Lediglich ein Darlehen soll bereitgestellt werden. Zur Stabilisierung des Beitragssatzes wäre dies ein überjähriges Darlehen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro. Für Experten ist das zu wenig. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) gibt Oliver Blatt, Vorstandsvorsitzender des Krankenkassenspitzenverbands GKV, einen Einblick in die Gefühlslage dazu: "Wir sind ziemlich zusammengezuckt, als wir davon erfahren haben. Erstens reichen die Darlehen nicht einmal als Sofortmaßnahmen. Zweitens verschieben sie die Probleme in die Zukunft, denn womit sollen die Krankenkassen die Kredite zurückzahlen?"
Ein altes Darlehen hätte der Bund demnach gerade verlängert, weil das Geld fehlt. Blatt: "Der Etatentwurf ist für das Gesundheitswesen sehr enttäuschend, die Darlehen sind politische Augenwischerei." Immerhin hat Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) zuletzt im ARD-Morgenmagazin erklärt, sie wolle noch weiter für eine bessere Unterstützung der Kassen kämpfen: "Die Haushaltsverhandlungen sind noch nicht abgeschlossen und mein Ziel ist es, schon noch mehr Geld zu bekommen."
Krankenkassen kämpfen mit immer höheren Ausgaben
Der GKV-Chef spricht von der immer weiter zunehmenden Ausgabendynamik für Krankenkassen. Blatt: "Die Spirale dreht sich also immer weiter."
Schon zu Beginn des Jahres hatten 82 Kassen ihre Beiträge nach oben geschraubt. Im Juli werden sechs weitere Krankenkassen folgen. Welche das konkret sind, hat das Bundesamt für Soziale Sicherung auf Anfrage beantworten. Folgenden Anhebungen der Zusatzbeitragssätze zum 1. Juli 2025 wurden demnach geprüft und genehmigt:
- BKK PwC (von 2,08 % auf 2,40 %)
- BKK Technoform (von 2,49 % auf 3,49 %)
- BMW BKK (von 2,90 % auf 3,90 %)
- EY BKK (von 1,04 % auf 2,29 %)
- IKK – Die Innovationskasse (von 3,60 % auf 4,30 %)
- SECURVITA BKK (von 3,20 % auf 3,90 %)
Der Druck auf das System ist groß. 60 Anbieter könnten vor dem Aus stehen hat Gesundheitsökonom David Matusiewicz von der Fachhochschule für Ökonomie und Management (FOM) vor wenigen Wochen analysiert.
Staat schiebt Verantwortung für Beiträge der Kassen weiter
Wie auch Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse, so sieht auch Oliver Blatt immer weiter steigende Beiträge. Eine stabile Grenze kann er in Zukunft nicht erkennen: "Wir fragen uns jedenfalls, wie das gehen soll, die Darlehen reichen dafür nie und nimmer aus."
Interessanterweise, so beschreibt es Blatt, würde der gesetzlich festgelegte allgemeine Beitragssatz von 14,6 Prozent tatsächlich unverändert bleiben. Was steigt, sind die Zusatzbeiträge der einzelnen Kassen.
Die Politik würde so die Verantwortung weiterschieben. Blatt: "Dass ein Aufschwung die Sozialversicherungen retten werde, reicht mir nicht. Zwar sehen die Institute für das kommende Jahr ein zartes Wachstum voraus, aber darauf ist in der gegenwärtigen Weltlage kein Verlass."
Auch bei der Pflegeversicherung gibt es Probleme
Bei der Pflegeversicherung sieht es ähnlich dramatisch aus. Und auch hier findet Baas deutliche Worte. Bereits im Juni hatte er in einer offiziellen Mitteilung der TK-Versicherung erklärt: "Für eine echte Entlastung der Pflegeversicherung müsste der Bund zunächst seine Schulden begleichen."
Die Pflegeversicherung, so macht er es deutlich, hätte Coronahilfen in Höhe von rund sechs Milliarden Euro ausgelegt. Gleichzeitig würde es "echte strukturelle Reformen" benötigen.
Am Montag, 7. Juli 2025, hat die geplante Bund-Länder-AG ihre Beratungen für eine große Pflegereform aufgenommen. Gesundheitsministerin Warken machte zuletzt klar, dass es kurzfristig mehr Unterstützung aus dem Haushalt brauche. Sonst, sagte sie sei eine Beitragserhöhung im Januar zu befürchten.
Vorschaubild: © AdobeStock/marcus_hofmann