Die größten Irrtümer zum Urlaub

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Urlaub ist eine feine Sache, ihn eigenmächtig zu verlängern ist aber keine gute Idee.
Urlaub ist eine feine Sache, ihn eigenmächtig zu verlängern ist aber keine gute Idee.
CC0 / Pixabay / Bettypalm

Es ist Ferienzeit; doch was heißt das für Arbeitnehmer? Kann mich meine Chefin zurück ins Büro beordern, wenn es brennt – und was ist, wenn der Chef Zwangs-Betriebsurlaub für alle einführen will? Ein Faktencheck in Sachen Urlaub.

  • Bekomme ich Urlaub, wann ich will?
  • Kann ich den Urlaub eigenmächtig verlängern?
  • Kann der Betrieb mich aus dem Urlaub holen?
  • Darf der Arbeitgeber Betriebsferien für alle einfach anordnen?
  • Kann ich mir den Urlaub auszahlen lassen?

Vorneweg: Jeder*m Mitarbeiter*in – egal ob Festangestellter, Mini-Jobber oder Praktikant – steht Urlaub zu. Laut Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sind das 20 Tage pro Jahr bei einer Fünf-Tage Woche. In vielen Betrieben verschaffen Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung den Mitarbeiter*innen inzwischen 30 Urlaubstage. Aber es gibt Regeln, die du und dein Arbeitgeber zu beachten haben.

Bekomme ich Urlaub, wann ich will?

Die gute Nachricht zuerst: Alle Arbeitnehmer*innen haben einen gesetzlichen Anspruch auf Urlaub. Dazu sollten die Urlaubswünsche rechtzeitig geäußert werden.

Die weniger gute Nachricht: Arbeitgeber*innen müssen den konkreten Wunsch zwar berücksichtigen, ihn aber nicht unbedingt genehmigen. Hierzu regelt § 7 Abs. 1 BUrlG: "Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen."

Dringende betriebliche Belange können sein:

  • personelle Engpässe in Saison- und Kampagnenzeiten (so das Urteil des Landesarbeitsgericht LAG Köln 17.3.95, Az.: 13 Sa 1282/94)
  • Unterbesetzung wegen Krankheit oder Kündigung anderer Arbeitnehmer*innen
  • eine unerwartet große Menge an Arbeit durch einen zusätzlichen Auftrag
  • Abschluss- und Inventurarbeiten
  • Gefährdung großer Mengen an Waren oder hochwertiger Produktionsergebnisse 

Urlaubswünsche anderer Mitarbeiter*innen können den Vorzug haben: 

  • Urlaub des Ehepartners
  • schulpflichtige Kinder
  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • die Urlaubsregelung in den vergangenen Jahren

Arbeitgeber*innen können deshalb deinen Urlaubswunsch nach Abwägung der verschiedenen Interessen ablehnen.

Kann ich den Urlaub eigenmächtig verlängern?

Auf diese Idee solltest du besser nicht kommen. Damit kannst du dich in ernsthafte Schwierigkeiten bringen. Möchten du länger als geplant im Urlaub bleiben, musst du das unbedingt mit deiner*m Chef*in besprechen und absegnen lassen.

Urlaub immer auf einen Schlag im Sommer oder Winter? Ja, das kannst du so machen. Rein rechtlich spricht da erst einmal gar nichts gegen. In dem vom Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen beurteilten Fall (Urteil vom 23.4.2009, Az.: 7 Sa 1655/08) hatte eine Arbeitnehmerin 31 Tage ihres Jahresurlaubs auf ihren Wunsch hin aufgeteilt auf einzelne Tage einschließlich eines Blocks von 12 Werktagen erhalten. Am Ende des Jahres forderte sie dann aber, dass der Urlaub ihr noch einmal zusammenhängend zu gewähren sei, weil gegen die gesetzliche Regelung verstoßen worden sei. Das LAG lehnte diesen Anspruch mit der Begründung ab, dass das BUrlG nicht davon ausgehe, dass nur eine zusammenhängende Urlaubsgewährung dem bestehenden Erholungsbedürfnis des Arbeitnehmers Rechnung trägt.

§ 7 Abs. 2 Satz 2 BUrlG regelt lediglich, dass bei einer Urlaubsteilung einer der Urlaubsteile mindestens 12 aufeinander folgende Werktage umfassen soll. Auch wenn der längste Urlaubsteil weniger als 12 aufeinander folgende Werktage umfasse, sei dies zulässig, da das Bundesurlaubsgesetz ein einvernehmliches Abweichen durch Vereinbarung zwischen Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in ausdrücklich zulasse. 

