In der Januar-Ausgabe der Zeitschrift "medizini" können junge Leser ihre Körpermaße bewerten. Viele Eltern halten das für unpassend, einige Apotheken verbannen das aktuelle Heft aus ihrem Geschäft. In Franken schlägt das Thema noch nicht so große Wellen.
Seit Jahrzehnten wird das Gratis-Heft "medizini" in vielen Apotheken verteilt. Das Falt-Magazin bietet im Monatsrhythmus Tier-Poster, Denksportaufgaben und informative Berichte für Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren an. Spielerisch und altersgerecht sollen die Kids über ihren Körper und ihre Gesundheit aufgeklärt werden. Das Heft ist beliebt, Grund zur Aufregung gab es bisher nicht.
Doch nun hat die Redaktion den Zorn vieler Eltern und Apothekenbesitzer auf sich gezogen. In der Januar-Ausgabe können junge Leser mit einem Figur-Test ihre Körpermaße bewerten. Unter anderem werden Fragen wie "Stell dir vor, du hättest in letzter Zeit ganz schön zugelegt. Was machst du?" oder "Alle in deiner Klasse tragen jetzt diese superengen Hosen. Bei dir sitzen sie viel zu knapp und sehen nicht gut aus. Was tust du?" gestellt.
Nach zahlreichen Protesten besorgter Eltern haben bundesweit mehrere Apotheken das Januar-Heft aus dem Geschäft verbannt. "Damit wird dem Thema Schlankheitswahn Raum gegeben, den es in dieser Altersgruppe nicht haben sollte", begründet Ann-Katrin Kossendey-Koch aus Niedersachsen, die den Stein ins Rollen gebracht hatte. "Das ist nicht der richtige Weg, um Kindern eine gesunde Ernährung näher zu bringen." Der Verein "Freie Apothekerschaft" hat sogar eine Briefvorlage an die "medizini"-Redaktion veröffentlicht, falls sich Apotheker dem Protest anschließen wollen.
Reaktionen im Netz
In den sozialen Netzwerken erhalten die teilnehmenden Apotheken viel Zuspruch. Unter anderem schreibt ein Nutzer auf Facebook: "Richtig. Wenn ein Aufruf, dann an die Eltern, nicht an die Kinder." "Klasse Entscheidung! Vielen Dank für diese Achtsamkeit!", meint eine Mutter. Eine andere Nutzerin findet den "medizini"-Beitrag hingegen nicht so schlimm: "Von der Vorschau im Dezember war ich geschockt, den Test selbst finde ich aber in Ordnung. Leider spielt dieses Thema sehr wohl eine Rolle in diesem Alter. Ich habe schon oft meine Mädels mit kritischen Blicken vor dem Spiegel gesehen, obwohl sie keinen Grund dazu haben."
Der Herausgeber, der "Wort & Bild Verlag", bedauert die öffentliche Diskussion, verteidigt den Figur-Test aber. Man sei zwar der Meinung, so Pressesprecherin Sonja Lex, dass sich Kindergartenkinder oder Schulanfänger am besten noch gar nicht mit der eigenen Figur beschäftigen sollten. "Die Redaktion ist aber überzeugt, dass die Themen Aussehen, Figur und Schönheitsideal spätestens am Übergang zu den weiterführenden Schulen ein Thema sind."
Redaktion verteidigt die Themenwahl
Der Beitrag wolle deshalb das Bewusstsein dafür schaffen, "dass zu viel Beschäftigung mit dem eigenen Körper schädlich ist" und zum Beispiel Krankheiten wie Magersucht begünstigen kann. "Das Angebot hält die medizini-Redaktion deshalb weiter für richtig."
In Franken scheint der Figur-Test (noch) nicht so große Wellen zu schlagen. Unter anderem berichtet der Kronacher Apotheker Clemens Richter, dass es bei ihm bisher noch keine Kundenbeschwerden gegeben habe. "Ich werde das aktuelle Heft jetzt aber durchlesen und dann bewerten, ob ich es an meine Kunden weitergeben werde."
Sein Coburger Kollege Hans-Joachim Schreeck berichtet Ähnliches. "Ich habe noch keine Reaktionen von Kollegen oder Kunden mitbekommen." Ohne den Inhalt zu kennen, sieht der Apotheker einen solchen Figur-Test für Kinder generell aber eher kritisch.
Der Bamberger Apotheker Volker Seubold hat das "medizini" nicht abonniert. Die Diskussion über die aktuelle Ausgabe hat er aber in der Fachpresse verfolgt. Seubold findet: "Ich kenne den Inhalt nicht, denke aber, dass es in dieser Altersgruppe eher unangebracht ist, diesen sensiblen Bereich so zu thematisieren."