Erneut ist eine französische Regierung gescheitert. Das schuldengeplagte Land braucht nun rasch einen neuen Premier. Und Präsident Macron muss schauen, dass er aus der Schusslinie kommt.
Nach dem Sturz der Regierung sucht Frankreich einen neuen Premierminister. Präsident Emmanuel Macron will heute den gescheiterten Premier François Bayrou empfangen, um den Rücktritt von dessen Minderheitsregierung anzunehmen, wie es aus dem Élysée-Palast hieß. Schon in den nächsten Tagen wolle der Staatschef dann einen Nachfolger bestimmen. Weil die politische Krise auch Macron selbst unter Druck setzt und das Land vor einer Streik- und Protestwelle steht, will der Staatschef bei der Entscheidung wohl auf Tempo setzen.
Bayrou hatte am Montag in der Nationalversammlung im Streit über seinen Sparhaushalt die Vertrauensfrage gestellt und versucht, die Abstimmung mit einem Bekenntnis zum Sparen in dem hoch verschuldeten Land zu verbinden. Die versammelte Opposition aber brachte den Zentrumspolitiker nach rund neun Monaten im Amt zu Fall. Selbst aus den Reihen der konservativen Républicains, die Teil von Bayrous Mitte-Rechts-Kabinett sind, stimmten einzelne Abgeordnete gegen den Premier.
Gespaltenes Parlament erschwert Nachfolger-Suche
Für Staatschef Macron gilt es jetzt, einen neuen Premierminister zu finden, der das politisch gespaltene Land führen kann. Die Ausgangslage ist jedoch vertrackt. In der Nationalversammlung stehen sich Macrons Liberale, das linke Lager und die Rechtsnationalen um Marine Le Pen als drei große Blöcke gegenüber. Keiner von ihnen verfügt über eine eigene Mehrheit. Das Regieren in lagerübergreifenden Koalitionen ist Frankreich nicht gewohnt.
Einen Favoriten für das Amt des Regierungschefs gab es zunächst nicht. Medien nannten als Kandidaten den Macron nahestehenden Verteidigungsminister Sébastien Lecornu, der schon nach dem Sturz der Vorgängerregierung als Favorit gehandelt wurde. Auch die Namen von Justizminister Gérald Darmanin, Arbeits- und Gesundheitsministerin Catherine Vautrin oder von Finanz- und Wirtschaftsminister Éric Lombard fielen.
Für möglich gehalten wird aber auch, dass Präsident Macron dieses Mal einen Politiker wählt, der entweder aus dem Lager der Sozialisten kommt oder zumindest von ihnen akzeptiert wird. Denn mit der Unterstützung der Sozialisten könnte Macrons Lager einer Mehrheit im Unterhaus deutlich näher kommen und so den Haushalt und weitere Gesetzesvorhaben voranbringen - zumindest, solange der Spagat gelingt, sowohl mit den linken Sozialisten als auch den konservativen Républicains gemeinsame Sache zu machen. Jetzt sei die Linke an der Reihe zu regieren, hieß es nach der Abstimmung aus dem Lager.
Macron steht unter Druck und drückt aufs Gas
Dass Macron selbst schon kurz nach der verlorenen Vertrauensfrage ankündigen ließ, rasch einen neuen Regierungschef zu ernennen, soll wohl den Druck auf ihn mindern. Denn im Zuge des letztlich erfolglosen Pokers von Bayrou war auch der Staatschef in die Schusslinie geraten - inklusive Forderungen, ihn abzusetzen. Diese wurden nach dem Votum insbesondere vonseiten der Linkspartei La France Insoumise wieder laut.
Außerdem stellte der Präsident mit der Ankündigung klar: Statt einer Parlamentsneuwahl wie sie etwa Le Pens Rechtsnationale fordern, will er es mit einem neuen Regierungschef probieren.