"Amerikas Geschlechterkampf" ist in vollem Gange. Eine gleichnamige ARTE-Dokumentation zeigt erschreckende Szenen aus einem Land, in dem Frauen längst nicht mehr frei sind.
Es sei eine "unerträgliche, bittere Wahrheit", sagt eine Insassin des Mabel-Bassett-Gefängnisses in Oklahoma: "Wir Frauen sind in einer Männerwelt gefangen." In den USA gewinnen solche Worte, die auch Margaret Atwoods mahnendem "Handmaid's Tale" entnommen sein könnten, derzeit Tag für Tag an Aktualität. Unter Donald Trump werden Frauen immer mehr zu Entrechteten - daran lässt auch die neue ARTE-Doku "Amerikas Geschlechterkampf" keinen Zweifel.
In 13 US-Bundesstaaten ist Abtreibung mittlerweile vollständig verboten. Die Umstände, die zur Schwangerschaft führen, spielen dabei keine Rolle. Es gebe "viele produktive und talentierte Menschen mit einem erfüllten Leben, die durch Vergewaltigung oder Inzest gezeugt wurden", erklärt der republikanische Politiker Shane Jett im Film. Eine Abtreibung lösche "das Trauma der Vergewaltigung nicht aus", behauptet er zudem. "Es macht die Mutter vom Opfer einer abscheulichen Gewalttat zur Verantwortlichen einer nicht minder abscheulichen Gewalttat."
Seit der von Trump-Leuten kontrollierte Oberste Gerichtshof vor drei Jahren das liberale Abtreibungsgesetz der USA kippte, gilt eine derart radikale Haltung unter Republikanern zunehmend als die Norm. Dem Soziologen Andrew Whitehead zufolge seien die "christlichen Nationalisten" noch längst nicht am Ende ihrer Mission angelangt: "Sie wollen Abtreibungen in den gesamten Vereinigten Staaten verbieten", warnt er. "Das wird in den nächsten Jahren ihr Ziel sein."
"Wegen dieser Verbote sterben Frauen"
Auch wenn die Abtreibungsverbote laut Whitehead "nur der sichtbare Teil dieses Kreuzzugs" seien, habe die neue Gesetzgebung in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Frauen ihre Entscheidungsfreiheit, ihre Gesundheit oder gar ihr Leben gekostet. "Wegen dieser Verbote sterben Frauen", bestätigt die Juristin Janet Levit im Film. "Unsere Mütter- und Säuglingssterblichkeit war schon vorher hoch, doch mit den neuen Gesetzen steigt sie schneller."
Um ungewollte Schwangerschaften zu beenden, greifen US-Amerikanerinnen mitunter zu drastischen Maßnahmen. "Meine Freundin hat mir in den Bauch geboxt, wir versuchten es mit dem Kleiderbügel, ich habe Bleichmittel getrunken", berichtet die Texanerin Stephanie von ihren verzweifelten Versuchen, selbst eine Abtreibung durchzuführen.
Als zweifache Mutter ohne festes Einkommen kann sie ohnehin kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten; ein drittes Kind würde die prekäre finanzielle Lage der jungen Frau noch verschlimmern. Doch auch der Weg in eine entsprechende Klinik in einem anderen Bundesstaat kostet Geld - für die Anreise, die Unterbringung, den Eingriff selbst. Als sie die Kosten für eine Abtreibung erfährt, weint Stephanie: "So viel Geld habe ich nicht, das kann ich nicht zahlen. 400 Dollar, das ist Miete und Essen."
20 Jahre Haft für eine trauernde Mutter
Auch nach der Geburt eines Kindes stehen Frauen in den USA unter großem Druck. Ein Gesetz namens "Failure to protect" bestraft Mütter aufs Strengste, die vermeintlich beim Schutz ihrer Kinder versagen. Die Schwarze US-Amerikanerin Toni Hall etwa wurde bereits 2004 zu einer Haftstrafe von 30 Jahren verurteilt, weil ihr Partner das bei ihm geparkte Kind versogen sollte - und es misshandelte. Der später geständige Täter wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt, die Mutter kam erst nach 15 Jahre Haft frei.