetz verabschiedet werden.
Während Danilow erklärte, die Entlassungen sollten schon in nächster Zeit beginnen, hielt sich Selenskyj selbst deutlich bedeckter. In der nächsten Woche soll demnach erst einmal ein konkreter Plan zur Mobilmachung vorgestellt werden. Das teilte Selenskyj bei einer Pressekonferenz mit Lettlands Präsident Edgars Rinkēvičs mit. Derzeit dienen rund 820.000 Ukrainer in den Streitkräften. Um zumindest einen Teil der Wehrpflichtigen für eine bestimmte Zeit nach Hause schicken zu können, müssen andere Soldaten rekrutiert werden, damit die Front nicht zusammenbricht.
Selenskyj wechselt mehrere Generäle bei Nationalgarde aus
Kurzen Prozess machte Selenskyj derweil mit der Führung der Nationalgarde. Per Erlass entließ er dort mehrere hochrangige Generäle. Als höchster Offizier musste der 1. stellvertretende Chef der Nationalgarde, Generalleutnant Wolodymyr Kondratjuk, gehen, wie aus den Präsidialerlassen hervorgeht. Daneben traf es drei weitere Stellvertreter. Bis auf einen waren alle Generäle schon vor dem Krieg im Amt. Die Hintergründe der Entlassungen sind noch unklar.
Ukraine meldet erneut Drohnenangriffe auf Kiew
Russland hat Kiew in der Nacht nach ukrainischen Angaben erneut mit Drohnen angegriffen. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko berichtete auf Telegram von Trümmern abgeschossener Drohnen, die in der Hauptstadt abgestürzt seien. Dadurch seien an mehreren Stellen Brände ausgebrochen, unter anderem in einem Wohngebäude und einem Kindergarten. Mehrere Menschen seien verletzt worden, darunter ein elfjähriges Kind. Die Menschen sollten in den Notunterkünften bleiben, da der Angriff weiter gehe.
Die «Ukrainska Prawda» schrieb auf Twitter, Kiew werde von Drohnen angegriffen, die Luftabwehr sei im Einsatz. Ein dpa-Reporter berichtete von heftigem, lang andauerndem Flugabwehrfeuer.
Selenskyj macht weiter Druck auf EU
Die Ukraine hofft nach Angaben Selenskyjs auf den Beginn von Beitrittsverhandlungen zur EU im Dezember. Bei einem Treffen habe er Lettlands Präsidenten Rinkēvičs darüber informiert, wie die Ukraine die Empfehlungen der Europäischen Kommission umgesetzt habe und dass das Land bereit zu Beitrittsgesprächen im Dezember sei, sagte er am Freitag in seiner täglichen Videobotschaft. «Wir warten auf diese Entscheidung und darauf, dass die Europäische Union ihre Versprechen erfüllt», fügte Selenskyj hinzu.