Sexsucht in der Pharmafabrik

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Ein Ausschnitt aus dem Buchcover. Foto: dtv
Ein Ausschnitt aus dem Buchcover. Foto: dtv
Das Cover der "Glücksfabrik". Foto: dtv
Das Cover der "Glücksfabrik". Foto: dtv
 
Die Autorin Saskia Goldschmidt Foto: Krijn van Noordwik/ dtv
Die Autorin Saskia Goldschmidt Foto: Krijn van Noordwik/ dtv
 

Von seinem Sterbebett aus erinnert sich Mordechai de Paauw an die Anfänge seiner Fabrik "Farmacon". Ohne Reue berichtet er von seinem skrupellosen Verhalten und ist immer noch überzeugt, zum Wohle der Menschheit gehandelt zu haben.

Zwei ungleiche Brüder, eine Pharmafabrik und ein Hintergrund, der zumindest zum Teil auf wahren Begebnissen beruht. Das ist der Stoff, aus dem Saskia Goldschmidt ihren Roman "Die Glücksfabrik" webt.

Eine Geschichte im Rückblick

Im Rückblick, von seinem Sterbebett aus, erzählt Mordechai de Paauw sein Leben aus seiner gleichzeitig überheblichen und desillusionierenden Sicht. Der 97-Jährige ist ans Bett gefesselt, kann nicht mehr sprechen und ist auf Hilfe angewiesen. In seinen Erinnerungen nimmt er den Leser mit in die Anfänge seiner Arbeit als Erbe eines Fleischereibetriebs und in die 30er Jahre, in denen er zusammen mit den Mitarbeitern seiner neuen Pharmafirma "Farmacon" auf die Idee kommt, aus Stierhoden Testosteron zu gewinnen.
Eine geniale Idee und der Anfang von Hormonpräparaten, die nach dem Zweiten Weltkrieg zur Erfindung der Anti-Baby-Pille führen wird.
Motke, wie Mordechai genannt wird, ist in dieser ganzen Entwicklung der Prototyp eines rücksichtslosen Firmenchefs, dem es nur darum geht, seine Fabrik vor den Nazis zu retten, deren Bedrohung er überdeutlich sieht. Er etabliert Tochterunternehmen in den USA und in Großbritannien, um sein Vermögen zu schützen. Gleichzeitig sieht er die Mitarbeiterinnen von "Farmacom" als reine Objekte seiner unstillbaren Sexsucht. Er ruft sie nach Lust und Laune in sein Büro, und vergewaltigt sie, wohlwissend, dass die Sorge um ihren Arbeitsplatz sie daran hindern wird, ihn zu verraten.

Nur der Nutzen zählt

Er benutzt aber nicht nur seine Mitarbeiterinnen skrupellos für seine eigenen Zwecke. Seinen Bruder Aron und den Wissenschaftler Levine beurteilt er nur danach, welchen Nutzen er aus ihnen ziehen kann.
"Die Glücksfabrik" ist kein leichter Stoff. Was nicht nur am zeitgeschichtlichen Hintergrund des Dritten Reichs liegt. Mordechai, der selbst auf seinem Krankenbett keinerlei Reue zeigt und sein Verhalten auch im Rückblick als richtig empfindet. Schließlich wollte er doch nur die Welt zu einem besseren Platz machen wie er mehrmals betont. Dass der Roman auf wahren Begebenheiten beruht, wie man im Anhang erfährt, macht die Geschichte nur noch umso unfassbarer.

Saskia Goldschmidt: Die Glücksfabrik, dtv, 14,90 Euro


Mehr zum Buch und zu den geschichtlichen Hintergründen gibt es hier.