Der Tanz auf der Klippe

1 Min
Der US-Kongress in Washington Foto: dpa
Der US-Kongress in Washington Foto: dpa

Der US-Kongress vertagt mühsam den Sturz von der Fiskalklippe. Was ist los in Washington?

Es wäre ja nicht das erste Mal in der Weltgeschichte, dass erst der Blick in den Abgrund zu tieferer Einsicht führte. Insofern hat der seltsame Begriff von der amerikanischen "Fiskalklippe" durchaus etwas Anschauliches: Als jene Klippe, an der es keine Rettung mehr gibt für alle, die an ihr scheitern. Kompromiss oder gemeinsamer Untergang - so lautet die pragmatische Übersetzung dessen, was die "Fiskalklippe" politisch bedeutet.

Streng genommen ist die US-Regierung in der Neujahrsnacht tatsächlich abgestürzt. Aber sie hat im letzten Moment einen Fallschirm gefunden, der - sofern er vom Repräsentantenhaus nicht wieder einkassiert wird - den Sturz von der Klippe zumindest abfedert. Oder besser: verzögert und vertagt. Bis auf Wiedervorlage, denn in zwei Monaten werden sich die Kontrahenten erneut zum Tanz auf der Klippe treffen müssen.
Und sie werden sich genauso ineinander verhaken, die Argumente werden dieselben sein und die Ablehnungsfront der Republikaner noch unerbittlicher.

Denn dies ist die eigentliche Lehre aus dem Ringen um den US-Etat: die rabiate Fundamentalopposition, in die sich die Republikaner von ihrem rechten Flügel treiben ließen, macht politisches Handeln in Washington nahezu unmöglich. Wer aber die Fähigkeit zum Kompromiss verliert, der lähmt nicht nur die Politik - er wird auf Dauer selbst politikunfähig. Die "Tea Party" hat es als lautstarke außerparlamentarische Opposition vermocht, die Unterhändler der Republikaner im Kongress an die Kette zu legen. Und wenn man die anschwellende Wut der US-Rechten gegen alles, was die Obama-Regierung und die Demokraten tun oder lassen, auf sich wirken lässt, dann ahnt man: In der US-Politik wird im neuen Jahr wohl noch weitaus mehr blockiert als der Haushalt. Immerhin geht es ja "nur" um die Staatspleite einer Weltsupermacht.