Studie: Fresszellen des Immunsystems gehen in Angriffsmodus über

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Makrophagen erledigen in gesunden Geweben wichtige Aufgaben, können bei Infektionen aber auch auf Angriff gehen. Foto: Drew Hays/ Unsplash
Makrophagen erledigen in gesunden Geweben wichtige Aufgaben, können bei Infektionen aber auch auf Angriff gehen. Foto: Drew Hays/ Unsplash

Erstmals untersucht ein deutsches Forschungsteam die Veränderung des Stoffwechsels von Makrophagen bei Infektionen. Dies könnte zu neuen Erkenntnissen bei der Behandlung gegen Autoimmunerkrankungen helfen.

An der rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn wurde ermittelt, wie Makrophagen ihren Stoffwechsel deutlich umstellen können, um Krankheitserreger zu jagen und zu vernichten. Dies entzifferten Forschende in einer Studie, um unter anderem neue Behandlungen gegen Autoimmunerkrankungen zu finden.Ergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal "Immunity" herausgebracht, wie heilpraxis.net berichtet.

Die zwei Gesichter der Makrophagen

Kurz erklärt: Makrophagen sind ein wichtiger Teil des Immunsystems. Sie gehören zu den weißen Blutkörperchen und nehmen als sogenannte Fresszellen andere Zellen, Krankheitserreger oder Zellreste auf und zersetzen sie. Diese Zellen haben laut deutscher Forscher zwei unterschiedliche Gesichter. Makrophagen übernehmen in gesunden Geweben wichtige Aufgaben, schalten aber bei Infektionen regelrecht in den Kampfmodus.

Zelle erschnüffelt Erreger und leitet Angriff ein

Ähnlich wie bei den Rezeptoren in der Nase, funktionieren die sogenannten Toll-like-Rezeptoren. Sie "erschnüffeln" sozusagen mit den Sensoren auf der Oberfläche die Eindringlinge.

Sollten die Rezeptoren also ein bestimmtes chemisches Signal wahrnehmen, aktivieren sie sich und lösen eine Art Alarm aus. Im Zellinneren werde eine Reihe von Reaktionen angestoßen, die die Entzündungsantwort einläuten, sagt das Forschungsteam. Ermittelt wurde in der Studie erstmals, wie die Makrophagen ihren Stoffwechsel umstellen und welche Auswirkungen dies im Körper hat.

Toll-like-Rezeptoren auf "Geruch" spezialisiert

Die unterschiedlichen Gruppen der Rezeptoren können auf den jeweiligen "Geruch" passend reagieren. Diese Spezialisierung hat sich im Laufe der Evolution abgezeichnet, um auf unterschiedliche Gefahren vorbereitet zu sein.

Eine Gruppe dieser Rezeptoren reagiert auf die wichtigen Bestandteile in den Zellwänden von Bakterien, beispielsweise auf die sogenannten Lipopolysaccharide (LPS). Lauterbach aus dem Forschungsteam sagte," Wir haben nun Makrophagen mit LPS konfrontiert und untersucht, was in den Minuten und Stunden danach passiert."

Zellstoffwechselumstellung führt zu massiver Veränderung

Der Stoffwechsel stellt sich, laut den Forschenden, schon kurz nach dem Kontakt mit LPS massiv um. Die Fresszellen nehmen vermehrt Glukose aus ihrer Umgebung auf. Dabei nutzen die Makrophagen den Zucker nicht zur Energieerzeugung, sondern produzieren Essigsäure-ähnliche Acetylgruppen.

Markierung der DNA

Wie eine Markierung werden nun die entstandenen Acetylgruppen an bestimmte Stellen der DNA im Zellkern befestigt. Bestimmte Gene können durch die Lockerung der aufgewickelten DNA leichter und schneller abgelesen werden. Lauterbach erklärt dazu," Dabei handelt es sich zum Beispiel um die Erbanlagen, die für die Ausschüttung von Entzündungs-Botenstoffen verantwortlich sind oder die Mobilität der Makrophagen verbessern."

Der entdeckte Mechanismus der Makrophagen, führt dazu, dass sie laut den Forschenden in der Lage sind, die genetische Antwort auf Erreger exakt zu liefern. Die Schlagkraft erhöht sich dadurch, dass die Erreger bereits erkannt werden, wenn der Körper schon einmal mit ihnen infiziert war. Impfungen machen sich dabei ein ähnliches Prinzip zu Nutze, was zu neuen Impfstrategien führen könnte.

Neue Ansätze für Therapien von Autoimmunerkrankungen

Diese neuen Erkenntnisse können zur Entwicklung von neuen Therapien gegen Autoimmunerkrankungen beitragen. Bei vielen Krankheiten wie beispielsweise Rheuma, Diabetes oder Multiple Sklerose sei die Reaktion des Immunsystems zu stark. Durch den neu entdeckten Mechanismus ließe sich möglicherweise verhindern, dass sich Fresszellen permanent im Angriffsmodus befinden, ohne dass tatsächliche Invasoren vorhanden sind, so der Forschungsleiter Professor Dr. Eicke Latz.