Nach Unfall zwei Monate in der Werkstatt - zahlt dann immer noch die Versicherung?

2 Min
In Corona-Zeiten stehen Fahrzeuge manchmal länger in der Werkstatt.
In Corona-Zeiten stehen Fahrzeuge manchmal länger in der Werkstatt.
CC0 / Pixabay / delphinmedia

In Corona-Zeiten dauert manche Reparatur in Werkstätten länger. Müssen Versicherungen nach einem Autounfall sogenannten Nutzungsausfall zahlen, machen sie Druck. Aber dürfen sie das überhaupt?

  • Nutzungsausfall, auch wenn das Fahrzeug lange in der Werkstatt ist?
  • Entschädigung ist abhängig vom Fahrzeug-Modell
  • Wöchentliche Nachfrage war entscheidend

Es knallt, ein Unfall – das Auto ist beschädigt und muss in die Werkstatt. War der Crash unverschuldet, gibt es zwei Möglichkeiten: Du kannst für die Dauer der Reparatur einen Mietwagen nehmen und die Kosten dafür vom Unfallverursacher zurückverlangen. Oder du verzichtest darauf und kassierst von der gegnerischen Kfz-Versicherung die sogenannte Nutzungsausfallentschädigung.

Aber wie lange muss die Versicherung zahlen, wenn die Werkstatt die Ersatzteile nicht schnell beschaffen kann oder Personalengpässe entstehen? Das Amtsgericht (AG) Bautzen (Urteil vom 16.9.2021, Az.: 21 C 570/20) hat sich mit einem solchen Fall beschäftigt.

Nutzungsausfall, auch wenn das Fahrzeug lange in der Werkstatt ist?

In Corona-Zeiten dauert die Reparatur in Werkstätten manchmal länger. Daraus ergeben sich Fragen: Gibt es Anspruch auf Nutzungsausfall auch bei langwierigen Reparaturen? Musst du eine andere Werkstatt beauftragen, wenn die Instandsetzung zu lange dauert?

Und es gibt noch eine Klippe, die zu beachten ist: Die bei einem Verkehrsunfall unverschuldet geschädigte Person hat die gesetzliche Verpflichtung zur Schadensminderung. Wenn ich dieser Pflicht nachkomme, muss ich dann trotzdem damit rechen, dass die Versicherung den Anspruch auf Nutzungsausfall verweigert? Was muss ich konkret tun, um meiner Pflicht nachzukommen? 

Entschädigung ist abhängig vom Fahrzeug-Modell

Im konkreten Fall war ein Fahrer eines Citroën DS3 unverschuldet in einen Unfall verwickelt. Das beschädigte Auto wurde in eine Werkstatt gebracht, nachdem die Reparaturfreigabe von der Versicherung vorgelegen hatte. Die Arbeiten verzögerten sich. Der Geschädigte verlangte die Erstattung der Kosten für die fast zwei Monate, in denen er sein Eigentum nicht nutzen konnte. Je nach Modell ergeben sich unterschiedliche Tagessätze, von 23 Euro für einen Kleinstwagen wie dem Ford Ka bis hin zu 175 Euro für Luxusmodelle wie Porsche 911. Autos, die fünf Jahre und älter sind, werden um eine Gruppe zurückgestuft. Ab zehn Jahren stuft man zwei Gruppen zurück. Die gegnerische Versicherung verweigerte im konkreten Fall die Zahlung von 50 Euro pro Tag.

Die übermäßig lange Reparaturdauer sei laut Versicherung "ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht". Der Geschädigte hätte laut gegnerischer Versicherung "eine andere Werkstatt aufsuchen müssen". Zudem weigerte sich die Versicherung, die Kosten für die Desinfektion des Fahrzeugs nach der Annahme und vor der Rückgabe zu erstatten.

Wöchentliche Nachfrage war entscheidend

Der Fall landete schlussendlich vor dem AG in Bautzen und dort bekam der Unfallgeschädigte sein Recht. Für das Gericht war entscheidend, dass er wöchentlich Informationen von der Werkstatt zum Stand der Dinge angefordert hatte. Außerdem hat er immer wieder darauf gepocht, dass die Reparatur schnellstmöglich abgeschlossen wird. Daraufhin wurde ihm seitens der Werkstatt mitgeteilt, dass sich die Fertigstellung wegen coronabedingter Lieferverzögerungen noch hinzieht. Laut Gericht wäre es nicht sinnvoll gewesen, in dieser Situation nach einer anderen Möglichkeit zur Reparatur umzusehen. Die Versicherung musste die gesamten Kosten für den Nutzungsausfall übernehmen.

Nach Ansicht des AG seien auch die Kosten für die nach Abschluss der Reparatur erfolgte pandemiebedingte Fahrzeugdesinfektion in Höhe von ca. 26 EUR ersatzfähig. Nicht erstattungsfähig seien aber die Desinfektionskosten vor Hereinnahme des Fahrzeugs in die Werkstatt. Dabei handele es sich um eine reine Arbeitsschutzmaßnahme.