Kann der Betrieb mich aus dem Urlaub holen?

Eigentlich nicht. Dein Arbeitgeber ist nur im größten Notfall dazu berechtigt, dich frühzeitig aus dem Urlaub in die Firma zu beordern. Notfall? Ja, das ist schwammig: Die Krankheit der*s Kollegen*in ist jedenfalls kein Grund. Damit dein*e Chef*in dich aus dem Urlaub holen darf, muss schon die Existenz der Firma auf dem Spiel stehen.

Und was ist mit Anrufen? Wer Urlaub hat, hat Urlaub. Das bedeutet, dass du nicht verpflichtet bist, im Urlaub erreichbar zu sein. Du kannst also problemlos dein Diensthandy auslassen.

Soweit die Theorie: Die Praxis sieht aber anders aus. Ein Video-Call am Strand, eine Chatnachricht am Flughafen, eine SMS an der Hotelbar: 72 Prozent der Berufstätigen, die in diesem Sommer einen Urlaub planen, sind währenddessen für dienstliche Belange erreichbar, hat der Telekommunikationsverband Bitkom herausgefunden. Ein Fünftel führt auch Videotelefonate mit Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen oder der Kundschaft (21 Prozent) – und fast jeder und jede Siebte (15 Prozent) kommuniziert dienstlich über Plattformen wie Microsoft Teams oder Slack. 

Darf der Arbeitgeber Betriebsferien für alle einfach anordnen?

Ja, darf er. Unter Betriebsferien versteht man die komplette Schließung eines Betriebs für einen bestimmten Zeitraum unter gleichzeitiger Anordnung, dass während dieser Zeit Urlaub zu nehmen ist.

Grundsätzlich können Arbeitgeber*innen Betriebsferien festlegen. Sie müssen aus dringenden betrieblichen Gründen erforderlich sein, was der*die Arbeitgeber*in nachzuweisen hat. Besteht ein Betriebsrat, hat dieser ein Mitbestimmungsrecht. Gleiches gilt für sogenannte Schließtage. Darunter fallen z.B. die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr. Arbeitgeber*innen können in diesem Zeitraum für einzelne Tage die Schließung des Betriebs mit Zustimmung des Betriebsrates anordnen. 

Äußert ein*e Arbeitnehmer*in keine Urlaubswünsche, können Arbeitgeber*innen den Urlaubszeitraum von sich aus bestimmen. Dies ist in der Praxis jedoch selten der Fall.

Kann ich mir den Urlaub auszahlen lassen?

Geld oder Urlaub? Diese Frage stellt sich grundsätzlich so nicht: Urlaub soll der Erholung dienen. In der Urlaubszeit ist ja eine Entgeltfortzahlung vorgesehen. Eine freiwillig gewählte Auszahlung ist im BUrlG deshalb nicht vorgesehen. Grundsätzlich gilt: Wenn Urlaub genommen werden kann, hat er Vorrang vor der Abgeltung.

Arbeitgeber*innen dürfen also nicht einfach entscheiden, dass die beantragten Urlaubstage nicht gewährt und stattdessen ausgezahlt werden – es sei denn, es gibt dringende betriebliche Gründe, die dies rechtfertigen. Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird und dem*r Arbeitnehmer*in noch mehr Urlaubstage zustehen, als bis zum letzten Arbeitstag genommen werden können. In diesem Falle greift § 7 Absatz 4 BUrlG: “Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.” Gut zu wissen: Auch bei einer fristlosen Kündigung können sich Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ihren Resturlaub auszahlen lassen.

Du darfst außerdem die Urlaubsplanung nicht bis zum Jahresende aufschieben, um dann statt Freizeit lieber Geld zu verlangen. Ein Abgeltungsanspruch setzt voraus, dass du zumindest versucht hat, deine Urlaubstage zu nehmen.

Fazit

Das sind die wichtigsten Punkte:

  • Der Arbeitgeber muss deine Urlaubswünsche berücksichtigen, kann aber den Urlaubsantrag wegen betrieblicher Belange oder kollidierender Urlaubswünsche ablehnen.
  • Betriebsferien sind grundsätzlich zulässig. Dafür müssen aber dringende betriebliche Gründe vorliegen und der Betriebsrat muss zustimmen.
  • Selbstbeurlaubung kann zur Kündigung führen.
  • Urlaub in Geld umzuwandeln ist nur in Ausnahmenfällen möglich.