Heute im Free-TV: Der erfolgreichste deutsche Film des Jahres 2006

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Das Parfum
Der Anfang einer Karriere als Serienmörder: Grenouille (Ben Whishaw) lernt das Mirabellen-Mädchen (Karoline Herfurth) kennen.
ZDF/intertopics/ captial pictures

Mit der aufwändig inszenierten Adaption von Patrick Süskinds "Das Parfum" gelang Bernd Eichinger und Regisseur Tom Tykwer 2006 ein Kassenschlager. Über fünf Millionen Menschen sahen die Geschichte des Mörders Jean-Baptiste Grenouille im Kino.

Zweifellos ist es ein Ding der Unmöglichkeit, Gerüche sichtbar zu machen. In "Das Parfum" wird es hin und wieder versucht, und wenigstens einmal, gleich zu Beginn, gelingt es Regisseur Tom Tykwer, mittels einer unfassbar ekelerregenden Szenerie fast, eine Art "gefühlten" Gestank zu kreieren.

Was am 17. Juli 1738 in Paris, inmitten stinkender Fischabfälle, seinen Anfang nimmt, ist das aberwitzige Leben des Serienkillers Jean-Baptiste Grenouille, dessen Schicksal seit Erscheinen des Patrick-Süskind-Romans "Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders" weltweit mehr als 15 Millionen Leser fesselte.

Produzent Bernd Eichinger nahm 50 Millionen Euro für die bis dato teuerste deutsche Produktion aller Zeiten in die Hand und versuchte mithilfe des "Babylon Berlin"-Regisseurs und internationaler Stars wie Dustin Hoffman ("Rain Man") und Alan Rickman ("Harry Potter") den abscheulich-faszinierenden Protagonisten zum Leinwand-Ereignis zu erheben. Rund fünfeinhalb Millionen Kinobesucher waren der Lohn. ZDFneo zeigt den erfolgreichsten deutschen Film des Jahres 2006 am Sonntag, 21. Dezember, um 20.15 Uhr.

Ben Whishaw als abscheulich-faszinierender Mörder Jean-Baptiste Grenouille

Was kann er dafür? Er ist weiß Gott kein ruchloser Mörder, dieser Jean-Baptiste Grenouille. All die jungen Dinger schlachtet er nicht etwa aus niederen Instinkten ab - sondern er wird, was ihn gewissermaßen in kindlicher Unschuld belässt, von einem höheren, für niemanden sonst auch nur im Ansatz begreiflichen Ideal geleitet. Fast könnte, ja eigentlich müsste man Mitleid haben mit dieser vom damals erst 25 Jahre alten Ben Whishaw ("James Bond 007: Keine Zeit zu sterben") unglaublich intensiv verkörperten dürren, geschundenen Kreatur. Jenes mysteriösen Jungen, dem von der Natur absolut nichts mitgegeben wurde - außer der göttlichen, oder eher teuflischen Gabe einer übermäßigen olfaktorischen Wahrnehmung.

Ja, riechen kann er, der Grenouille, wie kein Zweiter auf dieser Welt. Schnell findet der selbst ohne jeden Eigengeruch, ohne Identität durch das stinkende Paris des 18. Jahrhunderts stolpernde Waisenjunge heraus, dass der betörendste von allen Düften von zarten, wunderhübschen Jungfrauen ausgeht. Aber wie diesen herrlichen Duft konservieren, wie ihn in ein vollkommenes, einzigartiges Parfum integrieren? Grenouille muss lernen. Und der legendäre Pariser Parfumeur Baldini ist gewillt, das ungestüme Talent einzuweihen in die hohe Kunst des Destillierens von Essenzen.

Zwei Stunden Filmepos im Abendprogramm

Dustin Hoffman steuert als etwas abgehalfterter, aber immerhin korrekt gepuderter König der Düfte mit seiner ganzen spielerischen Souveränität die einzige leichte Note zu dem ansonsten schwerblütigen Geschehen bei. Aber Baldini bleibt, wie alle anderen, nur eine Nebengestalt in Grenouilles Dasein, das einzig vom Streben nach olfaktorischer Perfektion bestimmt wird. Er gerät zum großen Künstler - einzigartig als Parfumeur und als Mörder.

Nur zum Helden reicht es - trotz größter Anstrengungen - nicht. Im Gegensatz zu Süskinds großem Roman, der die Leidenschaft des Lesers über den gesamten absurden Werdegang Grenouilles hinweg zu binden vermochte, ist einem der Film-Grenouille emotional weitgehend gleichgültig.

Es ist nicht so, dass da gar nichts wäre. Irgendetwas zwischen Abscheu und Mitleid, zwischen Antipathie und Faszination wird wohl aufgebaut in dem weit über zweistündigen Filmepos. Nur hat der Zuschauer am Ende immer noch keinen Schimmer, was genau er mit diesem Jean-Baptiste Grenouille anfangen soll. Dieser abscheuliche Held lässt jede Spur von Eindimensionalität, an die man sich heften könnte, vermissen, kein Zug an ihm taugt als Projektionsfläche. Man kann den stets eigentümlich traurig und etwas verwirrt blickenden Grenouille weder hassen noch lieben, und schon gar nicht gelingt es, ihn zu verstehen.

Quelle: teleschau – der mediendienst