Facebook aktivierte den Safety Check, Twitter versuchte ruhig zu bleiben: In den sozialen Medien herrschte am Montagabend überraschend wenig Aufregung.
Besonnen und vielfältig - diesen Eindruck musste man gewinnen, wenn man die Ereignisse von Berlin im Internet verfolgte. Vor allem der Kurznachrichtendienst Twitter machte in diesem Zusammenhang seinem Namen alle Ehre und war schnell und erstaunlich unaufgeregt. Mögen bei vorherigen Ereignissen, etwa dem Amoklauf von München im Juli, noch ein hysterischer Wettkampf um die schnellsten Nachrichten, Push- und Eilmeldungen dominiert haben, standen am Montagabend die Sorge um Freunde, Verwandte und Angehörige im Vordergrund.
Ein der 140-Zeichen-Beschränkung angepasstes "You're okay? Just saw the news." ("Geht's Dir gut. Schaue gerade Nachrichten."), oft auch kombiniert mit konkreten Fragen nach Berliner Twitterfreunden ließen sowohl die Benachrichtigungen, als auch die Twitter-Timeline von aktiven Nutzern wie der Autorin dieser Zeilen anschwellen.
Facebook aktiviert Safety-Check
Während Nachrichtensender zum Teil mit Kamerateams live vor Ort berichteten und wegen der Aktualität zunächst kaum Konkretes zu sagen hatten, aktivierte das größte soziale Netzwerk Facebook seinen sogenannten Safety-Check. Mit dieser Funktion können Nutzer in Verbindung mit der Bekanntgabe ihres Standorts Facebook-Freunde wissen lassen, dass sie in Sicherheit sind oder sich gar nicht in der Gefahrenzone befinden. Freilich funktioniert das nur, wenn man Facebook immer mitteilt, wo man sich gerade aufhält.
Zu einer verlässlichen Informationsquelle wurde der
Account "PolizeiBerlinEinsatz"der Berliner Polizei. Unter dem Hashtag #Breitscheidplatz informierten die Beamten (die ansonsten den
Account "Polizei Berlin"nutzen) auf Deutsch und Englisch nicht nur über die Ereignisse vor Ort. Die Polizei bat auch die Bevölkerung, Platz für die Rettungsdienste und Helfer zu machen und einfach zu Hause zu bleiben: "Bitte helfen Sie uns. Bleiben Sie zu Hause & verbreiten Sie keine Gerüchte. Folgen Sie uns hier für wichtige Infos."
Für Hinweise von Augenzeugen wurde schnell eine Telefonnummer und eine Internetadresse, für Videos ein
"Hinweisportal" mit der Möglichkeit, Videos hochzuladen, eingerichtet.
Zitate nicht ungeprüft übernehmen
Hass, Vorverurteilungen und die Gewissheit, alles besser zu wissen - auch das war natürlich ebenfalls am Montagabend auf Twitter zu finden. Während offizielle Stellen noch immer von einem "möglichen Anschlag" sprachen, aber gleichwohl einen Unfall nicht ausschließen wollten, wurden eifrig Spekulationen als Tatsachen verbreitet und Flüchtlinge und Islamisten für die Tat verantwortlich gemacht. Aber: es gab auch sehr viele Stimmen, die sich um Unaufgeregtheit bemühten und baten, nicht ungeprüft Zitate, die über mehrere Quellen weitergegeben wurden, zu verbreiten und für bare Münze zu nehmen. Drastisch bringt es @_Tigerlady86_auf den Punkt: "Könnt ihr das scheiss spekulieren mal sein lassen und auf offizielle Meldungen der Polizei warten?"
Stellvertretend für viele fasste
@Nisalahe die Reaktionen zusammen: "Heute zeigt sich Twitter wieder zeitgleich von seiner besten und von seiner hässlichsten Seite!" Die beste Seite, das waren die Tweets und Posts, in denen sich Menschen um andere Sorgen machten, Menschen, denen sie zum Teil im realen Leben noch nie begegnet waren: "Ganz viel Kraft für die Angehörigen der Opfer :-( wir müssen jetzt alle zusammenhalten", schreibt beispielsweise
@LauriNeuer und
@prixpicsmeint "My heart goes out to the injured and families of those grieving." ("Im Herzen bin ich bei den Verletzten und trauernden Familien.")
Safety-Check
Wann Der Sicherheitscheck wird von Facebook bei Naturkatastrophen oder Terroranschlägen aktiviert. Mittlerweile würde das System aber automatisch erkennen, wenn in einem Gebiet bestimmte Schlüsselworte verwendet würden, sagte ein Facebook-Sprecher der dpa. Und weiter: Bei konkreten Anhaltspunkten für ein Unglück werde dann ein Team bei Facebook aktiviert, das die Informationen der jeweiligen Lage entsprechend aktualisiert.
Ort Facebook orientiert sich an dem Standort, den der Nutzer in seinem Profil angegeben hat und an dem Ort, an dem sich der Nutzer zuletzt eingeloggt hat. Ist der Ort falsch, kann er korrigiert werden.
Status Befinden sich Freunde in dem betroffenen Gebiet, können sie ihren Status als "sicher" markieren. Freunde erhalten dann eine entsprechende Benachrichtigung.
Ursprung Anlass, den Service überhaupt zu entwickeln, war ursprünglich der Tsunami und die Atom-Katastrophe 2011 in Japan. Nach dem Erbeben in Nepal 2015 wurde er erstmals eingesetzt.
Quelle:CCM/dpa