Der frühere Chefredakteur von «Focus» und «Welt» hat dem Erfinder vor vier Jahren mit seiner Biografie «Der vergessene Erfinder» ein literarisches Denkmal gesetzt. Für Weimer, der als Verleger in Oberbayern lebt, ist das auch eine Sache des Lokalpatriotismus: Wie Reis wurde er in Gelnhausen geboren.
Weimer: Deutschland «eine Nation von Erfindern»
Der Fall Reis sei geradezu exemplarisch, sagt Weimer. «Wir sind eine Nation von Erfindern, Ingenieuren, Tüftlern und Bastlern. Und das gilt nach wie vor.» Viele große technische Innovationen der vergangenen 200 Jahre seien von Deutschen erfunden worden. Aber die Deutschen seien nicht gut im Vermarkten. «Das ist eher eine Stärke der Amerikaner. Und manchmal nehmen uns die Amerikaner einfach unsere Erfindungen ab und machen daraus ein großes Geschäft.»
An anderen Orten in der Welt ehre man Erfinder mit Denkmälern oder großen Monumenten, sagt der Biograf. «Bei uns macht man das nicht mehr, weil es irgendwie nicht mehr schicklich ist», kritisiert er. Selbst Nobelpreisträger würden in Deutschland nicht richtig sichtbar gemacht und medial gewürdigt. «Wir haben ein Defizit in der Würdigung unserer naturwissenschaftlichen und Ingenieurleistungen.»
Wunsch: Philipp Reis sichtbarer machen
Er wünsche sich mit Blick auf das 150. Todesjahr des Erfinders, dass Philipp Reis sichtbarer gemacht werde. In seiner Heimatstadt Gelnhausen könne er sich «eine Art Triumphbogen» an einer Zufahrtsstraße vorstellen. Nicht einmal eine Autobahnausfahrt weise in Gelnhausen auf den Erfinder hin.
«Wir bräuchten eigentlich auch ein Kommunikationsmuseum: Wenn du den Erfinder des Telefons hast, dann muss ein Ort her, der das sichtbar macht.» Er denke als Vorbild an das Ludwig Erhard Zentrum in Fürth. «Die Bayern haben ein besseres Händchen dafür, ihre Traditionen hochzuhalten und sie herzuzeigen.»
Die hessische Landesregierung hat nach eigenen Angaben keine besondere Veranstaltung aus Anlass des 150. Todesjahres des hessischen Erfinders vorgesehen. Ehrende Veranstaltungen würden eher aus Anlass runder Geburtstage und nicht von Todestagen geplant, teilte die Staatskanzlei mit.
Das bedeute aber nicht, dass das Land Hessen «einem seiner bedeutendsten Söhne» kein ehrendes Andenken bewahren würde, hieß es weiter. So werde Reis schon seit langer Zeit in der Broschüre Hessen-Pass in der Rubrik «Berühmte Hessinnen und Hessen» aufgeführt. Zudem seien mehrere Schulen nach Reis benannt.
Bürgermeister: «Triumphbogen nicht so ganz passend»
In Reis' Geburtsstadt Gelnhausen rufen Weimers Anregungen gemischte Reaktionen hervor. «Der Rückzug Napoleons führte zwar auch durch Gelnhausen und das Kinzigtal, aber ein Triumphbogen nach französischem Vorbild wäre zur Würdigung von Philipp Reis wohl nicht ganz so passend», sagt Bürgermeister Christian Litzinger (CDU). Selbstverständlich habe die Stadt aber Weimers Botschaft verstanden.
«Im digitalen Zeitalter, in dem die Kommunikation eine große Rolle spielt und viele neue Herausforderungen mit sich bringt, nehmen wir die Anregung, Philipp Reis monumentaler zu würdigen und ihn und sein Erbe in der Stadt noch sichtbarer werden zu lassen, gerne auf», sagte Litzinger. In Abstimmung mit den politischen Gremien und der Bürgerschaft - möglicherweise auch mit einem Ideenwettbewerb - werde man prüfen, welche weiteren Optionen infrage kämen.