Sportsucht: Wenn Sport zum Zwang wird - Anzeichen und Problemlösung

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Eine Sportsucht ist eine ernst zu nehmende Verhaltenssucht.
Eine Sportsucht ist eine ernst zu nehmende Verhaltenssucht.
CC0 / Pixabay / scottwebb
Hochgradig Sportsüchtigen kann durch eine Psychotherapie geholfen werden.
Hochgradig Sportsüchtigen kann durch eine Psychotherapie geholfen werden.
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Bewegung und Sport halten uns bekanntlich fit und gesund. Bei einer Sportsucht hingegen werden die Grenzen weit überschritten, sodass Sport zu einem Zwang wird.

  • Definition und Arten der Sportsucht
  • Merkmale der Sucht
  • Wer kann betroffen sein und wo findest du Hilfe?
  • Fazit

Sport kann als Ablenkung zum Alltag fungieren, einfach zum Abschalten oder um fit zu bleiben. Allgemein bekannt ist, dass Bewegung gesundheitsförderlich ist; doch werden die Grenzen zu einem ausgewogenen Verhältnis zum Sport überschritten, kann eine gefährliche Sportsucht entstehen.

Sportsucht: Definition und Merkmale

Mit einer Sportsucht wird ein exzessives, pathologisches beziehungsweise zwanghaftes Sporttreiben beschrieben. Das Ausüben einer sportlichen Tätigkeit wird weniger als Hobby betrachtet, sonders als ein Zwang, von dem die Betroffenen kontrolliert werden. Die Freude am Sport, die Betroffene zu Beginn vielleicht motiviert hat, gerät häufig immer mehr in den Hintergrund; die Menge an Sport, die es benötigt, damit ein Gefühl der Ruhe eintritt, steigt oft an. Die eigene Gesundheit und alles andere wird immer unwichtiger: Kompromisslos wird das Training auch bei einer Krankheit, bei Schmerzen oder Verletzungen durchgeführt.

Ein Wettkampfgedanke oder der Wunsch nach einer Steigerung der eigenen Leistung muss nicht zwangsläufig die Ursache dahinter sein. Grundsätzlich wird zwischen einer primären und einer sekundären Sportsucht unterschieden. Die Ausübung der sportlichen Tätigkeit ist bei einer primären Sportsucht intrinsisch motiviert und zielt nicht darauf ab, ein bestimmtes Ziel, wie eine Gewichtsabnahme, zu erreichen. Eine offizielle Definition sowie eine anerkannte Krankheitsdiagnose nach den Kriterien der ICD-11 oder DSM-5 gibt es derzeit noch nicht. Es handelt sich um eine sogenannte Verhaltenssucht, also eine stoffungebundene Sucht. Die sekundäre Sportsucht hingegen meint das zwanghafte Sporttreiben mit einer Kopplung an eine Essstörung. Wer an dieser Form leide, wird von Faktoren wie dem Kalorienverbrauch oder der Reduktion des eigenen Gewichts motiviert. Hierbei ist eine Unterscheidung zwischen der Sportsucht und der Anorexia athletica, einer Form der Magersucht, zu treffen. Letztere meint ein krankhaftes Untergewicht im Leistungssport, bei welcher das niedrige Gewicht bewusst in Kauf genommen wird, um eine bessere Leistung oder eine bessere Klasse zu erreichen. Die Sportmagersucht tritt vermehrt in Sportarten wie Skispringen, Ballett oder Rudern auf, da hier das Körpergewicht eine wichtige Rolle spielt.

