Doch der nächste Rückschlag für Günther ließ nicht lange auf sich warten. Im August 2018 verkündet die damalige leitende Staatsanwältin in dem Fall, dass die Ermittlungen abgeschlossen werden - Bernhard Günther selbst erfährt davon laut eigener Aussage aus die Medien. "Da gab es keinerlei direkten Kontakt", betont er, versichert aber: "Ich wäre jederzeit für direkten Kontakt offen gewesen und habe dies auch signalisiert, auch über meinen Anwalt."
Der gebürtige Leverkusener entscheidet sich daraufhin, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und engagiert gemeinsam mit seinem Anwalt Sascha Kuhn auf eigene Kosten einen Privatermittler.
Hinweisgeber nennt ersten Täternamen
Um weitere Hinweise zu den möglichen Tätern zu bekommen, setzen sie eine Belohnung von 80.000 Euro aus. Die Kosten übernahm Günthers Arbeitgeber Innogy. Und tatsächlich: Bereits nach kurzer Zeit meldet sich ein anonymer Hinweisgeber bei Anwalt Sascha Kuhn. Der Unbekannte kann beide mutmaßlichen Täter beschreiben - mit der Polizei reden will er jedoch nicht. Der Mann versichert, er wäre zudem in der Lage, beide Täter zu identifizieren, aus Angst um seine eigene Unversehrtheit ist er zunächst jedoch nur dazu bereit, einen der beiden Namen zu nennen.
Auf einem von dem Hinweisgeber zur Verfügung gestellten Facebook-Foto erkennt Bernhard Günther dann tatsächlich einen seiner Angreifer. Diesen kann er auch in einer darauffolgenden Wahllichtbildvorlage bei der Polizei identifizieren.
Der Mann flüchtet zunächst in seine Heimat Serbien, taucht kurze Zeit später dann aber als Teilnehmer bei einer Sportveranstaltung in Köln auf. Die Polizei reagiert und nimmt den Mann fest. Doch die Freude Günthers über den wichtigen Ermittlungsschritt währt nicht lange. Der Verteidiger des Verdächtigen verlangt, dass er wegen einer nicht ausreichenden Beweislage freigelassen wird. So sei Günther, als ihm die Wahllichtbildvorlage von der Polizei präsentiert wurde, voreingenommen gewesen, da ihm zuvor Facebook-Fotos des Tatverdächtigen gezeigt wurden. Ein folgenreicher Fehler der im September 2019 tatsächlich zu der Freilassung des Verdächtigen führt.
Günther ist bis heute fest von seiner Täter-Theorie überzeugt
Das Team von Bernhard Günther entscheidet sich, erneut eine Belohnung auszusetzen. Dieses Mal werden für Hinweise 100.000 Euro ausgelobt. Und tatsächlich meldet sich kurz darauf der erste unbekannte Hinweisgeber erneut bei Sascha Kuhn, will gegen eine erneute Belohnung nun auch den Namen des zweiten Täters verraten - und gibt damit den entscheidenden Hinweis.
Im November 2021 wird der ein in Belgien lebender Mann festgenommen, eine DNA-Probe liefert endgültige Gewissheit: Die am Tatort gefundene DNA-Spur stammt von ihm. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung werden gelöschte Chatverläufe mit dem zweiten Tatverdächtigen sichergestellt. Obwohl er nicht geständig ist, wird er vom Landesgericht Wuppertal zu zwölf Jahren Haft verurteilt.
Durch die neuen Beweise kann nun auch der erste Tatverdächtige erneut festgenommen und verurteilt werden. Auch er muss wegen schwerer Körperverletzung für elf Jahre ins Gefängnis. Konkrete Hinweise auf den Auftraggeber oder Mittelsmänner gibt es dagegen weiterhin nicht.
Bernhard Günther ist bis heute fest von seiner Täter-Theorie überzeugt: "Ja, wir wissen, wo sich X aufhält, wo er wohnt. Wir wissen an welcher Tür wir klingeln müssen, aber die Beweise reichen nicht aus", sagt der Top-Manager vor der ARD-Kamera. Günther stellt klar: "Wir hoffen natürlich, dass die Aufklärung der Tat weitergeht. (...) Wir werden auch nicht locker lassen, bis das geschehen ist. Die Hoffnung stirbt zuletzt."
"ARD CrimeTime: Das Säure-Attentat - Der Angriff auf Bernhard Günther" ist am Dienstag, 8. Juli, 23.15 Uhr, im Ersten zu sehen und schon jetzt in der ARD-Mediathek,