Joint im Job: Kiffen dann auch im Büro oder auf dem Firmengelände erlaubt?

6 Min
Cannabis-Konsum im Betrieb - ist das jetzt erlaubt?
Cannabis-Konsum im Betrieb - ist das jetzt erlaubt?
CC0 / Pixabay / MurrrPhoto

Cannabis-Konsum ist bald legal. Änderungen im Betäubungsmittelgesetz machen es möglich. Aber ist deshalb der Joint im Büro oder in der Werkstatt erlaubt?

Was bedeutet die teilweise Legalisierung von Cannabis für die Beschäftigten und Betriebe? Dürfen die Arbeitnehmenden jetzt während der Arbeitszeit und auf dem Werksgelände kiffen? Unternehmen stehen durch die Legalisierung von Cannabis vor neuen Herausforderungen, falls Mitarbeiter während oder vor der Arbeit zum Joint greifen. Für Drogen wie Kokain, Crack, Ecstasy und andere bleiben die Verbote. Da aber kein gesetzliches Cannabisverbot mehr besteht, liegt es am Betrieb, Regelungen zu treffen. Wahrscheinlich ist, dass Betriebe jetzt ein absolutes Drogenverbot am Arbeitsplatz und auf dem Betriebsgelände verhängen. Das empfehlen jedenfalls Arbeitsrechtler wie Prof. Michael Fuhlrott. Für diese strikte Ansage, wie sie beim Alkohol schon besteht, spricht einiges.

Für viele Betriebe eine Option: Ausdrückliches Verbot von Cannabis 

Selbst wenn der Konsum von Cannabis künftig erlaubt und legal ist, ist das noch kein Freibrief für den Joint im Job: "Arbeitnehmer schulden ihre 'ungetrübte' Arbeitsleistung: Ist das infolge von Drogen nicht mehr möglich, rechtfertigt das arbeitsrechtliche Maßnahmen – und zwar auch dann, wenn der Cannabis-Konsum in einem Unternehmen nicht offiziell verboten ist", betont Arbeitsrechtler Prof. Dr. Michael Fuhlrott gegenüber der Deutschen Presse Agentur (dpa). Anders sieht es dagegen aus, wenn die Arbeitnehmenden in ihrer Freizeit Drogen konsumieren. "Der Chef darf den Beschäftigten hierbei keine Vorgaben machen", betont Fuhlrott. Eine Anordnung des Arbeitgebers, privat keine Drogen zu konsumieren, muss also nicht beachtet werden.

Selbst wenn Cannabis nicht mehr per Gesetz verboten ist, Betriebe können das per Betriebsvereinbarung oder über eine Arbeitsanweisung des Chefs untersagen. In vielen Betrieben ist Alkohol bereits heute schon strikt verboten, obwohl es in der Gesellschaft kein Verbot gibt. Es sei den Unternehmen zu empfehlen, die Legalisierung von Cannabis zum Anlass zu nehmen, um dieses Verbot explizit auf Cannabis auszuweiten. Eine offizielle Ansage oder Vereinbarung im Betrieb ist deshalb wichtig, weil sonst die Freigabe auch hier gilt. Der Betrieb ist gut beraten, zu klären, wie er mit Cannabis umgehen will.

Der rechtliche Umgang mit Drogenkonsumenten, die sich Kokain, Crack oder Ecstasy (allerdings nicht mehr Cannabis) verabreichen, ist ausgesprochen diffizil. Ein ausschließlicher Konsum von Drogen ist rechtlich gesehen nicht strafbar (§ 29 Betäubungsmittelgesetz-BtMG). Strafbare Handlungen im Zusammenhang mit Drogen bzw. Betäubungsmitteln können aber sein: der Anbau, die Herstellung, der Handel, die Einfuhr, der Verkauf, die Abgabe und der Erwerb. Der Eigenkonsum wird im Strafrecht nicht geahndet. Dabei ist allerdings die vor dem Konsum erfolgte Beschaffung mitzuberücksichtigen. Sollte der Konsum mit einem der genannten Straftatbestände gem. § 29 Absatz 1 BtMG verbunden sein, dann muss der Drogenkonsument mit Folgen rechnen.

Bio-zertifizierte CBD-Produkte: Zum Shop von CBD Vital

Das sieht das neue Gesetz vor

Das "Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (CanG)" hat zum Ziel, den Schwarz­markt für die Droge einzudämmen. Damit sollen sich die Gesund­heits­risiken des Kiffens – etwa durch verunreinigtes Cannabis – verringern. Im Gesetz ist auch ein Präventions- und Aufklärungs­programm zu Risiken des Cannabis-Konsums vorgesehen. Hier die wichtigsten Punkte der vom Bundestag beschlossenen neuen Regeln:

  • Mit Inkraft­treten der neuen Bestimmungen ist Cannabis von der Liste der verbotenen Substanzen im Betäubungs­mittel­gesetz gestrichen.
  • Erwachsene ab 18 dürfen bis zu 25 Gramm des Stoffes in der Öffent­lich­keit bei sich führen. Zu Hause dürfen sie 50 Gramm getrock­netes Cannabis aufbewahren.
  • Bis zu drei Cannabis-Pflanzen dürfen privat angebaut werden. Voll­jährige können sich zu sogenannten Cannabis-Clubs zusam­menschließen. In diesen Clubs ist der Anbau und die Abgabe der Droge erlaubt. Nicht erlaubt ist der Verkauf von Cannabis über spezielle Geschäfte.
  • Die Weitergabe der Droge an Kinder und Jugend­liche ist strafbar.
  • In sogenannten Schutz­zonen – beispiels­weise in der Nähe von Schulen, Kitas, Jugend­clubs oder Kinder­spielplätzen – ist in einer Sicht­weite von 100 Metern Luft­linie kiffen verboten.

