Wüst irritiert bei "Anne Will" mit Aussage zur Impfpflicht: "Ein Zeichen für die Geimpften?"

2 Min
Wüst irritiert bei "Anne Will" mit Aussage zur Impfpflicht: "Ein Zeichen für die Geimpften?"
Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, hat sich in der ARD-Talkshow "Anne Will" für eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen ...
Wüst irritiert bei "Anne Will" mit Aussage zur Impfpflicht: "Ein Zeichen für die Geimpften?"
Malte Krudewig (dpa)

Die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht in Deutschland zieht sich weiter in die Länge. In der Talkshow von Anne Will sprachen sich NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und Justizminister Marco Buschmann deutlich dafür aus - obwohl Wüsts Begründung dafür sichtlich irritierte.

Das Thema Corona nimmt kein Ende, auch nicht in der ARD-Talkshow "Anne Will". In der Sendung am Sonntag (23. Januar 2022) ging es um die Frage "Mit welchem Plan geht Deutschland ins dritte Corona-Jahr?". Vor allem eine allgemeine Impfpflicht wurde unter den Gästen diskutiert.

Der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Uwe Janssen, sieht vor allem ein Hindernis in Hinblick auf eine allgemeine Impfpflicht: die fehlende digitale Kompetenz in Deutschland. Daten zu Patienten sind digital nicht verfügbar. "Wir haben keinerlei Informationen, das ist besseres Brieftauben-Niveau", so der Intensivmediziner.

"Besseres Brieftauben-Niveau": Impfpflicht könnte an fehlender Digitalisierung scheitern

Auch die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx, bemängelte ein "unglaubliches Daten-Defizit". Man wisse immer noch nicht, wo sich Menschen am meisten ansteckten und wie schwer die Verläufe der Omikron-Infektionen seien. Eine Rechtfertigung der Corona-Impfpflicht konnte sie sich allerdings vorstellen.

Corona-Schnelltest von CITEST: Den Testsieger der Stiftung Warentest bei Amazon ansehen

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) versprach Besserung bei der Digitalisierung, gestand aber auch ein: "Ein Land wie Griechenland hat innerhalb von ein bis zwei Jahren sein Gesundheitssystem digitalisiert." Die Kritik zum Umgang der Bundesregierung mit der Impfpflicht wehrte Buschmann ab.

"Wäre die FDP nicht Teil der Bundesregierung, hätte Olaf Scholz längst einen Gesetzentwurf vorgelegt", sagte die Journalistin und studierte Juristin, Helene Bubrowski. Buschmann verteidigte das Vorgehen, den Entwurf zur Impfpflicht den Bundestagsabgeordneten zu überlassen. Es handele sich um ein medizinethisches Thema, bei dem jeder im Bekanntenkreis merke, "wie viel Reibung und Hitze in der Debatte entsteht".

Corona-Impfpflicht erst für den Herbst: Justizminister verteidigt Vorgehen der Regierung

Für Buschmann sei das Ziel der Impfpflicht nicht die Veränderung der jetzigen Corona-Lage. "Wir machen das für den Herbst", so der Justizminister. "Das ist für jeden, der sich mit der Sache beschäftigt, von Anfang an klar gewesen." Intensivmediziner Uwe Janssen widersprach entschieden. Die Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitsbereich sei noch im vergangenen Jahr verabschiedet worden. "Was glauben Sie eigentlich, wie die sich fühlen?", so Janssen.

Vor allem geimpfte Mitarbeiter seien "verschnupft". Sie versorgen vor allem ungeimpfte Menschen. "Die stellen sich die Frage: Wieso wird denn auf uns quasi mit dem Finger gezeigt? Wir sind jetzt die 'Bösen', die dafür sorgen, dass die Ungeimpften über 60, die Vulnerablen infiziert werden."

Für Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, gehe es bei der Impfpflicht um ein Zeichen an ebendiese Menschen, an die Geimpften. Mit der Impfpflicht solle dieser Gruppe gezeigt werden: "Jetzt sind die anderen dran, die sich bisher geweigert haben." Anne Will irritierte diese Aussage sichtlich. "Es ist ein Zeichen an die Geimpften? Das habe ich jetzt nicht richtig verstanden", reagierte Will.

Wüst irritiert mit Aussage zur Impfpflicht: "Das habe ich jetzt nicht richtig verstanden"

Wüst stellte klar, dass es darum gehe, auch mal den Geimpften und denen, die alles machen, zu zeigen: "Wir lassen das nicht weiter zu, dass Menschen ihre individuelle Freiheit über die Freiheit der gesamten Gesellschaft stellen. Jetzt kümmern wir uns um die Ungeimpften."

Buschmann reiche eine solche Botschaft nicht aus. Es brauche ein legitimes Ziel zur juristischen Rechtfertigung einer allgemeinen Impfpflicht. "Was ausreicht, ist der Schutz unseres öffentlichen Gesundheitssystems", so der Bundesjustizminister.

Mehr Einigkeit zeigten die Gäste von Anne Will beim Thema Lockerungen. Sowohl Janssen, Buyx als auch Wüst fänden die Lockerung der Corona-Regeln derzeit zu früh. Einen konkreten Zeitpunkt für etwaige Lockerungen nannte jedoch keiner. "Wenn wir Klarheit haben, dass eben unser Gesundheitssystem nicht überlastet wird, wenn die Zahlen auch wieder sinken, dann sollten wir nicht erst lange rätseln: Welchen Schritt gehen wir jetzt?", so Wüst. Der NRW-Ministerpräsident sprach sich für eine "Exit-Strategie" aus. Auch Buschmann sagte, es sei gesunder Menschenverstand bei verbesserter Lage, die Maßnahmen zurückzunehmen. Wann sich die Lage aus Sicht der Politiker verbessere oder ab welcher Auslastung das Gesundheitssystem nicht mehr überlastet sei, beschrieben weder Wüst noch Buschmann.

Bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Montag (24. Januar 2022) wird voraussichtlich ebenfalls über Corona-Lockerungen diskutiert. Während Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) keine "Kurskorrektur" für nötig hält, haben sich bereits mehrere Länderchefs für Lockerungen ausgesprochen - oder zumindest für eine konkrete Strategie für künftige Lockerungen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will die Maßnahmen notfalls im Alleingang anpassen.

Artikel enthält Affiliate Links