Allerdings gilt das nur, wenn der Kontakt im direkten beruflichen Zusammenhang mit der Firma steht und keinen Aufschub duldet. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn nur der erkrankte Mitarbeitende über ein wichtiges Passwort oder über zentrale Informationen verfügt. Hausbesuche des Chefs bei Krankheit eines Mitarbeiters sind in Deutschland eher die Ausnahme als die Regel. Das Management von Tesla hatte behauptet, dass viele Betriebe ihre Mitarbeitenden zu Hause besuchen.
Bei Krankheit gibt es klare Regeln
Völlig unstrittig unter Arbeitsrechtlern ist, dass die Mitarbeitenden nicht dazu verpflichtet sind, den Firmenbesuch in die Wohnung zu lassen. Auskunft zur Krankheit (ärztliche Diagnose) darf der Arbeitgebende sowieso nicht verlangen. Selbst wenn nur das Smartphone klingelt und für dich erkennbar ist, dass die Firma anruft, musst du als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer nicht rangehen.
Es gibt aber bei dir ein Eigeninteresse, die Firma über deine Krankheit zu informieren. Die sechswöchige Lohnfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgebenden kannst du nur so sicherstellen. Schon bei der Krankmeldung (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung-AU, vom Arzt) solltest du penibel darauf achten, dass sie sofort an die richtige Stelle in der Firma kommt. Ab dem vierten Tag musst du sie spätestens vorlegen.
Es ist allerdings auch möglich, dass die Firma das ärztliche Attest bereits ab dem ersten Krankheitstag verlangt. Diese Praxis in den Betrieben hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) (Urteil vom 14.11.2012, Az.: 5 AZR 886/11) ausdrücklich zugelassen. Die Information, dass du krank bist, sollte den Vorgesetzten oder die Personalabteilung schnellstmöglich erreichen. Wichtig ist ebenfalls die Angabe dazu, wie lange du aller Voraussicht nach ausfällst. Die genaue ärztliche Diagnose deiner Krankheit und die eingeleitete Therapie gehen der Firma dagegen nichts an. Hierüber musst du keine Auskunft geben.
Was können Arbeitgeber tun, um sich vor Blaumachen zu schützen?
Was kann der Arbeitgebende tun, wenn er Zweifel an der Richtigkeit der AU-Bescheinigung hat? Er kann beispielsweise die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verweigern. Dazu müssen aber berechtigte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit bestehen und sind auch nachzuweisen.
Die Arbeitsgerichte sprechen der ärztlichen AU-Bescheinigung generell einen hohen Beweiswert zu. Gelingt es dem Arbeitgebenden, den Beweiswert zu erschüttern, muss die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer über seine Krankheit aufklären und die Arbeitsunfähigkeit begründen.
Zudem kann der Arbeitgeber den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) einschalten, wie Mutschke informiert. Dieser dürfe einen Hausbesuch machen, um die Arbeitsunfähigkeit zu überprüfen. "Hier sollte ich als Arbeitnehmer kooperieren, damit mir keine Leistungen versagt werden", so der Rat der Fachanwältin laut Bild.de.
Welche Rolle spielt der Medizinische Dienst der Krankenkassen
Unternehmen stellen bei Zweifeln an der AU zunächst eine Anfrage an die zuständige Krankenkasse, die dann den Fall prüft. Sollte die Krankenkasse die Zweifel der Firma nicht ausräumen können, beauftragt sie den MDK mit der Prüfung, ob der Arbeitnehmende simuliert oder ob er oder sie wirklich krank ist.
Der Arbeitgebende kann verlangen, dass die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme vom MDK zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt (§ 275 Abs. 1a Satz 3 SGB V). Der Betrieb hat gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen einen Anspruch auf Auskunft.
Kommt der Dienst zum Ergebnis, dass simuliert wurde, informiert er zunächst den behandelnden Arzt und die Krankenkasse. Kann der Arzt seine Krankmeldung nicht plausibel begründen, übermittelt die Krankenkasse dem Arbeitgebenden die Information, ob und bis wann eine Arbeitsunfähigkeit bestätigt ist. Der Betrieb kann damit den Beweis einer unbegründeten Krankheit führen. Das hat Konsequenzen bei der Lohnfortzahlung und vielleicht auch für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.
Hans-Böckler-Stiftung weist die Legende von den Blaumachern zurück
Das Forschungsinstitut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf kritisiert die gängigen Schuldzuweisungen in der Öffentlichkeit an die Adresse der Arbeitnehmer. "In manchen Medien wird angesichts höherer Fehlzeiten suggeriert, dass Beschäftigte bei Erkrankungen schneller zu Hause bleiben oder gar krankfeiern", kritisiert die wissenschaftliche Direktorin des WSI Bettina Kohlrausch.
Die These, dass sich Mitarbeitende in Zeiten des Fachkräftemangels weniger ins Zeug legen, weil sie keine Entlassung fürchten müssen, weist die Ökonomin als wenig hilfreich zurück. "Es mag Einzelfälle geben, aber als grundsätzliche Erklärungsansätze sind solche Verkürzungen gefährlich, weil sie den Blick auf die wirklich relevanten Ursachen verstellen", sagt sie.
Und Forscherin Elke Ahlers vom WSI betont in ihrem Kommentar zum hohen Krankenstand in den Betrieben: "Einseitige Schuldzuweisungen sind an dieser Stelle fehl am Platz. Vielmehr geht es darum, den Beschäftigten vor dem Hintergrund einer herausfordernden Arbeitswelt den Rücken zu stärken."
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