Da es sich um eine stoffungebundene Sucht handelt, ist es oft schwer zu erkennen, bis wann es sich um ein normales Verhalten handelt und wann die Sportsucht beginnt. Ein wesentliches Merkmal der Sportsucht ist die fehlende Kontrolle über den Bewegungsdrang. Als Betroffene*r kannst du dem Drang nach Sport nicht widerstehen; er wird zum zentralen Lebensinhalt. Auch nach dem Training ist der Gedanke an Sport permanent da. Ebenso charakteristisch ist, dass das Training häufig genau geplant wird, übermäßig organisiert wird und Ausrüstung wie Schuhe oder Sport-Shirts in Massen gekauft werden. Wird das eigen auferlegte Pensum an Sport nicht erreicht, können Schuldgefühle, Angst, Gereiztheit und Depressionen auftreten. Kompromisse sind für Betroffene keine Lösung; die Sportsucht muss, ungeachtet anderer Aufgaben oder Verabredungen, ausgelebt werden. Häufig wird infolgedessen das Sozialleben oder sogar der Beruf vernachlässigt. Teils trainieren Sportsüchtige sogar frühmorgens, mitten in der Nacht oder heimlich, mitunter für mehrere Stunden. Mögliche Folgen sind dementsprechend eine körperliche Überlastung oder psychosomatische Folgen wie zum Beispiel eine Essstörung.

Entstehung der Sucht, Vorkommen und Anzeichen

Die Entstehung einer Sportsucht kann nicht klar beantwortet werden. Vermutet wird jedoch, dass körpereigene Hormone dabei eine zentrale Rolle spielen: Das Belohnungssystem im Gehirn gewöhnt sich an den Sport und verlangt eine immer höhere Dosis. Um eine Befriedigung zu erreichen, braucht es folglich eine sich steigernde Dosis. Zudem könnten Selbstwertdefizite ein Hauptgrund sein. Der Sport wird in dem Falle dazu eingesetzt, einem eigenen Ideal näherzukommen, mit der Hoffnung, das eigene Selbstbewusstsein zu steigern. Teils kann Realitätsflucht als Ursache angesehen werden, bei welcher Frustrationen aus dem Alltag kompensiert werden sollen.

Eine Sportsucht entsteht häufig im Freizeit- und Breitensportbereich, und hier vermehrt im Bereich des Ausdauersports. Die "running addiction", also Laufsucht, tritt besonders häufig auf. Doch es gilt: In jeder Sportdisziplin kann ein exzessives Sporttreiben auftreten, ebenso kann jede*r davon betroffen sein.

Vermutest du, dass dein Sportpensum ein Übermaß annimmt, solltest du versuchen, dem entgegenzusteuern, sofern es dir noch möglich ist. Dies gelingt beispielsweise durch einen Wechsel der Sportart oder die Verminderung der Trainingshäufigkeit. Ist die Sportsucht bereits hochgradig, nehmen Betroffene die Realität häufig verzerrt wahr und können die Sucht sowie Warnsignale nicht erkennen. Als Freund*in, Familienmitglied oder Bekannte*r der Person könntest du verschiedene Anzeichen wahrnehmen. Dazu gehören einerseits das Verargumentieren oder Verschweigen der Sporteinheiten, der soziale Rückzug, die Unmöglichkeit, den Sport trotz des Versuchs zu reduzieren sowie schlechter Schlaf und/oder wenig Hunger. Ein offenes Gespräch sowie erste Versuche, dem*der Sportsüchtige*n zu einer professionellen Therapie zu verhelfen, sind sehr wichtig.

Fazit

Natürlich leiden nicht alle Menschen, die regelmäßig, intensiv und leidenschaftlich Sport betreiben, unter einer Sportsucht. Der Unterschied zu einer Person, die einfach gern viel Sport treibt, ist eine überhohe Bindung an den Sport und das Ausüben als Zwang. Nicht jede*r professionelle*r Sportler*in ist deshalb auch gleichzeitig sportsüchtig.

Vermutest du, dass bei dir eine Sportsucht vorliegt, kannst du dein Verhalten aber nicht mehr selbst kontrollieren, solltest du versuchen, jemandem in deinem Umfeld um Unterstützung zu bitten. Du solltest auch nicht zögern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zwar gibt es derzeit noch keine ausgereifte Therapiemöglichkeiten bei einer Sportsucht, jedoch können Psychotherapeut*innen durchaus eine sinnvolle Hilfestellung geben. Eine*n passende*n Therapeut*in kannst du beispielsweise über die Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung finden.