Ist Salz ein Allergieauslöser? Forscher entdecken Zusammenhang mit Neurodermitis

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Wie die Technische Universität München in einer Studie herausgefunden hat, beeinflusst Salz unser Immunsystem und fördert somit Allergien. Besonders bei Neurodermitis-Patienten sei die Annahme naheliegend.

Ein Forscherteam der Technischen Universität München (TUM) hat möglicherweise eine Erklärung für allergische Reaktionen wie Neurodermitis gefunden - bislang war unbekannt, was zu den allergieauslösenden Fehlsteuerungen führt.

Fehlsteuerung von T-Zellen führt zu allergischen Reaktionen

Viele Menschen plagen sich mit Allergien, in den Industrieländern sogar fast jeder dritte Mensch. Vor allem Neurodermitis ist weit verbreitet, jedes zehnte Kind leidet daran. Wodurch solche Allergien ursprünglich ausgelöst werden, war bisher unbekannt. Ein Forscherteam der Technischen Universität München um Professorin Christina Zielinski ist in einer Studie nun zu neuen Erkenntnissen gelangt. Bei der Untersuchung von Zellkulturen wurde festgestellt, dass Salz zur Entstehung sogenannter Th2-Zellen führt.

Diese Zellen sind eine Untergruppe der T-Zellen, auch T-Helferzellen genannt. Sie sind Teil des Immunsystems und spielen eine wichtige Funktion bei Immunerkrankungen. Somit sind sie Teil der körpereigenen Abwehr zum Beispiel gegen Infektionen. Allerdings könne diese Zellen auch Fehlfunktionen entwickeln. Dann wenden sie sich gegen Bestandteile des eigenen Körpers oder der Umwelt. Tritt bei Th2-Zellen eine solche Fehlfunktion auf, allergische Entzündungen der Haut, wie beispielsweise der Neurodermitis auslösen. Dabei werden bestimmte Botenstoffe ausgeschüttet. Bislang war nicht bekannt, was eine solche Fehlsteuerung von Th2-Zellen auslöst.

Mehr Th2-Zellen durch Kochsalz

Salz ist lebenswichtig für Menschen und Tiere. Das Kochsalz, wissenschaftlich Natrium-Chlorid findet sich im Körper in Form von Natrium- und Chloridionen. Wie das Team des Instituts für Virologie um Christina Zielinski nun herausfand, kann Kochsalz die menschlichen T-Zellen so beeinflussen, dass sie vermehrt die Botenstoffe ausschütten, die allergische Reaktionen auslösen.

Eigentlich sollten diese T-Zellen nicht zu Allergien führen, allerdings könne sie durch den Einfluss von Salz zu Th2-Zellen umprogrammiert werden, die potenzielle Verursacher allergischer Reaktionen sind. Dieser Einfluss des Salzes auf die Zellen ist rückläufig. Das heißt, die Zellen werden wieder umprogrammiert, wenn sie weniger hohen Salzmengen ausgesetzt sind. "Signale der Ionen aus dem Salz spielen somit eine Rolle für die Entstehung und Steuerung von Th2 Zellen", sagt Christina Zielinski in einer Mitteilung der Universität.

Neurodermitis-Patienten haben mehr Salz in der Haut

Als dermatologische Fachärztin untersuchte Christina Zielinski auch die Auswirkungen bei Neurodermitis-Patienten. Mit ihrem Forscher-Team untersuchte sie, ob die erkrankten Hautstellen bei Neurodermitis-Betroffenen höhere Salzwerte aufweisen. Solche Messungen sind allerdings schwierig. "Natriumkonzentrationen innerhalb des Gewebes zu messen, ist kompliziert", erzählt Julia Matthias, die Erstautorin der Studie, "Während man das lösliche Salz im Blut mit klinischen Standardverfahren messen kann, waren wir für die Haut auf die Hilfe von Kollegen aus der Kernchemie und Physik angewiesen." Die untersuchten Hautproben an der TUM und der Universität Mainz zeigten, dass der Natriumwert in den erkrankten Hautstellen bis zu 30 mal so hoch war wie in gesunden.

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Salzwert der Haut ist förderlich für Bakterien

In Bezug auf Neurodermitis konnten die Forscher so ein weiteres Phänomen erklären. Neurodermitis-Erkrankte weisen oft eine starke Anreicherung des Bakteriums "Staphylococcus aureus" auf ihrer Haut auf. "Die erhöhten Natriumwerte in betroffener Haut passen gut zu einer weiteren Eigenschaft von Neurodermitis", sagt Christina Zielinski. Denn die Anwesenheit der Bakterien ist seit Langem bekannt. Das Bakterium vermehrt sich nämlich unter salzigen Bedingungen. Für andere Bakterien auf der Haut ist Salz dagegen schädlich.

Wenn man die Erkenntnisse der neuen Studie mit bereits bekannten kombiniert, kommt man laut Christina Zielinski zur naheliegenden Annahme, dass ein Zusammenhang zwischen Salz und dem Auftreten von Neurodermitis vorliegen könnte.

Allerdings schränkt die Professorin die Annahme ein, da bisher nicht nachgewiesen werden konnte, wie das Salz in hohen Mengen in die Haut gelangt. "Ebenso wenig wissen wir, ob man durch eine salzarme oder salzreiche Ernährung die Entstehung oder den Verlauf der Neurodermitis oder anderer allergischer Erkrankungen beeinflussen kann", sagt sie. Diese und weitere offene Fragen will die Dermatologin mit ihrem Team in künftigen Studien herausfinden. (jh)