Bad Brückenau: Die Empörung ist groß

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Das ehemalige Landratsamt in Bad Brückenau: Die Immobilien- und Vermögensverwaltungsgesellschaft J und P aus Bamberg kaufte das Grundstück vom Freistaat Bayern. Nun steht das Objekt wieder zum Verkauf im Internet ausgeschrieben. Foto: Ulrike Müller
Das ehemalige Landratsamt in Bad Brückenau: Die Immobilien- und Vermögensverwaltungsgesellschaft J und P aus Bamberg kaufte das Grundstück vom Freistaat Bayern. Nun steht das Objekt wieder zum Verkauf im Internet ausgeschrieben. Foto: Ulrike Müller

Kürzlich wurde das ehemalige Landratsamt verkauft. Nun wird es im Internet schon wieder angeboten - zu einem deutlich höheren Preis. Das ärgert einen Stadtrat immens.

Dirk Stumpe (PWG) ist richtig verärgertas ehemalige Landratsamt steht wieder zum Verkauf im Internet. 2367 Quadratmeter groß ist das Grundstück, als Kaufpreis werden 420.000 Euro angegeben. "Das war zu erwarten", sagt der Bad Brückenauer Stadtrat. In der Vergangenheit sei es oft so gewesen, dass Immobilien in der Innenstadt zu sehr günstigen Preisen verkauft worden seien, um nach einiger Zeit für weitaus mehr Geld den Eigentümer zu wechseln.

Die Stadt habe, so sagt es Stumpe, das Areal für 60.000 Euro kaufen können. Das Thema ist brandaktuell. Die Stadt hat ein Vorkaufsrecht für alle Gebäude im Stadtgebiet. Zumindest im Sanierungsgebiet, was sich im Wesentlichen auf die Kernstadt erstreckt, solle der Stadtrat doch mitreden dürfen, wenn ein Gebäude verkauft wird. Das fordert seit Mai die Stadtratsfraktion von Freien Bürgern und FDP. "Ich unterstütze diesen Antrag absolut", sagt Dirk Stumpe.

Schon lange wurmt ihn, dass viele alte Häuser in der Innenstadt verkommen. Das Paradebeispiel ist sicherlich die Alte Post, weil sie prominent am unteren Eingang in die Ludwigstraße liegt. Hier hat ein Investor das Gebäude übernommen. Eine schlüssige Nutzung gelang ihm bisher aber offensichtlich nicht. Aber auch etliche andere Gebäude sind in einem erbarmungswürdigen Zustand, so auch das ehemalige Landratsamt. "Aus meiner Sicht hätte die Stadt das Gebäude kaufen müssen, weil schon allein die Parkplätze mehr Wert sind als 60.000 Euro", sagt Stumpe.

Stadt hat sich viel vorgenommen

Stumpe befürchtet, dass sich nun auch eine Investition ins Landratsamt auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschiebt. "Für die Stadtentwicklung in der Kernstadt bedeutet das Stillstand", kritisiert er. Zweiter Bürgermeister Jürgen Pfister (PWG), der gerade die Bürgermeisterin vertritt, hört sich die Sachlage zunächst an. "Jede Fraktion hat damals einen Antrag auf Kauf des alten Landratsamts stellen können", sagt er. Der Dritte Bürgermeister Dieter Seban (CSU) gibt übrigens eine nahezu identische Antwort.

Pfister zählt die Investitionsvorhaben auf, die die Stadt sich vorgenommen hat. Neues und altes Rathaus weisen Sanierungsbedarf auf. Das Gebäude am Kirchplatz, in dem unter anderem das örtliche Möbelhaus zu finden ist, gehört ebenfalls der Stadt. Für das Bahnhofsgelände, das Bahnhofsgebäude, Georgi-Park und Georgi-Halle stehen umfangreiche Arbeiten an. Die Breitensportanlage in Römershag - die Stadt hatte den Bereich für die Vereine bei der Generalsanierung der Dreifach-Turnhalle zurückgestellt - und die Therme Sinnflut müssen grundlegend erneuert werden.

"Natürlich ist es ein Filetstück", sagt Pfister, der den Antrag von FB und FDP ebenfalls unterstützt. Es sei ärgerlich, dass der Käufer, der schon konkrete Pläne für das Landratsamt hatte, das Gebäude jetzt wieder veräußere. Eine "sehr tragische Entwicklung", nennt auch sein Stellvertreterkollege Seban die Situation. Ganz nachvollziehen kann er Stumpes Ärger jedoch nicht. Als Immobilienmakler hat er Einblick in das Immobiliengeschäft. "Das kommt immer wieder mal vor. Aber das ist nicht die Regel", antwortet er auf den Vorwurf, in Bad Brückenau würde vielfach mit Immobilien spekuliert werden.

Eigentümer reagiert gelassen

Seban versteht nicht, warum der Freistaat Bayern dem neuen Eigentümer keine Sanierungsverpflichtung auferlegt habe. Als er damals selbst die Liebesmühle im Siebener-Park von der Stadt kaufte, musste er das Objekt erneuern - und erhielt dafür Fördergelder, weil das Gebäude ebenfalls im Sanierungsgebiet liegt. Hätte die Stadt die Dinge selbst in die Hand nehmen sollen?

Die Stadt hätte sicherlich das ehemalige Landratsamt kaufen können, sagt er. Die Sachlage sei ja bekannt gewesen. Die Bürgermeisterin habe versucht, die Immobilie für die Außenstelle des Biosphärenreservats Rhön ins Spiel zu bringen, berichtet er. Die ist aber nun nach Hammelburg gekommen. Auch er findet im Übrigen den Antrag zur Offenlegung von Immobilienkäufen im Stadtrat gut: "Dann muss sich der Stadtrat damit auseinandersetzen, woher wir die Mittel nehmen sollen."

Beim Noch-Eigentümer des Landratsamts, der J und P Immobilien- und Vermögensverwaltungsgesellschaft aus Bamberg, werden die Dinge nicht so tragisch gesehen. "Wir haben die kurzzeitige Umsetzung nicht gebacken gekriegt", sagt ein Sprecher. Die Gesellschaft habe aber erhebliche Planungsarbeit in das Projekt gesteckt. So heißt es auch im Eintrag im Internet, dass eine "vorliegende Planung zur Umnutzung des Gebäudes [...] gerne auf Anfrage eingesehen werden" könne. Die Wahrscheinlichkeit, dass bald ein neuer Käufer gefunden werde, halte er für "sehr groß", antwortet der Sprecher.

Die Tafel darf bleiben

Die einzigen, die diese Entwicklung tatsächlich freuen dürfte, sind die Unterstützer der Bad Brückenauer Tafel. Trotz vieler Bemühungen gelang es bisher nicht, andere Räume für die Lebensmittelausgabe an Bedürftige zu finden. "Ich finde es gut, dass der Druck erst einmal raus ist", freut sich Vorsitzender Hans-Jürgen Schelle. Auch die Immobiliengesellschaft bestätigt: Solange kein neuer Käufer das Gebäude übernimmt, darf die Tafel weiterhin im Landratsamt bleiben. Das Kramlädchen der Caritas hingegen ist bereits an dem Marktplatz umgezogen.

Einen Kommentar zum Thema lesen Sie hier.

20 Parkplätze stehen auf dem Gelände am ehemaligen Landratsamt zur Verfügung.

1500 Quadratmeter Nutzfläche maximal gibt der Verkäufer im Internet an.