Habeck: Photovoltaik auf jedem Dach als Ziel - was bedeutet das für Eigenheimbesitzer?

5 Min
"Bei einer langfristigen Investition wie einer Heizung auf Erneuerbare setzen": Robert Habeck.
Robert Habeck
Michael Kappeler/dpa
Deutschland hat geeignete Gebäudeflächen von 234.400 Hektar für PV-Anlagen, bisher sind allerdings nur 2,5 Prozent davon genutzt.
Photovoltaik, Erneuerbare Energie, Solarstrom, Solar, Energiewende, Hausdach, Dach
#260882/Colourbox.de

Die Diskussion um Habecks Photovoltaik (PV) Strategie 2030 ist eröffnet. Sein Ziel: Die PV-Anlage auf dem Dach soll zukünftig der Regelfall sein.

  • PV-Ausbau verdreifachen bis 2026
  • Bürokratieabbau ist angesagt
  • Mieterstrommodelle gängig machen
  • Reaktion auf die PV-Strategie

Mitte März hat Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister, Robert Habeck (Die Grünen) 50 Experten aus der Branche und Landespolitik zum ersten PV-Gipfel nach Berlin geladen. Es galt eine ambitionierte Strategie zu diskutieren: Ziel ist mittelfristig eine Verdreifachung der Solarstrom-Quote in Deutschland. In den kommenden zehn Jahren soll der Anteil der PV am deutschen Strommix von derzeit rund 10 auf 30 Prozent anwachsen. Wie ist diese gewaltige Steigerung zu erreichen? Das Klimaschutzministerium hat elf Handlungsfelder identifiziert, in dem sich einiges verändern muss. Die wichtigsten davon stellen wir vor.

Photovoltaik-Ausbau soll sich bis 2026verdreifachen

Im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind 215 Gigawatt installierte PV-Leistung im Jahr 2030 als Zwischenziel gesetzt. 2022 lag die Jahresleistung bei 66,5 Gigawatt, wobei sie sich auf über 2,65 Millionen PV-Anlagen erstreckte. Um das ambitionierte Ziel zu erreichen, muss sich der jährliche PV-Ausbau auf 22 Gigawatt im Jahr 2026 verdreifachen. 2022 lag der Zubau bei 7,5 Gigawatt Leistung, die neu ans Netz gegangen ist. Es muss sich also einiges ändern, um diese Ziele zu schaffen. Der starke Ausbau ist wichtig, weil PV einer der günstigsten Energieträger ist und zu den wichtigsten Stromerzeugungsquellen der Zukunft gehört.

Habeck will das mit seiner neuen PV-Strategie erreichen. Aber was stellt er sich konkret vor? Ausgesprochen selten sind bislang PV-Anlagen auf Fabrikgebäuden. Das hat seine Gründe in den Baugesetzen. Die sollen sich ändern. Geht es nach Habeck, wird es bald leichter, PV-Anlagen in Industrie- und Gewerbegebieten zu errichten. Wachsen soll ebenso die Agri-Photovoltaik (Agri-PV). Das ist ein Verfahren zur gleichzeitigen Nutzung von Flächen für die landwirtschaftliche Pflanzenproduktion und die PV-Stromproduktion (PV). Erste Anlagen gibt es bereits, es sollen mehr werden.

Ein weiterer Aspekt: Eine PV-Anlage soll im Regelfall auf jedem Dach montiert sein. Die Strategie setzt auf eine Anpassung der Direktvermarktungspflicht sowie die Förderung von Dachanlagen auf Gebäuden im Außenbereich. Um Mieterstrom und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung zu vereinfachen, hält die PV-Strategie als Maßnahmen unter anderem eine Erweiterung der Eigenverbrauchsvorteile bereit.

Photovoltaik-Anlagen auf jedem Dach soll Pflicht werden - so sieht es in den Bundesländern aus 

Seit 1. Januar 2023 gilt bereits in Hamburg, dass jedes neue Haus mit einer Photovoltaik-Anlage versehen werden muss. Ab 2025 müssen hier auch Hausbesitzer nachrüsten, die ihr Dach sanieren lassen. Diese Regelungen gilt allerdings nur für Häuser mit einer Bruttodachfläche von 50 Quadratmetern und die noch 20 Jahre genutzt werden können. Es gibt jedoch auch Ausnahmen, bei der Eigenheimbesitzer von der Pflicht befreit werden können. 

