• Die Ausgangslage ist niederschmetternd
  • Eigentlich müsste viel passieren: die Ziele des Sofortprogramms
  • Lebensmittel ohne Mehrwertsteuer, das kann funktionieren
  • Vielleicht keine Flüge mehr zu Billig-Preisen?
  • Alten Heizungen geht es an den Kragen
  • Der Lackmus-Test für die Ampel

Kaum ist die Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg, dem Gästehaus der Bundesregierung, beendet, liegt das Klimaschutz-Sofortprogramm 2022 im Entwurf auf dem Tisch, wie die Tageszeitung Die Welt berichtet. Auf 99-Seiten geht es darum festzulegen, wie Deutschland seine Klimaziele erreichen will. Da gibt es noch viel zu tun.

Die Ausgangslage ist niederschmetternd

Gleich reihenweise habe das Land seine Vorgaben beim Klimaschutz in 2021 nicht erreicht. Autos, Lastwagen und Züge verursachten 148 Millionen Tonnen Kohlendioxid - drei Millionen mehr, als gesetzlich erlaubt. Die Gebäude in der Republik vermasselten ebenfalls die Bilanz, weil sie zwei Millionen Tonnen CO2 mehr produzierten als erlaubt.

Die Emissionen seien gestiegen, statt zu sinken, bilanzierte das Umweltbundesamt. Klima-Staatssekretär Patrick Graichen fordert "jeden Stolperstein auf dem Weg zu mehr Wind- und Sonnenkraft zügig aus dem Weg zu räumen.

Die schnellere Abkehr von fossilen Energien muss alle Bereiche umfassen – von der Industrieproduktion über den Gebäudebereich bis hin zur Mobilität und der Landwirtschaft. Entscheidend ist dabei, die soziale Balance zu wahren."

Eigentlich müsste viel passieren: Die Ziele des Sofortprogramms

Das Sofortprogramm listet Klimamaßnahmen auf, die in den Sektoren Industrie, Gebäude, Energiewirtschaft, Landwirtschaft sowie Abfallwirtschaft und Verkehr greifen sollen. Ziel: Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 65 Prozent auf 438 Millionen Tonnen CO2 sinken.

Emissionssteigerungen gegenüber dem Vorjahr gab es 2021 in nahezu allen Bereichen. Die verfügbaren Daten des Umweltbundesamtes zeigen, dass seit 2010 vor allem die Energiewende zur Reduktion der Emissionen beigetragen hat.

Alle anderen bedeutenden Sektoren stagnieren seit 2010 mehr oder weniger. Die Vorschläge machen klar: Selbst wenn die Regierung in den jetzt begonnenen Verhandlungen dem Entwurf zustimmt, könnte es eng werden, die Ziele zu erreichen.

Lebensmittel ohne Mehrwertsteuer - das kann funktionieren

Die Bundesregierung prüft die Anpassung der Mehrwertsteuer bei Lebensmitteln an deren Umweltverträglichkeit. Es geht um eine Vergünstigung bestimmter Lebensmittel, die eine gesunde und klimafreundliche Ernährungsweise fördern.

Anderseits sollen tierische Produkte offenbar im Preis steigen. Sozial- und Verbraucherverbände hatten bereits gefordert, für Lebensmittel wie Obst und Gemüse die Mehrwertsteuer auf null Prozent zu setzen.

Agrarminister Cem Özdemir unterstützt die Forderungen. Die Pläne aber sind in der Koalition umstritten.

Vielleicht keine Flüge mehr zu Billig-Preisen?

Der Sektor Verkehr ist das "Sorgenkind" bei den Plänen zur Reduktion von CO2-Ausstoß. Daran wird sich wohl auch nicht viel ändern. Neben dem ohnehin geplanten Ausbau des Schienenverkehrs und schärferen EU-Abgasgrenzwerten für Autos bereitet das Verkehrsministerium eine stärkere Förderung von vollelektrischen Autos für Unternehmen vor.

Die sollen sie per Sonderabschreibung künftig leichter finanzieren können. Zudem soll die Deutsche Post auf inländische Brieftransportflüge verzichten. Umweltschützer üben Kritik. Außerdem soll es keine Flüge mehr zu Billig-Preisen geben.

"Wir werden uns bei der Europäischen Union dafür einsetzen, dass Flugtickets nicht zu einem Preis unterhalb der Steuern, Zuschläge, Entgelte und Gebühren verkauft werden dürfen", heißt es laut der Tageszeitung Die Welt im Sofortprogramm. Bereits 2020 war ein ähnlicher Vorstoß an EU-Recht gescheitert.

Alten Heizungen geht es an den Kragen

Neue Heizungen sollen von Januar 2024 an nur noch in Betrieb gehen dürfen, wenn sie zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien gespeist sind. Neubauten sollen bereits von Anfang 2023 an den energiesparenden Standard des Effizienzhaus 55 (EH55) erfüllen müssen.

Von 2025 an gilt der noch strengere EH40-Standard. Auch für Sanierungen soll es mehr Geld geben - allerdings "bei gleichzeitiger Kürzung der Neubauförderung".

Das dürfte noch zu Konflikten führen mit dem Bauministerium, das jährlich 400.000 zusätzliche Wohnungen schaffen will. Das ist nach Einschätzung von Fachleuten nur mit mehr Neubau-Förderungen realistisch.

Zusammenfassung: Der Lackmus-Test für die Ampel

Bislang ist das Papier nicht mehr als eine Zusammenstellung dessen, was einzelnen Ministerien so vorschwebt. Für die Ampelkoalition kann das Sofortprogramm aber der erste wirkliche Test sein, ob eine gemeinsame Klimapolitik wirklich möglich ist. Schon in den Koalitionsverhandlungen hatten sich viele Details nicht klären lassen, mal schauen, ob das jetzt besser funktioniert.