Eine Hollywood-Legende wird 100: Dick Van Dyke spricht offen über verpasste Chancen, sein Geheimnis für ein langes Leben und die eine Rolle, die er gerne noch spielen würde.
"Ich suche gerade nach Arbeit", sagte Dick van Dyke im November in einem TV-Interview im US-Sender NBC. Und die Hollywood-Legende, die am 13. Dezember ihren 100. Geburtstag feiert, meinte den Satz wohl auch nur halb im Scherz. Denn sich zur Ruhe zu setzen ist für den Emmy-, Grammy- und Golden-Globe-Preisträger keine Option: "Ich will nicht. Ich meine, es ist mein Hobby. Es ist mein Leben. Ich liebe es", sagte er im NBC-Interview.
Sicher ist es auch seine positive Lebenseinstellung, die den "Mary Poppins"-Star zu einem der ältesten noch lebenden Hollywood-Stars werden ließ. Nicht umsonst heißt sein jüngstes Buch "100 Rules for Living to 100: An Optimist's Guide to a Happy Life" (deutsch: "100 Regeln für ein Leben bis 100: Ratschläge eines Optimisten für ein glückliches Leben"). Und auch wenn er mit großer Dankbarkeit auf sein Leben zurückblickt, so hadert er doch ein wenig über einige verpassten Chancen in seiner Schauspielkarriere.
"Das bereue ich jeden Tag meines Lebens"
So hätten ihm die James-Bond-Macher in den 60er-Jahren angeboten, nach Sean Connerys Abschied den Agenten 007 zu spielen: "Sie fragten mich: 'Möchten Sie Bond spielen?' Und ich antwortete: 'Haben Sie meinen britischen Akzent gehört?'" Rückblickend sagt Van Dyke, dass er es wahrscheinlich hätte tun können, aber dass seine Rolle als berühmter Spion eine drastische Abkehr von den familienorientierten Rollen gewesen wäre, die er zuvor gespielt hatte. Er sei nicht sicher gewesen, ob das Publikum "das von mir akzeptiert hätte".
Noch mehr bedauerte er im NBC-Interview aber eine abgesagte Zusammenarbeit mit Cary Grant. Die 20 Jahre ältere Hollywood-Legende hatte ihm vorgeschlagen, gemeinsam einen Film zu drehen - Van Dyke lehnte ab, beschäftigt mit Broadway und Fernsehen. Die Absage bezeichnet er heute als Fehler: "Das bereue ich jeden Tag meines Lebens. Ich habe Cary Grant abgelehnt. Ich kann es nicht glauben", sagt Van Dyke reumütig.
Mit "Mary Poppins" wurde er zur Hollywood-Legende
Dabei war es alles andere als selbstverständlich, dass Van Dyke überhaupt im Showgeschäft landete. Geboren in Missouri, aufgewachsen in Illinois, hatte seine Familie für ihn eigentlich eine Karriere in der Kirche vorgesehen, bevor der Theaterunterricht in der Schule seine Leidenschaft weckte. Er arbeitete als Radiomoderator und Komiker, bis ihn Anfang der 1960er-Jahre der Broadway entdeckte: "Bye Bye Birdie" wurde zum unmittelbaren Erfolg - und zur Schule in Disziplin. Der Broadway-Star Chita Rivera half ihm beim Singen und Tanzen, Fähigkeiten, die er erst auf der Bühne wirklich erlernte. Auch das Fernsehen entdeckte seine Talente: Die Sitcom "The Dick Van Dyke Show" zählte fünf Staffeln lang zu den prägenden US-Formaten, Van Dyke gewann drei Emmys und etablierte sich als Fernsehgesicht einer Generation.
1964 wurde Van Dyke zu Bert, dem Schornsteinfeger in "Mary Poppins" - einer Rolle, die ihn weltweit bekannt machte. Die Dreharbeiten mit den animierten Pinguinen in der berühmten Tanzszene dauerten ewig, wie er erzählt, doch sie wurden zu einer ikonischen Szene der Filmgeschichte. Bis heute kämen Menschen auf ihn zu und beginnen "Supercalifragilisticexpialidocious" zu singen. Auch das Fantasy-Musical "Tschitti Tschitti Bäng Bäng" (1968), in dem van Dyke die Hauptrolle spielt, gilt bis heute als Familien- und Weihnachtsfilm-Klassiker.
Mit 98 noch spielte Dick van Dyke in einem Coldplay-Video mit
Die ganz großen Hauptrollen blieben seit den 70er-Jahren zwar aus, mit Gastauftritten auf der Leinwand ("Dick Tracy" und "Nachts im Museum") und als Serienstar ("Diagnose: Mord") blieb van Dyke aber immer im Geschäft. Bis ins hohe Alter: 2018 trat er in "Mary Poppins' Rückkehr" auf, 2024 wurde er für seine Rolle in "Zeit der Sehnsucht" mit einem Daytime-Emmy ausgezeichnet, er ist nun der älteste Gewinner des TV-Preises aller Zeiten. Aufsehen erregte im letzten Jahr auch sein Auftritt im Musikvideo zu "All My Love" von Coldplay.