Deshalb suchte das Ehepaar nach Flügen von Thailand nach Deutschland und fand nur noch Verbindungen in der Businessclass statt Premium Economy. Die Reisenden buchten Tickets und stornierten die selbst gebuchten Zubringer-Flüge von Thailand nach Singapur. Im Nachgang zahlte die Airline das Geld für die stornierten Singapur-Deutschland-Flüge in Höhe von rund 2.500 Euro zurück. Doch der Kläger forderte von der Airline auch eine Beteiligung an den Mehrkosten für die selbst ersatzweise gebuchten Businessclass-Flüge von Thailand nach Deutschland, die gut 5.000 Euro gekostet haben.
Zu Recht, entschied das Landgericht. Die Airline sei in diesem Fall schadenersatzpflichtig. Die Reisenden haben einen Anspruch auf Erstattung der Kosten im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung (§ 8). Dem stehe weder der andere Abflugort noch die höhere Sitzklasse entgegen. Das nicht erfolgte Angebot der Airline für zeitnahe Ersatzflüge stellt laut Gericht eine Pflichtverletzung dar. Worauf der Kläger sitzen bleibt, sind die Stornokosten für die Flugtickets von Thailand nach Singapur. Das lag laut Gericht nicht im Kenntnis- und Einflussbereich der beklagten Airline.
Schadensersatz für nachgewiesene psychische Erkrankung
Fluggäste können für eine psychische Beeinträchtigung, die sie durch einen Unfall an Bord oder beim Ein- oder Aussteigen erlitten haben, Schadensersatzansprüche gegen die Fluglinie geltend machen. Voraussetzung dafür ist, dass die psychische Beeinträchtigung medizinisch nachweisbar und behandlungsbedürftig ist und damit einer Körperverletzung entspricht. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 20.10.2022, Az.: C-111/21).
Der österreichische Oberste Gerichtshof hat einen Rechtsstreit zwischen einer Flugreisenden und der Gesellschaft Laudamotion zu entscheiden. Eine Flugreisende verlangt von der Fluggesellschaft Laudamotion Schadensersatz wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung, die sie bei einer Notfallevakuierung des Flugzeugs erlitten hat und deretwegen sie sich in ärztlicher Behandlung befindet. Sie hatte das Flugzeug über einen Notausstieg verlassen und war durch den Jet Blast des rechten Triebwerks, das noch in Bewegung war, mehrere Meter durch die Luft geschleudert worden.
Laudamotion wollte nur für die Körperverletzungen, nicht aber für die psychischen Beeinträchtigungen aufkommen. Das beurteilte der EuGH anders. Der verletzte Fluggast müsse dazu aber ein medizinisches Gutachten und Belege für eine ärztliche Behandlung vorlegen.
Der Kummer mit den verspäteten Anschlussflügen
Enthält eine Flugreise mehrere Transporte, die von verschiedenen Luftfahrtunternehmen durchzuführen sind, kann man bei großer Verspätung von einem der Flüge eine Entschädigung verlangen. Es handelt sich um "direkte Anschlussflüge", auch wenn die Luftfahrtunternehmen rechtlich nichts miteinander zu tun haben, so der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 06.10.2022, Az.: C-436/21).
Hintergrund ist der Fall eines Fluggasts, der mit insgesamt drei einzelnen Flügen von Stuttgart nach Kansas City wollte. Diese Reise buchte er über ein Reisebüro, wo er einen elektronischen Flugschein kaufte. Den ersten Flug führte Swiss International Air Lines durch, während die anderen beiden über American Airlines liefen. Auf dem Flugschein war aber nur American Airlines als Dienstleistungserbringerin angegeben und er enthielt eine einheitliche Buchungsnummer für die gesamte Strecke. Das Reisebüro stellte eine Rechnung aus, die den Gesamtpreis sowohl für den Hin– als auch den Rückflug beinhaltete. Die Reise verlief nicht reibungslos. Die ersten beiden Flüge waren zwar pünktlich – beim dritten und letzten Abschnitt von Philadelphia nach Kansas City kam der Reisende jedoch mit einer Verspätung von vier Stunden an. Der Mann trat daraufhin seine durch diese Verspätung entstandenen Ansprüche an Flightright ab, einem Legal-Tech-Anbieter, der Ansprüche der Reisenden nach der Fluggastrechte-Verordnung durchsetzt.
Der EuGH beschäftigte sich mit dem Begriff der "direkten Anschlussflüge". Er ist der Ansicht, dass darunter ein Beförderungsvorgang fällt, der in einem Mitgliedstaat der EU startet, aber aus mehreren Flügen besteht – die auch von unterschiedlichen und rechtlich nicht miteinander verbundenen Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden. Voraussetzung für einen solchen Anspruch sei aber, dass die Flüge Gegenstand einer einzigen Buchung sind, also von einem Reiseunternehmen zusammengefasst sind, das dafür einen Gesamtpreis in Rechnung stellt und einen einheitlichen Flugschein ausgegeben hat. Nur dann handele es sich um "direkte Anschlussflüge".
Wer haftet für den geklauten Koffer?
Flugpassagiere können keinen Schadensersatz von Flughafenbetreibern verlangen, wenn ihre Koffer beim Entladen von Personen gestohlen werden, die keine Flughafenangestellten sind. Das hat das Landgericht Frankfurt am Main (LG) entschieden (Urteil vom 7.10.2022, Az.: 2-28 O 238/21).
Das war der Fall: Als ein Mitarbeiter eines Flughafens Gepäck entladen hatte, kamen ihm zwei Männer in schwarzen Hosen und gelben Warnwesten zur Hilfe. Sie waren mit einem Kleinwagen zum Abfertigungsbereich gefahren, zu dem nur berechtigte Personen Zugang haben. Die beiden Männer hatten den Mitarbeiter der Flughafenbetreiberin dann veranlasst, fünf Koffer von seinem Gepäckwagen abzuladen und haben diese mitgenommen. Die Eigentümer der Koffer sahen diese nicht wieder - und klagten. Sie gaben an, dass der Inhalt mit hochwertigen Kleidungsstücken sowie der Koffer der Marke Louis Vuitton einen Gesamtwert von 300.000 Euro hätte. Gesondert versichert hätten sie das Gepäck nicht. Daher verlangten sie Schadensersatz von der Flughafenbetreiberin.
Das LG sah keine Grundlage für einen Schadensersatzanspruch und wies die Klage zurück. Die Flughafenbetreiberin habe keine Verkehrssicherungspflichten verletzt. Das Gepäck sei nicht unbeaufsichtigt an einem leicht zugänglichen Ort abgestellt worden. Selbst eine Videoüberwachung hätte den Diebstahl nicht verhindern können, da die Personen wie übliche Mitarbeiter aussahen, erklärte das Gericht. Schließlich könne der Flughafenbetreiberin ebenfalls nicht vorgehalten werden, sie hätte ihren Gepäckmitarbeiter nicht ordnungsgemäß ausgewählt und überwacht. Die Täter hätten sich trickreich verhalten und waren deshalb erfolgreich.
Fazit
Das Reiserecht im Sinne der Verbraucher*innen hat sich durch die Rechtsprechung in Europa gut entwickelt. Gerade bei den Flugreisen gibt es mehr grenzüberschreitende Rechtssicherheit, Schutz vor der Willkür ökonomisch mächtiger Airlines. Europarecht kann also eine ziemlich gute Sache sein. Daran solltest du dich erinnern, wenn es mit dem Flieger in den nächsten Urlaub geht.