Krankenkassen-Krise: GKV-Chef schlägt Alarm - "so kann es nicht weitergehen"
Autor: Ellen Schneider, Agentur dpa
Deutschland, Freitag, 05. Sept. 2025
Die Ausgaben der Krankenkassen schossen auch im ersten Halbjahr 2025 weiter in die Höhe. Müssen sich Versicherte auf steigende Beiträge einstellen?
Die finanzielle Lage der Krankenkassen im Land bleibt weiter angespannt. "Das ganze System funktioniert in sich relativ schlecht", sagte Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse (TK) in einem Beitrag der ZDF-Sendung WISO zur Lage der Krankenkassen. Das sieht Oliver Blatt, Vorsitzender des GKV-Spitzenverbandes, ähnlich. So wies Blatt mehrfach darauf hin, dass der Staat seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkomme, was zu finanziellen Engpässen führe.
Sogar der Bundesrechnungshof warf der Regierung mit Blick auf das jährliche Milliardendefizit bereits Untätigkeit vor und prognostizierte, dass Ausgaben und damit auch Beiträge weiter steigen werden. Neuen Kennzahlen des GKV-Spitzenverbands zufolge ändert sich weiterhin nichts an dem Trend: Die Ausgaben der Krankenkassen erhöhten sich im ersten Halbjahr 2025 weiter - zwar gibt es einen Überschuss in Höhe von 2,8 Milliarden Euro, "aber das sollte niemanden beruhigen", sagte Blatt.
"Werden sie nicht verhindern": Beitragserhöhungen trotz Versprechen der Politik unvermeidbar?
Für die Versicherten sollen die höheren Kosten nach dem Willen der Koalition keine Auswirkungen haben: Schwarz-Rot will die Beiträge nach deutlichen Steigerungen im kommenden Jahr möglichst stabil halten. CDU/CSU-Fraktionschef Jens Spahn hatte dies bereits im August angekündigt.
Im Koalitionsausschuss am Mittwochabend hat man das Ziel noch einmal bekräftigt. Die Beitragszahlenden sollen nicht weiter belastet, der dringend erhoffte Wirtschaftsaufschwung soll durch Beitragserhöhungen nicht zusätzlich gefährdet werden.
Aber ist dieses Ziel auch realistisch? In den Etats 2025 und 2026 will der Bund die Kassenfinanzen über den regulären Jahreszuschuss hinaus mit Darlehen stabilisieren. Diese Darlehen "werden nötige Beitragssatzanhebungen abfedern, sie werden sie nicht verhindern", hatte Gesundheitsministerin Warken im Bundestag gesagt. Reformkommissionen sollen dann strukturelle Reformen für die Kranken- und Pflegeversicherung vorschlagen.
"Hält kein Gesundheitssystem der Welt auf Dauer aus": GKV-Chef schlägt Alarm
"Die Ausgabendynamik ist im ersten Halbjahr ungebrochen", betont Blatt. Der Überschuss sei dringend notwendig, um die gesetzliche Mindestreserve der Kassen wieder aufzufüllen. In den vergangenen Jahren hatte es einen Rücklagen-Abbau gegeben. "Gerade mit Blick auf die dynamische Ausgabenentwicklung ist aber noch offen, ob das gelingen kann", sagte Blatt. Immer stärker ansteigende Ausgaben setzen die Politik bei den Krankenkassen-Finanzen weiter unter Druck. So erhöhten sich die Leistungsausgaben der noch rund 90 Krankenkassen im ersten Halbjahr um 7,95 Prozent auf 166,1 Milliarden Euro.
Auffällig ist der im ersten Halbjahr auf 2,8 Milliarden Euro gestiegene Überschuss der Krankenkassen. Nach Rekorddefiziten im Jahr 2024 war bis Ende März bereits ein Überschuss von 1,8 Milliarden Euro entstanden.