Ist ein Karamellkeks das gleiche wie Spekulatius oder nicht?
Einige Mitbewerber der Aufstriche «Biscoff creamy» oder «Biscoff crunchy» nennen ihr Produkt auch «Spekulatiuscreme». Jetzt wird es verwirrend. Ist «Biscoff» jetzt das gleiche wie Spekulatius - oder ist es das eben nicht?
Beim Unternehmen Lotus Bakeries wehrt man sich ein wenig: Nein, Biscoff-Kekse seien kein Spekulatius. «Zum einen handelt es sich nicht um ein saisonales Gebäck, sondern um ein Produkt, das ganzjährig im Handel erhältlich ist. Zum anderen unterscheidet sich der Geschmack deutlich von Spekulatius», meint ein Sprecher am deutschen Sitz von Lotus in Düsseldorf.
Der Biscoff habe eine eigene Rezeptur, die ihm die karamellige Note gebe, sagt der Lotus-Sprecher. Zwar basierten beide Gebäcke auf ähnlichen Grundzutaten wie Mehl und braunem Zucker, «Spekulatius enthält jedoch die typischen weihnachtlichen Gewürze wie etwa Muskatnuss, Nelken, Ingwerpulver, Kardamom sowie teilweise Anis oder Koriander».
Deutschlands Süßwarenindustrie zählt klassischen Spekulatius - ebenso wie etwa Dominosteine und Zimtsterne - zur Kategorie «Herbstgebäck». Alle Jahre wieder liegt es von September bis Dezember massenhaft in den Läden. Ein paar Regale weiter findet man aber ganzjährig Karamellgebäck - oft zwischen Cantuccini, Löffelbiskuits, Amarettini oder Waffelgebäck.
Marktforscher stellen einen Spekulatius-Trend fest
Nach Absatzzahlen der Marktforscher Nielsen IQ sind Lebkuchen die Favoriten deutscher Verbraucherinnen und Verbraucher beim Herbstgebäck. Doch danach folgt - noch vor Stollen - der Spekulatius, der in den letzten Jahren boomte. Auch 2025 sei das Spekulatius-Segment innerhalb des Saisongebäcks bei Umsatz und Absatz bislang besonders kräftig gestiegen, heißt es von NIQ. Man könnte also sagen: Zimtiges Mürbegebäck hat derzeit einen Lauf.
«Aktuelle Trends um Gewürzkekse appellieren an das nostalgische Gefühl vergangener Feiertage», sagt der Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder. «In der unsicheren und schnellen Welt von heute suchen Menschen Produkte, die ein Gefühl von Behaglichkeit vermitteln. Die Wintergewürze und vor allem Zimt sind dabei mit Komfortessen assoziiert, die Geborgenheit und Wärme spenden.»
«Niedrigschwelliger Keks, vertraut in Geschmack und Konsistenz»
Der Kulturwissenschaftler von der Universität Regensburg sagt auch, der Biscoff-Keks sei «strukturell konservativ», «ein niedrigschwelliger Keks, vertraut in Geschmack und Konsistenz». «In Zeiten permanenter Selbstkontrolle ist er klein genug, um durch das Raster der Selbstbeherrschung zu fallen. Ein kleiner Keks. Den wird man doch wohl noch essen dürfen.»
Hinter dem Erfolg des - wir sagen jetzt nur noch spekulatiusähnlichen - Biscoff-Kekses steckt seit Jahrzehnten eine geschickte Marketingstrategie. 1932 auf dem Land in Flandern gegründet, wurde der Speculoos-Keks ab den 50er Jahren gezielt in Gaststätten und Cafés als Plätzchen zum Kaffee platziert.
Das Wort «Biscoff» wurde aus Biscuit und Coffee gebildet
In Amerika wurde der Keks ab den 80ern bei Airlines als Bordsnack etabliert. Vor rund 40 Jahren bekam er dann im US-Markt mit «Biscoff» einen für die Globalisierung geeigneteren Namen - aus der Verschmelzung der englischen Begriffe «Biscuit» (Keks) und «Coffee» (Kaffee). Offiziell auf Verpackungen kam dieser Produktname aber erst 2013, wie Lotus erklärt. In den Heimatmärkten, also in den Benelux-Staaten, geschah dies sogar erst vor fünf Jahren.
Auch historisch ist «Speculoos» nicht gleich «Speculaas». Speculaas ist ursprünglich ein niederländisches Produkt, das zur Kolonialzeit entstand und im Unterschied zum flämischen Keks Speculoos (bei Lotus heute Biscoff genannt) in der Tat mehr exotische Zutaten aufweist.
In Deutschland ist auch oft vom Gewürzspekulatius die Rede (wiederum im Gegensatz zum weniger herben Butterspekulatius). Wir halten jedoch fest: Nicht jede und jeder schmeckt die Gewürzunterschiede. In der jungen Generation könnte bald vielleicht sogar das Wort Spekulatius aussterben. Spekulieren wir jetzt mal. Weil: Das heißt doch Biscoff.