Podcaster Levi Penell fordert "ein Social-Media-Verbot ab 60 oder für ältere Menschen"
Vor allem ist es ein Ort, in dem sich Kinder und Jugendliche aufhalten. 157 Minuten pro Tag befinden sie sich in sozialen Medien, zitierte Louis Klamroth Ergebnisse aus einer Studie der DAK-Gesundheit und des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Gaming und andere Internetseiten sind da noch nicht eingerechnet.
"Für mich ist das erstrebenswert, weil ich drüber liege", gestand Nicolas Schmelzer (Lehrer an einer Gesamtschule, als "Herr Schmelzer" auf TikTok bekannt) und appellierte einerseits für richtigen Umgang und andererseits für die Schaffung von alternativen Angeboten, damit Jugendliche soziale Medien nicht als Coping-Mechanismus benutzen. Auch Gerster sah die Aufgabe bei Eltern und Schulen, im Gespräch zu bleiben, sich nicht vor der verschlossenen Kindertür abspeisen zu lassen und Fachmedienkompetenz zu lehren. "Da rennen Sie offene Türen ein", meinte Schmelzer, an dessen Schule einmal in der Woche eine Sprechstunde für Schüler angeboten wird.
"Sie zeichnen das Bild, dass Kinder und Jugendliche den ganzen Tag am Handy sind, das entspricht nicht der Realität", hielt Penell die Zahlen nicht für bedenklich. 157 Minuten seien Tagesschau und Tatort zusammen. "Machen Sie doch was in den anderen 21.5 Stunden am Tag", forderte er die Eltern auf - und hatte dabei vor allem Kristina Schröder im Visier. Dass Jens Spahn TikTok und Instagram erst an diesem Montag als Heroin bezeichnet hatte, sei erklärbar: Bei allem Neuen und Fremden "steckt viel Skepsis dahinter".
Diese schwappt auch auf Kinder und Jugendliche selbst über. 60 Prozent sprachen sich für komplettes Handyverbot im Klassenzimmer aus, ging aus einer vor einer Woche in Düsseldorf veröffentlichten Umfrage der Vodafone-Stiftung hervor. "80 Prozent haben sich eine stärkere Unterstützung gewünscht, 88 Prozent eine Social-Media-Sprechstunde", kannte auch Penell die Zahlen. Genau diese Unterstützung gebe man aber weder den Schülern noch dem Lehrpersonal.
Stattdessen führe man eine Debatte, wie man die Nutzung einschränken könnte - kritisierte Klamroths künftiger ARD-Kollege. Bei 12- bis 13-Jährigen sei es falsch, sie nicht ranzulassen, sondern sie eher über Gefahren wie Fehlinformationen und den Umgang damit zu informieren. Das gelte übrigens nicht nur für Kinder, forderte der Influencer - bewusst provokant - "in der Konsequenz auch ein Social-Media-Verbot ab 60 oder für ältere Menschen" - "... oder Aufklärung", brach Gerster eine Lanze für Social Media. Es sei eine Möglichkeit, am Leben teilzuhaben, statt im Alter zu vereinsamen.
"Technik ist keine Naturkatastrophe, die nicht veränderbar ist, sondern wir können die Regeln vorgeben"
"Wir könnten soziale Medien wesentlich sicherer machen, bevor man sie komplett wegsperrt und sagt, ihr könnt sie nicht benutzen", sah auch Anwalt Jun Maßnahmen wie Handyverbot oder Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige, wie sie in Australien eingeführt und in Deutschland diskutiert werden, nicht notwendig. "Technik ist keine Naturkatastrophe, die nicht veränderbar ist, sondern wir können die Regeln vorgeben", meinte er. Technisch und juristisch möglich wären Altersverifikationen und das Ausschließen etwa von Kindern und Jugendlichen von Plattformen aber sehr wohl, daran hätten Letztere jedoch kein Interesse.
Dass Meta den Eltern die Entscheidung überlassen wollte, begrüßte zwar Mutter Schröder. Jun hingegen hatte dafür wenig übrig: "Ich habe immer den Eindruck, wenn wir über Selbstverantwortung und Medienkompetenz sprechen, lehnen sich Plattform-Betreiber zurück und lachen sich ins Fäustchen", argumentierte er, "jetzt haben wir es zu den Problemen der Schule und Eltern gemacht (...). Ich verstehe nicht, warum WIR unsere Kinder und Jugendliche schützen sollen vor der Technik, wenn eigentlich die Technik unsere Kinder schützen soll."
Etwas, das auch Schmelzer nicht einsieht: "Wie soll ich meinen Schülern kommunizieren, du lebst in einer Welt, in der es keine Regulierung gibt, ich kriege keinen Medienbildungs-Unterricht, um mich damit auseinanderzusetzen - komm klar!", hob er Hilfe suchend die Hände. Kinder und Jugendliche von heute wachsen genau damit auf: "Für die ist das normal. (...) Solange wir nicht eingreifen und dann noch hingehen und verbieten wollen, lacht die Plattform viel lauter."
Meta-Vertreter konnten dazu übrigens nichts erwidern. "Wir haben sie natürlich angefragt, aber sie wollten heute nicht kommen", erklärte Klamroth.