Eustress & Distress - Die verborgenen Vorteile von Stress und wie du ihn positiv nutzen kannst

6 Min

Eustress und Distress sind zwei Arten von Stress, die die Psyche unterschiedlich belasten. Mit einer erhöhten Achtsamkeit kannst du Ausnahmesituationen besser bewältigen.

Fast jeder kennt herausfordernde Situationen, die Leben auf den Kopf stellen. Sei es eine ungeliebte Aufgabe im Job, die unter Zeitdruck erledigt werden muss oder ein einschneidendes Ereignis im Privatleben, wie beispielsweise eine Scheidung. Selbst glückliche Momente können das Nervenkostüm stark beanspruchen. In beiden Fällen handelt es sich um Stress, wobei sich die Arten enorm voneinander unterscheiden. Mit welchen Maßnahmen kannst du derartige Erfahrungen so gut wie möglich bewältigen?

Wie erkennst du Stress?

Der Begriff Stress löst bei den meisten Menschen negative Gedanken aus, die mit Hektik und Abgeschlagenheit verbunden sind. Bei Stress handelt es sich um eine Schutzfunktion des menschlichen Körpers. Ursprünglich sollte er die Menschen in lebensgefährlichen Situationen zum Kampf oder zur Flucht animieren. Heutzutage sind stressige Situationen in der Regel nicht lebensbedrohlich, die Körperreaktionen haben sich dagegen nicht verändert. Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ist Stress eine "starke Beanspruchung eines Organismus durch innere oder äußere Reize. Diese als Stressoren bezeichnete Reize stören das innere Gleichgewicht des Organismus (Homöostase) und erfordern von ihm eine Anpassungsreaktion". Und die WHO bezeichnet Stress sogar als "Gesundheitsepidemie des 21. Jahrhunderts". 

Bei einer akuten Stresssituation bewertet das Gehirn die aktuelle Lage. Besteht Lebensgefahr, sind die schützenden Mechanismen ausgeprägter, denn die aufkommende Angst führt bei einer Bedrohung dazu, dass du aufmerksamer und reaktionsschneller wirst. Hierfür nutzt das Gehirn zwei Optionen. Entweder wird das sympathische Nervensystem aktiviert und regt innerhalb kürzester Zeit die Produktion von Adrenalin sowie Noradrenalin an. Die Hormone fördern die Blutversorgung und sorgen dafür, dass sich die Pupillen erweitern und eine bessere Versorgung der Muskeln lässt den Blutzucker ansteigen. Dadurch ist der Körper in der Lage, psychische und physische Belastungen zu meistern.

Oder die Hirnanhangdrüse wird aktiviert und die Nebennieren stellen Cortisol (auch Kortisol) her, dann erfolgt der Schutzmechanismus langsamer. Das Hormon ist zwar lebenswichtig, kann bei einer längeren Produktion, wie beispielsweise bei extremem Dauerstress, aber den Körper schädigen. Dies führt unter Umständen zu Diabetes, weil der Zuckerstoffwechsel aufgrund des erhöhten Cortisolspiegels gestört ist. Häufig leiden die Betroffenen unter Übergewicht, Bluthochdruck oder Konzentrationsstörungen. Das Immunsystem kann ebenfalls aus dem Gleichgewicht geraten.

Wie äußerst sich Distress?

Distress bezeichnet den negativen Stress. "Dis" kommt aus dem lateinischen und bedeutet "schlecht". Eine hohe Belastung entsteht durch Situationen, die du meistens über einen längeren Zeitraum aushalten musst. Aber auch ständige Unterforderung oder Langeweile können zu Merkmalen führen, die dem negativen Stress ähneln. Eine hohe Belastung besteht unter anderem bei:

  • Prüfungen
  • Streitereien, Konflikten und Trauer
  • Aufgabenvielfalt
  • Zeit- und Termindruck sowie ständiger Erreichbarkeit
  • Doppelbelastung im Beruf- und Privatleben
  • Zukunftsängsten und finanziellen Schwierigkeiten