Zurück zum Drogenkonsum im Betrieb: Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) empfiehlt, folgende Regeln im Betrieb einzuführen. Allerdings ist zu bedenken, dass die fünf Punkte vor der Verabschiedung des CanG entwickelt wurden. 

  • Kein Konsum illegaler Drogen während der Arbeitszeit und in den Pausen.
  • Das Mitbringen illegaler Drogen an den Arbeitsplatz ist untersagt.
  • Das Verteilen oder der Verkauf illegaler Drogen auf dem Gelände des Betriebes ist verboten und wird zur Anzeige gebracht.
  • Darüber hinaus hilft es Arbeitgebern, Sanktionen und Hilfeangebote für die Beschäftigten bei Verstößen gegen die betrieblichen Regelungen festzulegen.
  • Präventive Maßnahmen gegen den Drogenkonsum am Arbeitsplatz sind zu empfehlen.

Bei Drogenkonsum während der Arbeit müssen Chefs handeln

Diese Empfehlungen für die Betriebe reagieren auf die sog. Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Das meint: Steht ein Mitarbeiter im Betrieb erkennbar unter Einfluss von Drogen, muss der Chef oder der Vorgesetzte handeln. Einfachste Lösung, den Beschäftigten eine weitere Tätigkeit untersagen und ihn nach Hause schicken. Denn: Passiert nach dem Konsum einer Droge ein Arbeitsunfall mit Personenschaden, drohen strafrechtliche Konsequenzen. Das Unternehmen oder der Vorgesetzte haftet – wenn er vom arbeitsunfähigen Zustand des Mitarbeiters wusste und darauf nicht reagiert hat. Außerdem kann die Berufsgenossenschaft (BU) es ablehnen, einen Unfall unter Drogeneinfluss als Arbeitsunfall zu betrachten, wie eine Entscheidung des Sozialgerichts Duisburg zu einem Wegeunfall zeigt.

Ein Unfall unter Drogeneinfluss ist kein Arbeitsunfall: Es liegt kein Arbeitsunfall vor, wenn der Versicherte unter dem Einfluss von Drogen stand. Das war der Fall: Ein Produktionsleiter war auf dem Weg zur Arbeit, als er auf einer gerade verlaufenden Bundesstraße bei trockener Fahrbahn nach links von seiner Fahrspur abkam, mit einem entgegenkommenden Pkw kollidierte und sich schwer verletzte. Die entnommene Blutprobe und ein Gutachten ergaben, dass er zuvor Cannabis geraucht hatte. Die BU lehnte die Anerkennung des als Arbeitsunfall zu Recht ab, wie das Sozialgericht entschied (Urteil vom 25.5.2023, Az.: S 36 U 366/22).

Nach Auffassung des Gerichts hat das Gutachten belegt, dass nur der Cannabis-Konsum als Ursache für den Unfall infrage kommt. Die Beweisanzeichen seien zum Teil dieselben wie nach Alkoholgenuss Gangunsicherheiten, Müdigkeit, Apathie, Denk-, Konzentrations-, Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsstörungen sowie leichte Ablenkbarkeit

Drogenscreening ist nur in Ausnahmefällen zulässig

Eine schnelle und einfache Lösung, um im Betrieb Missbrauch festzustellen, wäre ein Drogenscreening (Speichel,- Harn- und Bluttest). Das ist aber ist ohne die Zustimmung des betroffenen Mitarbeiters nicht zulässig und hätte vor Gericht keinen Bestand. Tests sind nur dann verpflichtend, wenn sich der Arbeitnehmer in seinem Arbeitsvertrag freiwillig dazu bereit erklärt hat. Bei Polizisten, Piloten, Berufskraftfahrern darf der Arbeit­geber regel­mäßige Drogentests verlangen, jedenfalls dann, wenn eine entsprechende Betriebs­ver­einbarung existiert. Dies gilt ebenfalls für Bewerbungsgespräche. Nur wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, dass für die zukünftige Tätigkeit ein berechtigtes Interesse an der Überprüfung des Drogenkonsums besteht, kann er ein Screening anberaumen. Die Voraussetzung dafür ist jedoch immer die Zustimmung des Arbeitnehmers bzw. des Bewerbers.