Anders sieht es in Bayern, Sachsen, Hessen und Schlesweg-Holstein aus: Hier besitzen bisher nur Parkplätze, öffentliche Gebäude und Nicht-Wohngebäude eine Pflicht zur Installation von PV-Anlagen. 

Sachsen-Anhalt, Thüringen, das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern haben bislang keine PV-Pflicht beschlossen. Wer in Berlin, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz wohnt, muss sich 2023 noch auf eigene Regelungen einstellen; in Bremen und Nordrhein-Westfalen sind diese 2025 zu erwarten.

Bürokratieabbau ist angesagt

Die PV-Anlage soll dabei das Herzstück des heimischen Energiemanagements sein, indem sie partiell das Elektroauto, die Wärmepumpe oder den heimischen Speicher mit erneuerbarem Strom versorgt. Bislang ist Direktvermarktung für PV-Anlagen ab 100 kWp Nennleistung verpflichtend. Das bedeutet, dass der von der PV-Anlage erzeugte Strom an der Strombörse verkauft oder direkt an Stromverbraucher zu liefern ist. Diese Direktvermarktungspflichten sind anzupassen und die gesetzlichen Anforderungen an die Technik, die von Kleinanlagen in der Direktvermarktung vorzuhalten sind, abzusenken.

Jetzt bis zu 5 Angebote über Solaranlagen-Portal.com einholen

Darüber hinaus sind Gebäude im Außenbereich vermehrt für die Vergütung von PV-Dachanlagen zuzulassen. Das Verfahren für den Anschluss von PV-Anlagen an das Stromnetz soll für alle Beteiligten schneller vonstattengehen. Um die Anschlüsse von PV-Anlagen an das Stromnetz zu beschleunigen, umfassen die Maßnahmen eine Duldungspflicht für Anschlussleitungen bei PV-Freiflächenanlagen und bei den PV-Dachanlagen eine verkürzte Frist für den Zählertausch.

Steckersolargeräte (auch Minikraftwerke genannt) bieten eine niedrigschwellige Möglichkeit, sich an der Energiewende zu beteiligen. In diesem Segment geht es darum, die Meldepflichten weiter zu vereinfachen und Schukostecker als Standard zuzulassen. Eigentümer*innen und Mieter*innen sollen die Anlagen selbst anschließen und in Betrieb nehmen können, ohne die Hilfe von Fachkräften. Der Aufwand für die Meldung soll reduziert werden. Die geplante Erweiterung der Fachagentur Wind an Land soll dazu beitragen, das Thema PV konstruktiv zu begleiten und die gute Akzeptanz weiter zu stärken.

Mieterstrommodelle gängig machen

Mit dem Mieterstrommodell, das bislang nur selten genutzt wird, können auch Bewohner und Eigentümer von Mehrfamilienhäusern zur Energiewende beitragen. Das Besondere am Mieterstrom ist, dass er direkt in das Stromnetz des Hauses fließt und nicht über öffentliche Leitungen ins Hausnetz eingespeist wird. Oft ist der Vertragspartner beim Mieterstrom nicht die Hausverwaltung oder der Hausbesitzende. Da die korrekte Zuordnung der Stromverbräuche zu den Mietparteien und die administrative Abwicklung aufwendig ist, lassen einige Verwaltungen dies über spezialisierte Drittanbieter abwickeln, denen sie die Dachflächen zur Verfügung stellen. Da die auf dem eigenen Dach mit PV produzierte Energie nicht durch das öffentliche Netz fließt, ist sie günstiger für die Mietparteien. Neben den Netzentgelten entfallen auch Stromsteuern, netzseitige Umlagen und Konzessionsabgaben. Das sind erhebliche Posten: Mehr als die Hälfte des regulären Strompreises entfällt auf Steuern, Abgaben und Umlagen, etwa ein Viertel auf Netzentgelte. 

