Sie rauchen, sie schnüffeln, sie spritzen oder sie schlucken schlicht alles, was irgendwie "high" macht. In Tablettenform, als Kräutermischung.
Die Zahlen müssen beunruhigen: In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der Kinder und Jugendlichen, gegen die in Bayern im Zusammenhang mit Betäubungsmitteldelikten ermittelt wurde, von 2700 auf 5000 nahezu verdoppelt. Dabei geht es längst nicht mehr nur um klassische Drogen wie Haschisch oder Heroin, sondern immer mehr auch um sogenannte Modedrogen. Die verharmlosend als "Kräutermischungen" oder "Badesalze" bezeichneten Substanzen haben es in sich: Allein im vergangenen Jahr registrierte die Polizei in den ersten acht Monaten 33 Fälle, in denen der Konsum dieser Drogen für die Betroffenen tödlich endete. In der Regel werden die Jugendlichen nach Aussage der Polizeisprecher in Bayreuth und Nürnberg allerdings mit Cannabisprodukten und "Kräutermischungen" angetroffen.
Die Situation in Franken
Für die drei fränkischen Regierungsbezirke ergibt sich jedenfalls ein ähnliches Bild wie im übrigen Bayern. So hatten in Mittelfranken im Jahr 2011 insgesamt 321 Kinder und Jugendliche erste Kontakte mit den Drogenfahndern, im Jahr 2015 waren es bereits 645.
In Unterfranken ist die Situation vergleichbar. Nach Mitteilung des Würzburger Polizeipräsidiums hat sich auch hier die Zahl betroffener Kinder und Jugendlicher in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Von 292 im Jahr 2011 auf 491 im Jahr 2015.
Lediglich in Oberfranken scheint die Entwicklung eine weniger dramatische zu sein. Im Zusammenhang mit Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz mussten sich hier im Jahr 2011 rund 180 Minderjährige verantworten, fünf Jahre später waren es 300, die den Drogenfahndern auffielen. Aber auch hier weist der Trend eindeutig nach oben.
Präventionsarbeit
Die Polizei belässt es deshalb nicht bei der Bekämpfung der Drogenkriminalität, sondern arbeitet auch präventiv. Beispiel Oberfranken: Hier klären Präventionsbeamte regelmäßig an den Schulen über die Gefahren von Rauschgift und den diversen Modedrogen, wie zum Beispiel Crystal Meth, auf.
Aber nicht nur die Polizei betätigt sich präventiv, natürlich auch das Kultusministerium. Bereits seit 1991 gibt es an Bayerns Schulen Beauftragte für Suchtprävention, die fächerübergreifend Maßnahmen koordinieren, zum Beispiel Elternabende, Projekttage und schulinterne Lehrerfortbildungen zum Thema Drogen.
Und so harmlos Rauschmittel wie die schon erwähnten "Kräutermischungen" oder Badesalze auch klingen mögen, auf Initiative des Freistaats wurde inzwischen ein bundesweites Verbot auch dieser psychoaktiven Stoffe ausgesprochen. Weil das Zeug einfach viel zu gefährlich ist. Nur, das Spiel mit derlei Elixieren wiederholt sich. Weil jedes Jahr neue Mixturen auf den Markt kommen, zunächst ganz legal. Jedes Mal braucht es seine Zeit, bis die Stoffe gesetzlich verboten sind.
"Viele Jugendliche wollen sich einfach mal ausprobieren"Sie spielen im Leben vieler Jugendlicher eine ganz zentrale Rolle - illegale Drogen. Das sagt einer, der es wissen muss. Der Pädagoge Sandro Rösler arbeitet seit fünf Jahren in Nürnberg in der Jugendberatungsstelle "Enterprise" in der Rothenburger Straße. Die von der Polizei kommunizierten Zahlen zum Thema Drogendelikte kennt er zwar auch, in seiner täglichen Arbeit spielen sie allerdings eine eher untergeordnete Rolle. Seine Erfahrung, die er mit Jugendlichen zwischen 13 und 21 Jahren macht: "Viele wollen sich ganz einfach mal ausprobieren". Auf der Suche nach der eigenen Identität. Illegale Drogen hätten da ihren ganz besondere Reiz. Besonders Cannabis. Damit verbinde man eine positive Wahrnehmung. Das Zeug wirke angenehm und dazu nur über einen eng begrenzten Zeitraum. Anders als zum Beispiel Crystal Meth. Das Zeug genieße keinen guten Ruf, weil es 24 Stunden und länger wirke und fatale Nebenwirkungen habe. Unter Jugendlichen deshalb kein Massenphänomen, so die Erfahrung Röslers . Er nennt mit Blick auf junge Drogenkonsumenten noch ganz andere Zahlen als die Polizei. Das Münchner Institut für Therapieforschung habe eine Umfrage in der Partyszene durchgeführt. Das Ergebnis: 80 Prozent der Befragten hatten Erfahrung mit illegalen Drogen. Die würden aber längst nicht alle süchtig machen , beruhigt Rösler. Etwa sieben bis zehn Prozent würden durch den ständigen Konsum eine Abhängigkeit entwickeln. Natürlich immer noch eine ganze Menge.
Und aus welchen gesellschaftlichen Schichten rekrutieren sich die jungen Drogenkonsumenten? Da gebe es keine großen Unterschiede, heißt es. Die jungen Leute kämen sowohl aus Hartz-IV-Kreisen wie aus Millionärsfamilien. Die Droge ist halt für alle und jeden verführerisch.
KommentarGefährliche Entwicklung
Nachlässigkeit oder Verharmlosung, beim Thema Drogen endet ein solches Verhalten nicht selten tödlich. Gerade wenn es um Kinder und Jugendliche geht, sollte deshalb besondere Sensibilität an den Tag gelegt werden. Heißt es größtmögliche Anstrengungen in der Präventionsarbeit zu unternehmen. Wird diese Arbeit bei uns in ausreichender Form geleistet? Angesichts der jetzt von der Polizei veröffentlichten Zahlen möchte man diese Frage verneinen. Wenn sich innerhalb von nur fünf Jahren die Zahl von im Zusammenhang mit Drogenkonsum auffällig gewordenen Kindern und Jugendlichen nahezu verdoppelt, sollten wir ganz schnell in den Alarmmodus umschalten.
Warum? Ja, richtig, das "Haschischzigarettla" auf der Klassenparty, das gab's auch schon vor 40 Jahren. Aber heutzutage wird Kindern und Jugendlichen ganz anderes Zeug aufgetischt. Diverse Modedrogen, chemische Keulen wie Crystal Meth, die aus Jugendlichen innerhalb weniger Jahre Greise machen können, die gab es früher noch nicht. Eine gefährliche Entwicklung. Immerhin gehört Bayern inzwischen zu den Ländern mit den meisten Drogentoten.Da lohnt sich die Mühe der Aufklärung besonders bei unseren jungen Heranwachsenden.