Klinik-Personal macht Ärger Luft - 3000 Mitarbeiter demonstrieren in Nürnberg

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Was wird aus Bayerns Kliniken? Zwar soll ein neues Gesetz die Qualität verbessern, gleichzeitig ist aber die Existenz kleinerer Häuser bedroht, fürchten Experten. Foto: Britta Pedersen, dpa
Was wird aus Bayerns Kliniken? Zwar soll ein neues Gesetz die Qualität verbessern, gleichzeitig ist aber die Existenz kleinerer Häuser bedroht, fürchten Experten. Foto: Britta Pedersen, dpa

Am Mittwoch protestieren bundesweit unter dem Motto "Klinikreform - So nicht!" tausende Krankenhausmitarbeiter gegen die geplante Krankenhausreform. Allein in Nürnberg wollen 3000 Klinikbeschäftigte auf die Straße gehen.

Das Krankenhauspersonal geht heute überall im Land auf die Straße. Der Protest richtet sich gegen das von der Bundesregierung geplante Krankenhausstrukturgesetz (KHSG). Worum geht es ? Laut Bayerischer Krankenhausgesellschaft (BKG) um nicht mehr und nicht weniger als die Überlebensfähigkeit gerade kleinerer Kliniken. Und das deshalb, weil den wenigen im neuen Gesetz vorgesehenen punktuellen Verbesserungen massive finanzielle Kürzungen entgegenstünden, heißt es bei der BKG. BKG-Vorstandsvorsitzender Franz Stumpf, zugleich Forchheimer Oberbürgermeister:"Unter dem Deckmantel der Qualitätsverbesserung wird hier eine Richtung eingeschlagen, die kleine Kliniken am Überleben hindert." Dies wiederum würde eine flächendeckende Versorgung im Freistaat gefährden.

Während Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) erklärt, das neue Gesetz stärke die Qualität der Krankenhausversorgung und sorge für mehr Pflegekräfte am Krankenbett, spricht BKG-Geschäftsführer Siegfried Hasenbein von "weltfremder" Vorgehensweise. "Für gute Qualität brauchen die Krankenhäuser ausreichend Personal und eine moderne Ausstattung. Mehr Qualität fordern und gleichzeitig die finanziellen Mittel dafür kürzen, diese Formel kann nicht aufgehen," so Hasenbein.

Sein Pressesprecher Eduard Fuchshuber verdeutlicht, worum es konkret geht. Um den Versorgungszuschlag zum Beispiel. Der sei vor zwei Jahren angesichts der erkennbaren Not der Kliniken als Finanzhilfe eingerichtet worden. Seither können die Kliniken auf jede ihrer Rechnungen einen Aufschlag von 0,8 Prozent erheben. Eine Hilfe, die jetzt wieder gestrichen werden soll und die allein ein Loch von 500 Millionen Euro in die Kassen der Kliniken reißen würde. Dabei müssten jetzt schon in Bayern gut die Hälfte der Krankenhäuser mit roten Zahlen kämpfen. Hinzu kämen weitere Kürzungen.

Zum Beispiel Abschläge bei der Vergütung zusätzlicher Leistungen. Fuchshuber erklärt, was dahinter steckt. Die Krankenhäuser würden jährlich mit den Krankenkassen ihr Budget verhandeln. Würden einem Haus beispielsweise 500 Blinddarmoperationen jährlich zugestanden, würde jede mehr ausgeführte OP mit einem Abschlag versehen. Und das über fünf Jahre. Der Gesetzgeber will damit unnötige Operationen verhindern, die Kliniken würden für die Mehrleistung bestraft.

Franz Stumpf hätte die Lösung: Am besten wäre eine auskömmliche Bezahlung für die einzelnen Leistungen. Dann würde nicht mehr über die Menge gegangen, um rote Zahlen zu vermeiden."
Der heutige Protest, er wird übrigens nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen. Die Notfallambulanzen sind besetzt, Operationen finden wie geplant statt, hieß es.


Kommentar: Besser nachbessern

Alle meinen es gut - natürlich. Dem Bundesgesundheitsminister und den Krankenkassen muss es darum gehen, den Kostenblock "Krankenhäuser" einigermaßen in den Griff zu bekommen. Damit die Ausgaben im Gesundheitsbereich nicht vollständig aus dem Ruder laufen. Selbstverständlich bei möglichst gleichbleibender, wenn nicht sogar verbesserter Qualität. Die Patienten sollen optimal versorgt werden. Ein schwieriges Unterfangen, wenn gleichzeitig der Sparkommissar das Handeln diktiert. Eigentlich die Quadratur des Kreises. Zumal die unmittelbar Betroffenen rasch bemerkt haben, was da auf sie zuzukommen droht.

Hermann Gröhes Krankenhaus strukturgesetz verärgert sie alle, das kleine Kreiskrankenhaus ebenso wie das große Universitätsklinikum. Die einen fürchten um ihre nackte Existenz, wohl wissend, dass sie Leistungskürzungen in den Ruin treiben würden. Wobei man getrost davon ausgehen darf, dass dieses Verschwinden kleinerer, dann unrentabel gewordener Häuser, von der Politik gutgeheißen würde. Zumindest hinter vorgehaltener Hand.

Aber auch die Unikliniken sind in Sorge. Warum? Die haben es als Krankenhäuser der Maximalversorgung oft genug mit Extremkostenfällen zu tun. Die für derlei Leistungen zugestandenen Fallpauschalen sollen - obwohl oft nicht kostendeckend - beibehalten bleiben. Das allein bedeutet 100 Millionen Euro Verlust für deutsche Unikliniken, so die Hochschul-Experten. Wenn kleine wie große Kliniken mit der Krankenhausreform offenkundig nicht klar kommen, was liegt da näher als politisch nachzubessern? Wir brauchen Krankenhäuser, kleine wie große. Für die einfache Blinddarm-OP wie für die Herz-Transplantation.