Leere, Gleichgültigkeit, Angst, Hoffnungslosigkeit: Depressive Menschen kämpfen jeden Tag gegen ihren eigenen Kopf. Eine "37°"-Reportage zeigt eindrücklich, wie drei Betroffene versuchen, die oft unterschätzte Krankheit zu besiegen.
Michelle (33) lächelt in ihrer Küche, während sie ihren Söhnen Frühstück zubereitet. Doch hinter ihrem Lächeln verbirgt sich unfassbares Leid, denn die alleinerziehende Mutter leidet an Depressionen. Seitdem sie 21 Jahre alt ist hat sie die Diagnose, ist in Therapie und nimmt Antidepressiva.
"Wenn ich die Depression beschreiben könnte, in meinen eigenen Worten, dann so: Du liegst im Bett und jemand sitzt auf dir. Oder: Du bist gefangen", erklärt sie ihre Gefühle in "37°: Kampf im Kopf - Leben mit Depression". Die ZDF-Reportage begleitet Michelle, Thomas (41) und Thorsten (58). Sie schildern, wie sie leiden, und wie sie kämpfen, um endlich wieder ins Leben zu finden.
In Deutschland wird laut Deutscher Depressionshilfe jährlich bei 5,3 Millionen Erwachsenen eine Depression diagnostiziert. Die Ursachen für die Krankheit sind vielfältig: Eine traumatische Erfahrung in der Kindheit, anhaltender Stress und Schicksalsschläge können beispielsweise Auslöser der Krankheit sein. Laut Bundesgesundheitsministerium leiden mindestens 20 Prozent der Deutschen einmal in ihrem Leben an einer Depression. Bei etwa zwei Dritteln kommen noch Angststörungen hinzu. Das ist auch bei Michelle der Fall. Immer wieder hat die 33-Jährige mit Panikattacken zu kämpfen.
Michelle leidet seit Jahren an Depression: "Ich kämpfe. Jeden Tag"
Als Michelle elf Jahre alt war starb ihr Vater nach mehreren Herzinfarkten an Lungenkrebs - "in der Wohnung, in der ich immer noch wohne", erzählt sie und muss kurz innehalten. "Stundenlang", erinnert sich die 33-Jährige, habe sie neben ihrem toten Papa gelegen. Das sei ihr Abschied gewesen, danach "wurde nie geredet". Der Tod und das Schweigen belasten sie so sehr, dass sich schleichend eine Depression entwickelt. Wie so oft bei dieser Krankheit folgt die Diagnose erst Jahre nach den ersten Symptomen.
"Ich kämpfe. Jeden Tag", erzählt sie erschöpft, denn trotz Therapie und Medikamenten hat sie immer wieder schlechte Phasen. In einem Videotagebuch beschreibt sie: "Ich bin heute früh aufgewacht, hatte eine extrem dicke Wolke über mir, hatte überhaupt keine Kraft und wusste: Ich schaffe es heute nicht auf die Arbeit. Hab dann noch mal bis 15 Uhr geschlafen. Geschlafen, um mich nicht zu spüren, diese negativen Gedanken nicht zu merken."
"Ich krieg das mit", sagt einer ihrer Söhne (10), "aber nur manchmal", wirft der andere (6) ein. "Das erkennt man, weil sie dann richtig zittert", erzählt der Ältere von beiden weiter. Michelle kämpft kurz mit den Tränen, als ihre Söhne sprechen. Doch schnell setzt sie für die beiden wieder ein Lächeln auf.
Hilfe bekommen die drei von Michelles Mutter. Doch auf Verständnis von ihr hofft die 33-Jährige schon lange nicht mehr. "Sie kann sich in das Thema nicht reinfühlen", sagt sie enttäuscht. Dennoch wünscht sie sich mit zitternder Stimme: "Ich brauche sie als Mama, ich brauche eine Umarmung von ihr, ich muss spüren: 'Hey, ich bin nicht alleine.'"