E-Book-Reader: klicken statt blättern

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In Sachen Putzigkeit siegt der Tolino mit seinem Bildschirmschoner. Foto: Ronald Rinklef
In Sachen Putzigkeit siegt der Tolino mit seinem Bildschirmschoner. Foto: Ronald Rinklef

Im Test funktionieren sowohl der Kindle Voyage von Amazon als auch der von großen deutschen Buchhändlern unterstützte Tolino Vision 2 einwandfrei. Wofür man sich entscheidet, ist letztlich Geschmacks- und Einstellungssache.

Werbung darf einiges. In überschwänglichen Worten Produkte loben zum Beispiel, so wie das die Spots für den Kindle und den Tolino tun, den beiden wohl bekanntesten E-Book-Reader. Sie versprechen unter anderem, dass man auf diesen Geräten im hellen Sonnenlicht lesen könne. Dieses Versprechen halten sowohl der Kindle als auch der Tolino und zeigen damit einen der entscheidenden Vorteile, den ein E-Book-Reader gegenüber einem Tablet hat: er spiegelt nicht, ist vergleichsweise leicht und klein.

Wenn man sich wie jetzt im Vorfeld der Leipziger Buchmesse (12. bis 15. März) einen Reader anschaffen möchte, muss man sich auch für einen Online-Shop und damit für ein Ökosystem entscheiden. Das erleichtert den Kauf und das Lesen, schließlich möchte nicht jeder Bücher erst einmal auf einem Rechner speichern, womöglich in ein bestimmtes Format konvertieren und dann auf den Reader kopieren.


Kindles ab 49 Euro

Wer bereits Amazon-Kunde ist und mit Service und Angebot zufrieden, macht sicherlich nichts falsch, wenn er sich für einen Kindle entscheidet. Preislich hat man die Auswahl zwischen dem günstigsten Kindle für 49 Euro und dem teuersten Kindle Voyage für 189 Euro - und die Qual der Wahl unter gut drei Millionen Büchern, Zeitungen und Zeitschriften. Hier sind allerdings auch fremdsprachige Veröffentlichungen mit eingerechnet.
Kindle-Geräte sind bereits so eingerichtet, dass sie auf dem vorhandenen Amazon-Kundenkonto angemeldet sind und nach dem Auspacken sofort benutzt werden können. Über diesen Benutzeraccount werden nicht nur Käufe abgewickelt. Er wird auch dazu benutzt, die eigene Bibliothek und den Lesefortschritt zu synchronisieren. Dadurch kann man zum Beispiel ein auf dem Kindle angefangenes Buch auf dem Tablet (über die Kindle-App) weiterlesen. Die "Familienbibliothek" genannte Funktion ermöglicht es, zwei Benutzerkonten zu verknüpfen und so auf die Bücher des Partners zuzugreifen.

Bei dem Testgerät Kindle Voy age, dass uns Amazon zur Verfügung gestellt hat, klappt die Synchronisation nach der Eingabe von E-Mail-Adresse und Passwort reibungslos. Alle bei Amazon gekauften E-Books waren sofort in der Übersicht vorhanden und auf das Gerät herunterladbar.


Offener Tolino

Während man auf einem Kindle nur bei Amazon gekaufte E-Books lesen kann, ist der Tolino offener und stellt auch andere elektronische Bücher dar. Vorausgesetzt, man verbindet den Tolino über das mitgelieferte USB-Kabel mit dem Rechner und kopiert die Dateien darauf, sobald der Tolino in der Geräteübersicht auftaucht. Im Test ist der Tolino Vision 2 auf einem Notebook mit Linux Ubuntu sofort sichtbar, während es an einem Rechner mit Windows 7 nicht nur etwas länger dauert. Der Tolino taucht hier außerdem zusätzlich als Massenspeichermedium auf.