Länger andauernde Anspannungen haben ernste Auswirkungen auf die Gesundheit. Einerseits sinkt die Leistungsbereitschaft und du fühlst dich ausgebrannt oder machtlos. Andererseits leiden die Betroffenen unter Schlafstörungen, Kraftlosigkeit, Verdauungsbeschwerden, Organschäden oder Stoffwechselstörungen. Auch Allergien, Entzündungen und Schmerzen werden häufig diagnostiziert. In extremen Fällen kann es zu einer Depression oder einem Burn-out kommen. Oftmals greifen die Gestressten in ihrer Not zu Alkohol oder Drogen, auch Medikamentenmissbrauch gehört zu den typischen Verhaltensmustern. Bessern sich die Symptome nicht oder besteht eine Suchtgefahr, solltest du unbedingt einen Facharzt oder eine Fachärztin aufsuchen.

Woran erkennst du Eustress?

Doch es gibt auch das genaue Gegenteil – nämlich den positiven Stress. Dieser ist mindestens genauso häufig, allerdings erleben die Betroffenen die für sie aufregende Situation als gute Erfahrung. Eustress leitet sich aus dem griechischen ab, wobei das "eu" für  "gut" steht. Positiver Stress bedeutet für den Organismus – genau wie Distress – eine erhöhte Anstrengung. Eustress begünstigt dein Tun, denn du fühlst dich beflügelt und dein Engagement steigt.

Durch Vorfreude oder ein Erfolgserlebnis werden Glückshormone ausgeschüttet, die dazu befähigen, gesetzte Ziele zu erreichen. Die Leistungsfähigkeit bei Erlebnissen, die keinen Druck oder Ängste auslösen, wird erheblich gesteigert. Meistens dauert Eustress nur eine relativ kurze Zeit, denn die Phase hält nur solange an, bis die jeweilige Situation abgeschlossen ist. Letztendlich führen positive Gedanken und Motivation zu einem gesteigerten Selbstwertgefühl.

Alle Faktoren tragen zu einem gestärkten Immunsystem bei, weil die kurzzeitige Ausnahmesituation deine Abwehrkräfte aktiviert. Deshalb ist Eustress wichtig, denn er hilft, die alltäglichen Anforderungen zu meistern. Die daraus entstandene Energie kannst du optimal nutzen, um dich wohler und zufriedener zu fühlen. Insbesondere dann, wenn du dich über ein besonderes Ereignis freust, das zwar im Vorfeld mit Stress verbunden ist. Danach steht der eigentliche Glücksmoment im Vordergrund.

Ereignisse, die Eustress auslösen können

Eustress auslösende Ereignisse sind beispielsweise:

  • Hochzeit – eine Heirat ist zwar mit zahlreichen Vorbereitungen verbunden. Dennoch bedeutet die Feier ein Highlight, das die Hektik der vergangenen Wochen vergessen lässt. 

  • Geburt – die Freude über das Baby überwiegt die während einer die während einer Geburt ertragenen Schmerzen.

  • Sport – vor allem im Leistungssport müssen im Vorfeld schon Höchstleistungen erbracht werden. Umso stolzer sind die Athleten, wenn sie das Turnier als Sieger verlassen.

  • Hausarbeiten – Putzen, Staubsaugen und Wäsche waschen machen zwar viel Arbeit, doch eine saubere Wohnung macht glücklicher und zufriedener.

Selbst eine Deadline kann dich zu Höchstleistungen animieren. Dies gilt aber nur für Tätigkeiten, die dir wirklich Spaß machen. Grundsätzlich solltest du der gestellten Aufgabe gewachsen sein, denn ansonsten kann die gesetzte Frist negativen Stress hervorrufen, weil sich der Zeitdruck negativ auf deine Energie und Kreativität auswirkt. Das Gleiche gilt für Vorstellungsgespräche oder Prüfungen, die dich antreiben können. Hast du dich auf die Thematik sehr gut vorbereitet, kannst du von einem erhöhten Sicherheitsgefühl profitieren.

Wie kannst du Stress für dich nutzen?

Beide Stressarten kannst du im Alltag oftmals nur schwer voneinander unterscheiden, weil sie fließend ineinander übergehen können. Zudem ist jeder Mensch anders, deshalb ist auch die Wahrnehmung der jeweiligen Situation unterschiedlich. Übernimmst du eine Tätigkeit, die dich interessiert, steht der positive Stress im Vordergrund. Fällt der Zeitpunkt der Aufgabenübernahme in einen eher ungünstigen Zeitraum, kann die Erledigung zur Last werden. 

