Sich dem Ehemann unterordnen, nicht arbeiten und viele Kinder bekommen: Was nach 50er-Jahren klingt, ist für sogenannte Tradwives erstrebenswert. Nun zeigt eine ZDF-Doku eindrucksvoll, wie die Bewegung Frauen schadet und für den amerikanischen Kulturkampf instrumentalisiert wird.
Wie jeden Morgen steht Alexia Delarosa in der Küche - perfekt gestylt im langen Blümchenkleid, mit einer Schleife im Haar und einem Kind auf dem Arm. Ihr Handy filmt für ihre Social-Media-Profile mit, wie sie Waffeln für Sohn und Tochter zubereitet, dabei stets ein Lächeln auf den Lippen hat und scheinbar nie aus der Rolle der perfekten Hausfrau fällt.
Immer mehr Frauen in den USA wollen genau wie Alexia sein: Tradwives, traditionelle Haus- und Ehefrauen, die sich ihrem Mann untergeben. Doch dahinter steckt mehr als ein Trend oder Glaube. Die ZDF-Reportage "USA extrem: Tradwives: Sittsam, hübsch, perfekt" zeigt, wie Frauen in die Abhängigkeit rutschen und wie Rechtspopulisten um Präsident Donald Trump Tradwives für ihre Zwecke ausnutzen.
Alexia verdient mit Videos über ihr scheinbar perfektes Hausfrauenleben etwa 18.000 US-Dollar pro Monat. Dabei arbeitet eine Tradwife in der Vorstellung konservativer US-Amerikaner und US-Amerikanerinnen gar nicht. Der Mann soll der alleinige Versorger der Familie sein. Doch Videos von und über Frauen und ihr scheinbar perfektes Leben als Haus- und Ehefrau sind erfolgreich. Alexia folgen auf Instagram über 760.000 Menschen, Influencerin Nara Smith auf TikTok sogar über acht Millionen.
Das Leben einer Tradwife: "Ordne dich deinem Ehemann unter!"
Sie leben nach "biblischen Prinzipien", erklären Solie und Andre Osario der ZDF-Journalistin. Auch sie vermarkten Solies Hausfrauen-Dasein in den sozialen Medien. Auf TikTok gibt sie beispielsweise Tipps für eine gute Ehe: "Ordne dich deinem Ehemann unter!" ist einer davon. Kritik interessiert das Ehepaar nicht. "Sie schreiben, ich sei ein Fußabtreter, dass er mich und alle Frauen hasst und ich ihm egal bin", schmunzelt Solie. "Sie merken, ich bin keine Feministin."
Enitza Tempelton ist Frauenrechtsaktivistin und war selbst jahrelang eine Tradwife. "Es war ein besch... Leben", sagt sie rückblickend. "Ich habe getan, was von mir erwartet wurde." Für die intimen Bedürfnisse ihres Gatten sei sie "sogar im Schlaf" verfügbar gewesen. "Ich habe mich ums Essen gekümmert und um alles sonst. Und alles mit einem verdammten Lächeln", erinnert sie sich mit zitternder Stimme.
Nach zehn Jahren wollte sie sich scheiden lassen, doch ihr Mann legte ihr immer wieder Steine in den Weg. Besonders finanziell seien Tradwives meist abhängig von ihren Partnern und könnten sich einen langen Rechtsstreit deshalb oft nicht leisten, erklärt Enitzas Anwältin. "Auf diese Weise setzen Ehemänner den Missbrauch fort."
Konservativer Kulturkampf beginnt "zu Hause!"
Trotzdem bleibt das Hausfrauenleben ein Traum für viele junge US-Amerikanerinnen. Sie treffen sich auf Veranstaltungen der rechtspopulistischen Organisation Turning Point. Eine dieser Messen besuchte das ZDF vor der Präsidentschaftswahl 2024. "Feminin, nicht feministisch" oder "süß, schlau und konservativ" steht dort zum Beispiel auf Plakaten. Die Besucherinnen sind zwischen 17 und 19 Jahren alt, tragen Kleidchen und Schleifen und wollen einmal "eine gute Ehefrau werden", erzählen sie einer ZDF-Journalistin.