Experiment: Auf Fairness verzichten, um selbst abgesichert zu sein - wie würdest du entscheiden?

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Die Justitia steht für gerechte Entscheidungen
Die Justitia steht für gerechte Entscheidungen
CC0 / Pixabay / AJEL

Eine Studie zum Thema Gerechtigkeit aus den USA fördert in einem Experiment erstaunliches zutage: Deutliche soziale Unterschiede werden zumeist als besser empfunden, als die Gleichstellung aller.

  • Was in der Studie untersucht wurde
  • Ist Gleichbehandlung tatsächlich auch gerecht?
  • Was bedeutet für dich selbst, gerecht zu handeln?
  • Was die Hintergründe zu diesem Ergebnis sind

Was ist Gerechtigkeit und was ist Gleichheit? Wo liegt der Unterschied? Sind wir gerechter, wenn wir mehr haben als andere - oder wollen wir eher unseren eigenen Wohlstand sichern, bevor wir beginnen, gerecht zu verteilen? Verteilen wir gerechter, wenn wir selbst nichts haben? Oder verteilen wir gerechter, wenn alle gleich sind? Diese Fragen wurden in einer US-Studie hinterfragt. Das Ergebnis überrascht. Wie würdest du entscheiden?

Gleichheit und Gerechtigkeit: Meint das wirklich dasselbe?

In einer recht neuen Studie aus den USA ging es vor allem um die Frage, ob Menschen daran interessiert sind, andere Menschen gleichzubehandeln, sowie einen Zustand von Gleichheit herbeizuführen. Dabei handelt es sich um ein reines Gedankenexperiment, bei dem Menschen verschiedene soziale Stellungen einnahmen und dann bestimmte Szenarien durchspielten.

Zum Beispiel gehörten sie einer Gruppe relativ reicher Menschen an und durften dann wählen, ob sie selbst nur etwas mehr Geld bekommen und dafür eine ärmere Vergleichsgruppe sogar deutlich mehr erhalten sollte, sodass im Endeffekt beide Gruppen gleich viel hatten. Alternativ konnten sie sich für ein zweites Szenario entscheiden, in dem sie wieder der reicheren Gruppe angehörten, ihnen aber sogar etwas Geld abgezogen wurde, währenddessen die ohnehin ärmere Gruppe deutlich höhere Abzüge erhielt, das Ungleichgewicht also größer wurde.

Im Ergebnis zog es die überwiegende Zahl der ohnehin bessergestellten Teilnehmer*innen vor, das finanzielle Ungleichgewicht zu befördern und nicht einen Zustand sozialer Gleichheit anzustreben. Bemerkenswert ist dabei, dass, wenn die Teilnehmenden einer ganz bestimmten sozialen Gruppe angehörten, sie zumindest in diesem Umfeld ein Höchstmaß an Gleichheit von allen Gruppenzugehörigen anstrebten.

Kann man Gleichheit und Gerechtigkeit gleichsetzen?

Diesem Ergebnis stehen jedoch Umfragen entgegen, deren Ergebnis zeigt, dass viele Amerikaner und Amerikanerinnen sehr wohl meinen, man müsse Schritte zu mehr Gleichbehandlung unternehmen. In der Originalstudie geht es dabei primär um den Erhalt des sozialen Status und der Frage nach Gleichbehandlung. In Deutschland wurden diese Erkenntnisse in einer anderen Sichtweise mit dem Thema Gerechtigkeit verknüpft und gefragt, was uns denn abhalten würde, gerecht zu sein.

Damit werden Gleichheit und Gerechtigkeit gleichgesetzt, was jedoch mehr als fragwürdig ist. Der Gerechtigkeitsbegriff hat sich seit der Antike bis heute mehrfach gewandelt. Und das ist auch gut so, denn zu Zeiten des Philosophen Aristoteles (384-322 v.Chr.) zum Beispiel, waren Frauen und Sklaven von solcherart moralischen Fragen ohnehin ausgeschlossen. In der heutigen Zeit jedoch steht Gerechtigkeit vor allem für eine Gleichbehandlung bei ansonsten gleichen Bedingungen.

Beispielsweise sind - oder zumindest sollten - vor Gericht alle Menschen gleich sein. Das Gesetz gilt demnach für alle gleichermaßen, egal ob arm oder reich oder ob Frau oder Mann. Die Frage, ob alle Menschen gleich viel (Geld) bekommen sollten, ist eine ganz andere Frage. Es ist die Frage nach einer Verteilungsgerechtigkeit. Doch was meinst du selbst: Sollten immer alle das Gleiche bekommen?

Wohlstand und Leistung: Immer fair bezahlt?

Und warum sollte überhaupt jemand etwas bekommen? Wäre es nicht vielleicht besser zu fragen: Was verdient jemand? Beziehungsweise: Was steht ihm oder ihr aufgrund seiner oder ihrer Leistung zu?

Warum sollte jemand, der sich womöglich jahrelang durch diverse harte Ausbildungen gequält und sich dann mit viel Mühe in einem Job nach oben gekämpft hat und inzwischen zumeist 50 oder 60 Stunden und mehr pro Woche arbeitet, nicht auch entsprechend mehr Geld verdienen?

Dass etwa das Gehalt von einer Person, die vielleicht keine Lust auf eine lange Berufsausbildung oder ein Studium hatte und zudem nur 25 Stunden pro Woche arbeiten möchte, weil ihr andere Dinge wichtiger sind (wie zum Beispiel die Familie), dann auch weniger im Monat verdient, ist nachvollziehbar. Und auch gerecht, weil beide Personen letztlich genau das erhalten, was ihrer Leistung entspricht. Das hat mit Gleichheit nicht das Geringste zu tun.

Fazit

Die Wissenschaftler konnten sich jedenfalls die unterschiedlichen Ergebnisse zwischen ihrer Studie und den Umfrageergebnissen nicht erklären. Festhalten lässt sich auf jeden Fall, dass es scheinbar den Menschen in einer Gruppe wichtig ist, dass es allen anderen Gruppenmitgliedern gleichermaßen gut geht, sie sich aber im Vergleich zum Rest der Gesellschaft ganz bewusst mithilfe eines größeren Vermögens von Nicht-Gruppenzugehörigen abgrenzen möchten.