Die Ausgestaltung eines Wehrdienstes sei "etwas, was tief in der Seele einer Gesellschaft viele Emotionen bewegt", sieht Alexander Dobrindt noch einige Hürden zu nehmen. Bei "Maybrit Illner" pochte der Bundesinnenminister zudem auf einen möglichen Einsatz der Bundesabwehr bei der Drohnenabwehr.
"Die Wehrpflicht ist der richtige Weg", bezog Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) bei Maybrit Illner am Donnerstagabend zum Thema "Deutschlands Sicherheit - neue Gefahren von außen und innen?" Stellung. Als "Wischiwaschi" wollte er das geplante Freiwilligenmodell der Koalition für die Bundeswehr aber nicht bezeichnen. "Ich bringe mich doch nicht in den Widerspruch mit anderen Kollegen, da ist doch klar, auf welches Glatteis ich gehen soll", ließ er sich von Moderatorin Illner nicht auf die Wortwahl des CSU-Chefs Markus Söder festnageln.
Um die Bundeswehr, aber auch die Gesellschaft nicht zu überfordern brauche es zunächst Freiwilligkeit. Reiche die nicht aus, sei ein verständliches, faires und akzeptierbares Auswahl-Modell mit einem verpflichtendem Element notwendig. Ihm sei jedoch klar, dass die Ausgestaltung eines Wehrdienstes sei "etwas, was tief in der Seele einer Gesellschaft viele Emotionen bewegt" - und auch "noch ein paar Hürden kommen" werden.
"Da gibt es weiß Gott genug zu tun"
"Es bewerben sich schon jedes Jahr Leute bei der Bundeswehr. Es werden nicht alle genommen, weil es nicht genug Kapazitäten gibt", widersprach Irene Mihalic (Bündnis 90/Die Grünen). Deshalb sei es wenig sinnvoll, "jetzt schon über ein Pflichtmodell zu diskutieren". Vorschläge wie die Einführung eines Losverfahrens, wie es in Dänemark zum Einsatz kommt, würden nur zur Planungsunsicherheit der Menschen beitragen: "Sie spielen mit den Perspektiven der Menschen", kritisierte sie. Stattdessen solle man erstmal die Rahmenbedingungen für die Freiwilligkeit schaffen - "da gibt es weiß Gott genug zu tun", meinte Mihalic und riet, "dringend mit jungen Menschen zu sprechen, um die Perspektive der Leute zu hören, die es betrifft".
"Das ist nicht ganz fair", wies Dobrindt die Vorwürfe zurück, angesichts der hybriden Bedrohungslage so ein wichtiges Thema vor sich herzuschieben. Es war genau die Rüge, die Mihalic ein paar Minuten zuvor der Regierung und allen voran dem "führungsschwachen Kanzler" Friedrich Merz angesichts der fehlgeschlagenen Einigung zum neuen Wehrdienst am Dienstag gemacht hatte. So eine Debatte werde dem Ernst der Lage nicht gerecht, hatte sie kritisiert.
Und auch jetzt drehte sie den Spieß um: "Das, was Sie machen, ist nicht fair", klagte sie. Man hätte beim Absetzen der Wehrpflicht zu viele Strukturen abgebaut, übernahm sie Dobrindts Argument: "Jetzt haben wir nicht Zeit zu warten, bis es wieder funktioniert." Stattdessen solle man die Attraktivität des Bundesheeres erhöhen, um sowohl Profis zu halten, wie auch Leute für den Wehrdienst zu rekrutieren.
"Beides ist richtig", lenkte André Wüstner, Oberst und Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbandes ein. Seiner Ansicht nach sei es aber kaum möglich, auf diesem Weg die angepeilten Zahlen von mindestens 260.000 aktiven Soldaten im Jahr 2032 zu erreichen. "Deshalb müssen wir vordenken", appellierte er an die Entscheider, "weil in der Phase x können wir Herrn Putin nicht sagen: Gib uns noch ein Jahr für die Debatte." Man müsse angesichts der Bedrohungslage jetzt aufs Gas steigen: "Die Zeit für langjährige Debatten haben wir nicht mehr!"
André Wüstner (Deutscher Bundeswehrverband): "Deutschland ist aktuell verwundbar!"
Das gelte nicht nur für das Verantwortungsgebiet von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius. "Wir verkürzen die Debatte aufs Militärische", schoss sich Mihalic auf den anwesenden Alexander Dobrindt ein: "Den Bevölkerungsschutz klammern wir aus. Der liegt bei Ihnen." Auch ein Lagebericht über Drohnenattacken falle in seinen Zuständigkeitsbereich.