Häufig bleibt es nicht bei einer Folge, wenn man einmal beginnt, eine Serie zu schauen.
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Folge des Binge Watchings kann eine ungesündere Ernährung sein.
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Häufig endet eine Folge einer Serie mit einem Cliffhanger, sodass man immer weiter schauen möchte. Wir verraten dir, was genau hinter dem "Binge-Watching" bei Netflix und Co steckt.
Arten von Suchterkrankungen
Binge-Watching: Begriff und Symptome
Folgen
Wie du Hilfe findest
Vielen passiert es immer wieder, dass sie sich bei einem Video-Streamingdienst wie Netflix in einer Serien-Schleife befinden und Folge nach Folge schauen. Gilt das bereits als Sucht oder ist es eine "alltägliche" Verhaltensweise?
Binge-Watching: Alles zum Begriff und den Symptomen
Die Stiftung Gesundheitswissen teilt den Suchtbegriff in zwei Kategorien ein. Einerseits kann es sich um eine Abhängigkeit von einer Substanz, wie zum Beispiel Alkohol, handeln, andererseits um bestimmte Verhaltensweisen. Letztere, nicht-stoffgebundene Süchte charakterisieren sich durch ein Verhalten, das außer Kontrolle gerät. Gerade bei den stoffungebundenen Süchten ist es schwer zu erkennen, bis wann es sich um ganz alltägliche Verhaltensweisen handelt und wo die Sucht beginnt.
Die Problematik zeigt sich auch beim Binge-Watching. Der Begriff ist an das "Binge-Drinking", der englische Begriff für Komasaufen, angelehnt. Zwar gibt es Fernsehserien in Deutschland schon seit dem 29. September 1954, die Online-Streamingdienste bewirkten jedoch einen Wandel: Die Folgen einer Staffel gibt es bei vielen Serien zeitgleich verfügbar, ständig werden neue Folgen diverser Serien hochgeladen. Die Verfügbarkeit so vieler Folgen regt Zuschauer*innen an, viele Folgen hintereinander zu schauen. In einigen Fällen werden sogar ganze Staffeln am Stück geschaut.
Doch ist die Seriensucht wirklich eine Sucht im Sinne einer Krankheit? Die Antwort lautet: Ja; denn auch, wenn Binge-Watching bisher nicht als Suchterkrankung gilt, treffen viele Diagnose-Kriterien für eine Mediensucht zu. Dazu gehören beispielsweise die Vernachlässigung der eigenen Pflichten, der soziale Rückzug, der Interessenverlust an anderen Aktivitäten, der Kontrollverlust über das eigene Verhalten sowie Schuldgefühle nach dem Konsum. Der Zugang ist oft unbeschränkt, was das Entstehen einer Sucht vereinfacht. Gründe für das lange Serienschauen sind für viele Stressabbau, die Flucht vor der Realität sowie die Suche nach einem Zugehörigkeitsgefühl.
Folgen des Binge-Watchings
Die gesundheitlichen Folgen von Binge-Watching sind nicht zu unterschätzen. Eine der Hauptfolgen des langen Serienschauens sind Schlafstörungen. Wer einmal mit einer Folge beginnt, schaut häufig länger als geplant; der eigene Schlafrhythmus gerät dabei in den Hintergrund. Eine Studie der American Academy of Sleep Medicine (AASM) zeigte, dass ganze 88 % der Erwachsenen bereits auf Schlaf verzichtet haben, nur, um eine Show anzusehen.
Eine Studie der Universität Melbourne verdeutlichte, dass wir uns nicht an Serien erinnern, die wir länger als 140 Tage in der Vergangenheit geschaut haben; zumindest nicht dann, wenn wir häufiger Serien am Stück schauen. Der hohe Input sorgt dafür, dass wir uns nur schlecht etwas merken können. Langfristig kann sich dies auf unsere kognitiven Fähigkeiten, unser Lern- und Merkvermögen auswirken.
Schaust du sehr häufig und lange Serien, ist es oft so, dass das Sozialleben darunter leidet. Persönliche Kommunikation wird seltener, Pflichten vernachlässigt; soziale Isolation und Einsamkeit können folgen. Im schlimmsten Fall kann sich aus dem Gefühl der Einsamkeit eine schwere Depression entwickeln. Resultate sind in vielen Fällen auch eine Abnahme der körperlichen Aktivität sowie eine ungesündere Ernährung; häufig einfach deshalb, da eine Tüte Chips oder andere Snacks mit der gemütlichen Atmosphäre vor dem Fernseher assoziiert wird.
Fazit
Den eigenen Serienkonsum einmal kritisch zu betrachten, ist aufgrund der genannten möglichen Folgen zu empfehlen. Sicherlich spricht nichts dagegen, hin und wieder einmal eine oder auch mehrere Folgen zu schauen; wichtig ist nur, dass es nicht außer Kontrolle gerät.
Erkennst du bei dir Anzeichen eines Suchtverhaltens, solltest du versuchen, dem selbst entgegenzuwirken und dich mit anderen Aktivitäten abzulenken. Es bietet sich beispielsweise das Lesen eines Buches, das Ausprobieren neuer Rezepte oder einer neuen Sportart, ein ausgiebiger Spaziergang oder das Hören eines Podcasts an.
Merkst du, dass du dein Verhalten selbst nicht unter Kontrolle bekommst, kannst du auch deine Freund*innen oder Familie um Hilfe bitten. Zögere nicht, dir beispielsweise über die Erste Hilfe Internetsucht individuelle Beratung und möglicherweise eine Therapiemöglichkeit zu holen.