Die PV-Strategie enthält zum Mieterstrom Vorschläge. Ziel ist es, dass der PV-Strom von Wohnungs- oder Gebäudeeigentümern und Mietenden ohne großen Bürokratieaufwand vermarktet oder zu verwenden ist. "Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung": Bei diesem Ansatz werden Strommengen aus einer Solaranlage hinter dem sogenannten Netzverknüpfungspunkt anteilig den Bewohnern des Hauses zugerechnet, soweit deren aktueller Verbrauch höher ist als die Zurechnung. Die Stromerzeugung aus der PV-Anlagen ist nach einem festen Verteilungsschlüssel zugewiesen und wird von der Netzbezugsmenge abgezogen. Den Mietern steht es frei, an dem Modell teilzunehmen. Die Umsetzung für die Anlagenbetreiber soll sich deutlich vereinfachen. Sie sind zumindest so gestellt, als würde die Stromerzeugung der Anlage voll eingespeist. Das Modell eignet sich besonders für PV-Anlagen auf kleineren Gebäuden mit mehreren Mietern. 

"Entbürokratisierung": Zu prüfen ist, wie das bereits bestehende Mieterstrommodell sich weiterentwickeln kann. So könnte die Vertragsgestaltung für die Anbieter einfacher sein, heißt es im Strategie-Papier. Zudem soll Mieterstrom künftig ebenso in reinen Gewerbegebäuden möglich sein. Regelung für die Abrechnung von PV-Strom zur Wärme- und Warmwasserbereitung bei den Betriebskosten: Perspektivisch sollen nach den Vorstellungen des Wirtschaftsministeriums immer mehr zentrale Wärmepumpen zum Einsatz kommen. Für Vermieter stellt sich dann die Frage, wie der von der Solardachanlage dafür zur Verfügung gestellte Strom in der Betriebskostenabrechnung abzubilden ist. Eine neue Regelung soll hier Rechtssicherheit schaffen.

Wärmepumpen-Heizung: Hier bis zu 5 Angebote anfragen

Reaktion auf die PV-Strategie

Die Reaktionen auf die PV-Strategie waren insgesamt recht positiv. Carsten Körnig beispielsweise, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar), begrüßte die elf Handlungsfelder als richtigen Schritt, um mehr Strom durch PV-Anlagen zu erzeugen. Für den BSW-Solar gibt es dabei drei prioritäre Handlungsstränge. So gelte es Bürokratie abzubauen und neue zu vermeiden, betonte er mit Blick auf Flächenfindung, Genehmigungsverfahren und Anschluss von PV-Anlagen.

Zudem soll die Politik die Förderkulisse so ausgestalten, dass Renditen für Investoren gesichert seien. Damit spielt Körnig auf gestiegene Finanzierungs- und Komponenten- sowie Arbeitskosten an. Es sei alles zu vermeiden, was die Investitions- und Planungssicherheit gefährdet.

Der dritte Punkt sei die Lieferkettensicherheit verbunden mit dem Aufbau einer heimischen PV-Produktion, so Körnig weiter. In der Strategie des Ministeriums fehlt dem BSW-Solar, die Zertifizierung von Netzanschlüssen, der den Ausbau gewerblicher PV-Dachanlagen behindere. 

Fazit

Die für die solare Nutzung (PV-Anlagen) geeignete Gebäudefläche in Deutschland beträgt 234.400 Hektar, wovon bisher nur 2,5 Prozent genutzt sind. Diese beiden Zahlen, veröffentlicht vom WWF, erarbeitet vom Öko-Institut in Freiburg, zeigen sehr eindringlich, um was es bei der PV-Strategie von Bundesminister Robert Habeck in Wirklichkeit geht: um die Energiewende hin zu den erneuerbaren Energien. Und die ist mit PV-Anlagen zu schaffen. Platz genug ist auf deutschen Dächern jedenfalls vorhanden. 

Hier Angebote für PV inkl. Beratung anfragen

Du interessierst dich für die Themen Energie, Heizen und Strom? Hier findest du weitere interessante Artikel:

Artikel enthält Affiliate Links