Kürzlich wurde das ehemalige Landratsamt verkauft. Nun wird es im Internet schon wieder angeboten - zu einem deutlich höheren Preis. Das ärgert einen Stadtrat immens.
Dirk Stumpe (PWG) ist richtig verärgertas ehemalige Landratsamt steht wieder zum Verkauf im Internet. 2367 Quadratmeter groß ist das Grundstück, als Kaufpreis werden 420.000 Euro angegeben. "Das war zu erwarten", sagt der Bad Brückenauer Stadtrat. In der Vergangenheit sei es oft so gewesen, dass Immobilien in der Innenstadt zu sehr günstigen Preisen verkauft worden seien, um nach einiger Zeit für weitaus mehr Geld den Eigentümer zu wechseln.
Die Stadt habe, so sagt es Stumpe, das Areal für 60.000 Euro kaufen können. Das Thema ist brandaktuell. Die Stadt hat ein Vorkaufsrecht für alle Gebäude im Stadtgebiet. Zumindest im Sanierungsgebiet, was sich im Wesentlichen auf die Kernstadt erstreckt, solle der Stadtrat doch mitreden dürfen, wenn ein Gebäude verkauft wird. Das fordert seit Mai die Stadtratsfraktion von Freien Bürgern und FDP. "Ich unterstütze diesen Antrag absolut", sagt Dirk Stumpe.
Schon lange wurmt ihn, dass viele alte Häuser in der Innenstadt verkommen. Das Paradebeispiel ist sicherlich die Alte Post, weil sie prominent am unteren Eingang in die Ludwigstraße liegt. Hier hat ein Investor das Gebäude übernommen. Eine schlüssige Nutzung gelang ihm bisher aber offensichtlich nicht. Aber auch etliche andere Gebäude sind in einem erbarmungswürdigen Zustand, so auch das ehemalige Landratsamt. "Aus meiner Sicht hätte die Stadt das Gebäude kaufen müssen, weil schon allein die Parkplätze mehr Wert sind als 60.000 Euro", sagt Stumpe.
Stadt hat sich viel vorgenommen
Stumpe befürchtet, dass sich nun auch eine Investition ins Landratsamt auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschiebt. "Für die Stadtentwicklung in der Kernstadt bedeutet das Stillstand", kritisiert er. Zweiter Bürgermeister Jürgen Pfister (PWG), der gerade die Bürgermeisterin vertritt, hört sich die Sachlage zunächst an. "Jede Fraktion hat damals einen Antrag auf Kauf des alten Landratsamts stellen können", sagt er. Der Dritte Bürgermeister Dieter Seban (CSU) gibt übrigens eine nahezu identische Antwort.
Pfister zählt die Investitionsvorhaben auf, die die Stadt sich vorgenommen hat. Neues und altes Rathaus weisen Sanierungsbedarf auf. Das Gebäude am Kirchplatz, in dem unter anderem das örtliche Möbelhaus zu finden ist, gehört ebenfalls der Stadt. Für das Bahnhofsgelände, das Bahnhofsgebäude, Georgi-Park und Georgi-Halle stehen umfangreiche Arbeiten an. Die Breitensportanlage in Römershag - die Stadt hatte den Bereich für die Vereine bei der Generalsanierung der Dreifach-Turnhalle zurückgestellt - und die Therme Sinnflut müssen grundlegend erneuert werden.
"Natürlich ist es ein Filetstück", sagt Pfister, der den Antrag von FB und FDP ebenfalls unterstützt. Es sei ärgerlich, dass der Käufer, der schon konkrete Pläne für das Landratsamt hatte, das Gebäude jetzt wieder veräußere. Eine "sehr tragische Entwicklung", nennt auch sein Stellvertreterkollege Seban die Situation. Ganz nachvollziehen kann er Stumpes Ärger jedoch nicht. Als Immobilienmakler hat er Einblick in das Immobiliengeschäft. "Das kommt immer wieder mal vor. Aber das ist nicht die Regel", antwortet er auf den Vorwurf, in Bad Brückenau würde vielfach mit Immobilien spekuliert werden.
Eigentümer reagiert gelassen
Seban versteht nicht, warum der Freistaat Bayern dem neuen Eigentümer keine Sanierungsverpflichtung auferlegt habe. Als er damals selbst die Liebesmühle im Siebener-Park von der Stadt kaufte, musste er das Objekt erneuern - und erhielt dafür Fördergelder, weil das Gebäude ebenfalls im Sanierungsgebiet liegt. Hätte die Stadt die Dinge selbst in die Hand nehmen sollen?