Im Berufsleben fällt eine Routinetätigkeit schwerer, wenn dich andere Probleme belasten. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn du Probleme in deiner Beziehung hast oder der Arbeitsplatz in Gefahr ist. Aber auch im Privatbereich kann sich die Stimmung bei einer Tätigkeit schlagartig ändern. Kochst du gerne, erlebst du die Zubereitung der Speisen als positiven Stress. Musst du dich gleichzeitig um einen pflegebedürftigen Angehörigen kümmern oder beginnt das Baby zu schreien, kann die eigentlich schöne Aufgabe zur nervenzehrenden Herausforderung werden. 

Ein individuelles Stressmanagement kannst du erlernen und trainieren und den Lernprozess in deine Alltagsroutine integrieren. Hier hat jede Person eine andere Stress-Toleranz. Manche halten Distress besser aus. Sie können sich in Ausnahmesituationen besser auf die Herausforderungen einstellen und nutzen die Extremsituationen effektiv. Andere sind wie gelähmt und wissen nicht, was sie tun sollen. Hält die für sie unübersichtliche Lage an, können sie in ein mentales Loch fallen.

Welche Übungen helfen, die richtige Balance zu finden?

Kleine und kurze Stresssituationen gehören zum Leben dazu und sind wichtig, um gesetzte Ziele zu erreichen. Distress lässt sich im Alltag nicht komplett vermeiden und du solltest nicht versuchen, sämtliche Stresssituationen – egal, ob negativ oder positiv – zu umgehen.

Buchtipp: 'Das Kind in dir muss Heimat finden' - hier ansehen

Versuche stattdessen, die jeweilige Herausforderung für dich zu nutzen und beide Stressarten durch ein erhöhtes Bewusstsein auszugleichen. Dein Stressmanagement solltest du unkompliziert gestalten, um zur Ruhe zu kommen und deine Achtsamkeit auf das Wesentliche zu erhöhen.

Mit einigen Tipps kannst du eine Balance für den Alltag finden:

  • Positive Gedanken sind häufig der Schlüssel für eine bessere Bewältigung einer Stresssituation. Empfindest du ein vermeintliches Problem eher als Herausforderung, fällt dir die Erledigung einer schwierigen Aufgabe leichter. 

  • Hole dir Hilfe – häufig bewerten viele Menschen es als persönliches Versagen, wenn sie Freunde und Verwandte um Unterstützung bitten. Gemeinsam ist es aber oftmals viel leichter, eine Hürde zu bewältigen. Das Gefühl, nicht alleine zu sein, kann helfen, dich aus einem Tiefpunkt zu holen

  • Setze deine Ressourcen ein – im Laufe seines Lebens sammelt jeder Mensch Erfahrungen und eignet sich durch Schule, Ausbildung oder Studium ein Fachwissen an. Je nach Beruf und familiären Voraussetzungen bringt die erreichte Karriere eine finanzielle Unabhängigkeit mit sich. Auch persönliche Eigenschaften, wie beispielsweise Kreativität oder ein besonderes Talent, kannst du einsetzen, um in stressigen Situationen besonnen zu reagieren

  • Plane Pausen ein – dein Körper muss sich erholen, um leistungsfähig zu bleiben. Gönnst du dir keine Auszeit, kann es zu einer Überlastung kommen. Schlafe ausreichend, denn Schlafmangel führt unter anderem zu Bluthochdruck, Herzschädigungen oder chronischen Krankheiten. Wie lange eine Erholungsphase dauert, ist bei jedem Menschen unterschiedlich, weil jeder ein anderes Stressempfinden und Schlafbedürfnis hat. 

  • Entwickle individuelle Strategien – in Stresssituationen reagiert jeder anders. Manche ziehen sich zurück, andere neigen zum Frustessen. Deshalb solltest du regelmäßig prüfen, ob deine Methoden sinnvoll sind. Versuche zu entschleunigen, indem du Yoga und Entspannungsübungen in deinen Alltag integrierst. 
Artikel enthält Affiliate Links
Vorschaubild: © CC0 / Pixabay / alanajordan