"Dieses Ausmaß an Zerstörung habe ich noch nie gesehen": Ein ZDF-Film führte Markus Lanz ins vom Bürgerkrieg zerstörte Syrien. Angesichts der Schicksale der Betroffenen stockt selbst dem hartgesottenen Journalisten die Stimme. Auch in Senegal begegnet Lanz jede Menge Leid - und einem Grundsatzproblem.
Würde man nicht wissen, wo Markus Lanz in seiner neuen TV-Doku umherwandert, man würde ihn am Filmset einer apokalyptischen Serie vermuten. Doch die Zerstörung, die den ZDF-Moderator in Damaskus erwartet, ist echt - und das Resultat von zwölf Jahren Bürgerkrieg. "Dieses Ausmaß an Zerstörung habe ich noch nie gesehen", fehlen Lanz im ZDF-Film "Markus Lanz - Flucht" (ab sofort zum Streamen verfügbar) die Worte. "Assads Armee hat das eigene Land in ein Schlachtfeld verwandelt."
Nichts sei ihnen geblieben, erklären Hinterbliebene. Noch immer lägen unter den Häuserruinen Tote. Ein Ortsansässiger berichtet, sein einjähriger Sohn sei "einfach entzwei gerissen" worden. "Assad hat unsere Kinder getötet. Vergeben können wir erst, wenn er vor Gericht steht", klagen sie den einstigen Machthaber Baschar al-Assad an.
Angesichts des Leids, des Ausmaßes der Zerstörung versagt Lanz im Laufe der einstündigen Dokumentation mehrfach die Stimme. Auch für das TV-Publikum ist der Film von Anabel Münstermann schwere Kost. Aufgebrochen sind die aufwühlenden Filmaufnahmen immer wieder durch ausdrucksstarke Schwarz-Weiß-Fotografien, geschossen von Lanz selbst.
Bahar war sechs Jahre mit 70 Männern in einer Zelle gefangen
"Wir waren wie Tote", wirft Riad al-Asaad, Deserteur und Staatsfeind Nummer eins, einen Blick zurück. Der prominenteste Anführer des Widerstandes gegen Assad hat mehr Anschläge auf sein Leben überstanden, als er zählen kann. "Man zahlt den Preis, ob man schweigt oder handelt", sagt er, der wie fast jeder Familienmitglieder und Freunde verloren hat. Trotzdem sei er froh, nach Jahren im Exil wieder in seiner alten Heimat zu sein: "Selbst in diesen Trümmern leben wir wieder mit Freude. Freiheit ist ein Grundbedürfnis."
Diese Freiheit wurde Bahar geraubt. Sechs Jahre und zwei Monate war er in Sednaya gefangen, im "Schlachthaus für Menschen". Gemeinsam mit Lanz besucht er Assads einstige Folterkammer, die bis zu 30.000 Menschen das Leben kostete - nachdem sie bestialisch gequält wurden. "Wir mussten uns ihnen unterwerfen", berichtet der einstige Gefangene über unvorstellbare Demütigungen.
Mit 70 Mann habe er in einer Zelle hausen müssen: "Wer den Kopf hob, wurde sofort geschlagen." Angesichts der Schilderungen Bahars muss auch Lanz schlucken und stellt fest, dass ein ganzes Land "traumatisiert" worden sei: "Was sind das für Sadisten, die hier am Werk sind?"
Senegalesischer Migranten über bevorstehende Flucht: "Wir begehen quasi Selbstmord"
Seine weltweite Bestandsaufnahme zum Thema Flucht führt Markus Lanz aber nicht nur nach Syrien. In Senegal wird der 56-Jährige Zeuge davon, dass neben Krieg auch Armut und Perspektivlosigkeit Menschen zur Flucht aus der Heimat veranlassen können. Senegals Bevölkerung platzt aus allen Nähten und wächst weiter. Jobs sind aber knapp, dazu fehlt es an Nahrungsmitteln - auch wegen der negativen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die globalen Lieferketten.