Aber: Das Direktionsrecht des Chefs endet am Werkstor. "Dieser Grundsatz gilt auch für den Konsum berauschender Mittel", erklärt Arbeitsrechtler Fuhlrott. Das heißt: "Als Angestellter kann ich mir beim Verlassen des Werkstores einen Joint anzünden oder auch andere Drogen konsumieren. Wichtig ist nur, dass ich am Montagmorgen zu Arbeitsbeginn wieder fit bin und meine normale Leistung erbringe", so Arbeitsrechtler Fuhlrott.

Eine Ausnahme gibt es allerdings, wenn der Arbeitnehmer in betrieblicher Kleidung oder Uniform unterwegs ist: Für diesen Fall könne der Chef durchaus Vorgaben zum Verhalten machen, da ein betrieblicher Bezug vorliegt: "Ein Unternehmen kann verbieten, dass in Dienstuniform eine Bierflasche in der Hand gehalten wird oder an einem Joint gezogen wird", betont der Jurist. Hat ein Mitarbeiter nur einmal gegen ein Drogenverbot am Arbeitsplatz verstoßen, ist eine Abmahnung zulässig. Kommt das öfters vor, steht es dem Unternehmen frei, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Um den Konsum am Arbeitsplatz zu beweisen, kann sich das Unternehmen letztlich nur auf die Aussagen von Kollegen oder Vorgesetzten stützen.

CBD-Produkte von Apothekern entwickelt: Bei CBD Vital ansehen

Beispiel-Fall: Wie vorgegangen wird, wenn der Verdacht auf Drogenkonsum besteht

Natürlich mussten sich auch Arbeitsgerichte mit Drogen am Arbeitsplatz beschäftigen. Der Konsum von Drogen während der Arbeitszeit, aber auch privat, kann zur Kündigung eines Arbeitsverhältnisses führen. Der Arbeitgeber muss beweisen, dass sein Mitarbeiter tatsächlich Drogen konsumiert hat. Wird dieser Beweis nicht erbracht und der Beschäftigte vor Ausspruch der Kündigung nicht angehört, dann ist auch keine Verdachtskündigung wirksam. So entschied das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 24.08.2018, Az.: 2 Sa 992/18). Der Arbeitgeber muss das Vorliegen eines Kündigungsgrundes beweisen. Bei einer verhaltensbedingten Kündigung muss er darlegen, dass ein Beschäftigter tatsächlich falsch gehandelt hat. Es gibt aber Situationen, in denen der Arbeitgeber nur Vermutungen anführen kann, aber keinen Beweis hat.

Wurde beispielsweise ein Arbeitsgegenstand gestohlen und hat nur ein einziger Mitarbeiter diesen verwendet, so liegt der Verdacht nahe, dass es dieser Mitarbeiter war. Im Zweifelsfall kann der Arbeitgeber den Diebstahl aber nicht beweisen. Die einzige Möglichkeit der Kündigung stellt hier eine sog. Verdachtskündigung dar, für die aber strenge Voraussetzungen gelten. Sie ist nur möglich, wenn ein sehr dringender, konkreter Verdacht besteht. Zudem ist der Arbeitnehmer zu den Vorwürfen anzuhören. Ein Beschäftigter war beobachtet worden, wie dieser ein weißes Pulver zu sich nahm. Der Arbeitskollege wandte sich daraufhin an den Arbeitgeber, berichtete seine Beobachtungen und äußerte den Verdacht, dass es sich bei dem Pulver um Drogen handeln könnte. Dies war für den Arbeitgeber Grund genug, um seinem Mitarbeiter fristlos zu kündigen.

Das Gericht entschied in zweiter Instanz, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung beendet ist. Zwar berechtige Drogenkonsum während der Arbeitszeit und auch in der Freizeit grundsätzlich zur Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, meinte das Gericht. Jedoch hätte der Arbeitgeber im konkreten Fall beweisen müssen, dass sein Mitarbeiter weißes Pulver zu sich genommen hatte. Eine Verdachtskündigung wegen des Verdachts des illegalen Drogenkonsums kam schon deshalb nicht in Betracht, weil die strengen Voraussetzungen für eine Verdachtskündigung nicht erfüllt waren. Der Mitarbeiter wurde beispielsweise vor Ausspruch der Kündigung nicht angehört.

Für die Marihuana-Tüte ist der Arbeitsplatz nicht der richtige Ort

Riskanter Konsum von Drogen und Alkohol macht nicht Halt vor den Toren der Betriebe. Deshalb gibt es in einigen Betrieben sogar Selbsthilfegruppen, die Menschen, die abhängig sind, helfen. Ob deren Arbeit durch die Cannabis-Legalisierung noch intensiver wird, ist nicht ausgemacht. Betriebliche Sucht-Experten haben zumindest diese Befürchtung, die nicht ganz aus der Luft gegriffen sind. Umso wichtiger ist es, dass es in den Unternehmen klare Ansagen gibt. Auch nach der Cannabis Legalisierung. Für die Marihuana-Tüte ist der Arbeitsplatz jedenfalls kein geeigneter Ort, das zeigt auch die Rechtsprechung.

Artikel enthält Affiliate Links