Weil die dann sichtbar werdenden Ordner sprechende Namen haben, finden sich auch ungeübte Nutzer leicht zurecht: Bücher, die man in den Ordner "Books" kopiert, sind auf dem Tolino zu finden und lesbar, wenn man die entsprechende Anzeige auf dem Tolino befolgt und ihn am Rechner ausgeworfen hat. Sobald der Tolino vom Rechner getrennt wurde, aktualisiert sich die Bibliothek und neue Bücher sind auf dem Startbildschirm sichtbar.
Der Einkauf im virtuellen Thalia-Laden, der bei dem uns zur Verfügung gestellten Tolino vorinstalliert ist (alternativ kann es auch Hugendubel oder Weltbild sein) funktioniert reibungslos - vorausgesetzt man hat die Zugangsdaten seines Kundenkontos richtig eingegeben, was sich bei der Touchscreen-Tastatur als hakelig herausstellt. Gewöhnungsbedürftig ist auch die Reaktionszeit des Tolinos. Er benötigt einige Sekunden, bis er ein Buch anzeigt, zur nächsten Seite blättert oder gar ganze Kapitel überspringt. Das kann ein fast vier Jahre alter Kindle genauso gut.


Verzögerte Reaktion

Überhaupt die Reaktionszeit: beide neuen Testgeräte brauchen fürs Umblättern oder das Aufrufen neuer Bücher einige Sekunden. Das aber ist nur dann wirklich auffällig, wenn man den Vergleich zu einem Tablet zieht. Im normalen Gebrauch gewöhnt man sich vor allem beim Lesen schnell daran. Genauso im Übrigen wie an die Bedienung, die beim Kindle flüssiger und intuitiver funktioniert als beim Tolino. Der wiederum liegt angenehmer in der Hand. Unser Testgerät kam ohne Zubehör, lediglich ein USB-Kabel (nicht ein Ladegerät fürs Laden in der Steckdose!) gehört zum Standardlieferumfang, genauso wie beim Kindle. Als Dreingabe lieferte Amazon allerdings ein Ladegerät und eine Schutzhülle mit. Zumindest auf den zusätzlichen Kauf eines Ladegeräts können Besitzer eines Smartphones verzichten, denn das USB-/Mini-USB-Kabel passt auch in das Ladegeräte des Handys.

Ob man eine Schutzhülle für den Reader haben möchte, ist letztlich genauso Geschmackssache wie die Wahl des Geräts an sich. Für Amazon spricht sicherlich die große Auswahl an E-Books auch im fremdsprachigen Bereich, die wegen der fehlenden Buchpreisbindung hier meist günstiger sind, der schnelle und gute Support und die reibungslose Synchronisation über mehrere Geräte hinweg. Tolino profitiert davon, die deutsche Antwort auf Amazon zu sein und dementsprechend auch bei anderen Anbietern gekaufte, nicht kopiergeschützte Bücher darstellen zu können. Hinzu kommt, dass man die Geräte in den Buchhandlungen von Weltbild, Thalia und Hugendubel anschauen und kaufen kann und bei Problemen dort Unterstützung bekommt.
Wer einen funktionsfähigen älteren Reader hat, hat keinen Grund, umzusteigen.



Formate

ePuB Der Begriff bedeutet "electronic publication" und ist ein offener Standard vom International Digital Publishing Forum. Das Format wird von nahezu allen E-Book-Lesegeräten mit Ausnahme von Amazons Kindle unterstützt.

pdf Unter "portable document format", also portables Dokument-Format versteht man ein Format, das unabhängig davon, in welchem Programm oder unter welchem Betriebssystem das Dokument erstellt wurde, geöffnet und angesehen werden kann. Die Ansicht bleibt dabei immer so wie die des Originals. Als E-Book ist dieses Format nur bedingt geeignet, da die Ansicht sich nicht automatisch an die Größe des Lesegeräts anpasst und das Vergrößern und Verkleinern mitunter hakelig sein kann.

DRM Die digitale Rechteverwaltung soll verhindern, dass E-Books weitergegeben werden können. Amazon nutzt sein System bestehend aus Kindle-Shop, -Geräten, -Apps ein eigenes DRM-System, so dass dort gekaufte Bücher nicht auf anderen Geräten gelesen werden können.