Deutschland kann sich voraussichtlich gegen zusätzliche Flüchtlings-Aufnahmeforderungen wehren. Ein Bericht aus Brüssel stuft die Bundesrepublik zudem als gefährdet ein.
Deutschland kann verlangen, dass es unter dem neuen EU-Solidaritätsmechanismus bis mindestens Ende 2026 keine zusätzlichen Migranten aus anderen Mitgliedstaaten aufnehmen muss. Das geht nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus einer Analyse von EU-Innenkommissar Magnus Brunner zum sogenannten Solidaritätspool hervor, der Staaten mit hohem Migrationsdruck im Zuge der EU-Asylreform entlasten soll.
Deutschland kann sich demnach darauf berufen, dass es sich bereits um sehr viele Asylbewerber kümmert, für die eigentlich andere EU-Staaten zuständig wären. Auch andere Solidaritätsbeiträge wie Geld- oder Sachleistungen wären demnach von deutscher Seite nicht notwendig. Diese können theoretisch von unterstützungspflichtigen EU-Staaten geleistet werden, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen.
Als Länder, die im kommenden Jahr wegen eines hohen Migrationsdrucks Anrecht auf Solidarität anderer EU-Staaten haben, stuft die Kommission in ihrer Analyse Griechenland und Zypern sowie Spanien und Italien ein. Griechenland und Zypern stehen demnach wegen unverhältnismäßig vieler Ankünfte im vergangenen Jahr unter Druck, Spanien und Italien aufgrund zahlreicher Seenotrettungen.
«Ausgeprägte Migrationslage» in Ländern wie Österreich
Deutschland wird gemeinsam mit Staaten wie Belgien, Frankreich und den Niederlanden zu der Gruppe von Ländern gerechnet, die im kommenden Jahr Gefahr laufen könnten, aufgrund hoher Ankunftszahlen oder Belastungen der Aufnahmesysteme unter hohen Migrationsdruck zu kommen. Sie müssen Solidarität leisten, wenn sie sich nicht wie Deutschland die Bearbeitung von Asylanträgen anrechnen lassen können, für die sich eigentlich nicht zuständig wären.
Österreich, Polen, Bulgarien, Tschechien, Estland und Kroatien befinden sich nach Einschätzung der Kommission in einer «ausgeprägten Migrationslage». Dies bedeutet, dass sie aufgrund der kumulierten Belastungen der vergangenen fünf Jahre beantragen können, von Solidaritätspflichten ganz oder teilweise befreit zu werden.
Zu den EU-Staaten, die nach den neuen Regeln wahrscheinlich Migranten aus anderen Ländern aufnehmen oder andere Solidaritätsbeiträge leisten müssen, zählen Länder wie Schweden, Portugal, Ungarn, Rumänien und Luxemburg. Die neuen EU-Regeln sehen vor, dass jährlich mindestens 30.000 Übernahmen erfolgen sollen beziehungsweise Finanzbeiträge in Höhe von 600 Millionen Euro geleistet werden müssen. In kommenden Jahr dürften es allerdings weniger werden, da der Solidaritätsmechanismus erst Mitte 2026 in Kraft tritt.
EU-Innenkommissar sieht bereits Erfolge von neuer Migrationspolitik
EU-Innenkommissar Magnus Brunner erklärte zu den Ergebnissen der Analyse, es sei offensichtlich, dass Deutschland schon vor dem Inkrafttreten des neuen Asylpakts einen großen Teil dieser Solidarität getragen habe. Die Bundesrepublik werde daher erheblich von der Reform des Asyl- und Migrationssystems profitieren – insbesondere durch die neuen Aufgaben der Mitgliedstaaten an den Außengrenzen.