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ADHS bei Frauen: Anzeichen und Auswirkungen - wie sie Stärken nutzen können


Autor: Evelyn Isaak

Deutschland, Montag, 20. November 2023

ADHS wurde lange rein auf das Verhalten von Jungen beschränkt. Mittlerweile ist aber mehr bekannt: Auch Mädchen und Frauen können ADHS haben. Dies kann verschiedene Auswirkungen auf ihr Leben haben.
Auch Frauen können ADHS haben - und sollten sich deswegen nicht verstecken müssen.


Auch Frauen können ADHS haben. Dies ist ein Fakt, der noch 1995 nicht von allen Neurolog*innen und Psychiater*innen anerkannt wurde. Für Frauen bedeutete dies häufig eine Ausgrenzung: Einerseits erfüllten sie nicht die typischen Diagnosekriterien, welche sich noch ausschließlich an Männern orientierten, andererseits entsprachen sie nicht den Rollenerwartungen. Welche Auswirkungen ADHS auf das Leben von Frauen haben kann und wie sie die Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung für sich nutzen können, verraten ADHS-Pionierin Sari Solden und die Psychologin Michelle Frank in ihrem Workbook "Selbstbewusst leben mit ADHS"*.

Als Frau mit ADHS leben: Problematiken und Subtypen

Heutzutage ist bekannt, dass auch Mädchen und Frauen ADHS haben können. Wie der Verein ADHS und Frauen erklärt, ist die Diagnose bei Mädchen oft deutlich schwieriger als bei Jungen. Ein Grund dafür ist, dass sich die ADHS-Bewertungsskalen an den männlichen Verhaltensweisen orientieren. Weiter tritt ADHS bei Mädchen meist später auf als bei Jungen. Lange wurde ADHS bei Mädchen und Frauen ignoriert, sodass diese oft nicht wussten, was genau ihr Leben komplizierter macht als das von anderen.

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Es fällt auf, wenn jemand aus dem Rahmen fällt. Genau das müssen Frauen mit ADHS häufig jeden Tag erleben. Sowohl im Job, als auch im Privatleben können Ausgrenzungen auftreten. Das kann Gefühle der Unzulänglichkeit und Unangepasstheit erzeugen. Der Verein weist darauf hin, dass viele Frauen wegen Angstzuständen und Depressionen, Ess- und / oder Schlafstörungen, Sucht usw. behandelt werden. Ärzt*innen erkennen oft nicht, dass den Problemen eine ADHS zugrunde liegt. Im Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM 5) wird die Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) in drei Subtypen eingeteilt:

  • Vorwiegend unaufmerksamer Subtyp: Betroffenen Menschen fällt es schwer, aktiv zu werden und sich aufzuraffen. Der Hyperaktivitätsaspekt ist bei diesem Subtyp also sehr schwach ausgeprägt. Typisch sind ebenso Unorganisiertheit und Vergesslichkeit. Als Betroffene*r lässt du dich leicht ablenken und bist gedanklich häufig nicht da. Eine falsche Zeitwahrnehmung sowie eine emotionale Dysregulation sind ebenso typisch.
  • Vorwiegend hyperaktiv/impulsiver Subtyp: Der Hyperaktivitätsaspekt ist bei diesem Subtyp sehr stark ausgeprägt. Menschen mit dieser Ausprägung können sich nur schwer bremsen und ruhig sein. So können sie beispielsweise kaum still sitzen, haben ein Gefühl der inneren Unruhe und sind oft impulsiv. Die Impulsivität kann negative Konsequenzen haben, an denen Betroffene teils leiden.
  • Kombinierter Subtyp: Menschen mit dieser Ausprägung weisen sowohl Merkmale des unaufmerksamen Subtyps als auch Merkmale des hyperaktiven/impulsiven Subtyps auf. Frauen nehmen diese Form häufig ähnlich wahr wie Personen, die den unaufmerksamen Subtyp haben. Typische Merkmale sind übermäßige Redefreudigkeit, fallen anderen Menschen häufig ins Wort, treffen oft impulsive Entscheidungen. Weiter sind Menschen mit dem kombinierten Subtyp körperlich oder geistig hyperaktiv.

Ein Workbook zum Umdenken: Hilfe für Frauen mit ADHS

Am 28.10.2023 ist im mvg Verlag das Workbook "Selbstbewusst leben mit ADHS" veröffentlicht worden. Es ist speziell auf Frauen mit ADHS ausgerichtet. Geschrieben wurde es von der ADHS-Pionierin Sari Solden und der Psychologin Dr. Michelle Frank. Auf insgesamt 288 Seiten findest du zahlreiche verschiedene Tipps, um Zweifel, Scham und Unsicherheiten in Stärke und Selbstbewusstsein umzuwandeln. Immer wieder gibt es die Möglichkeit, persönliche Fragen zu beantworten und praktische Übungen zu machen. So kannst du mehr über dich selbst sowie deine Stärken lernen. Das Workbook ist in 3 Teile mit insgesamt 10 Kapiteln eingeteilt. Jedes Kapitel legt einen anderen Schwerpunkt. Im ersten Teil geht es beispielsweise darum, mutiger zu werden. Der zweite Teil steht ganz unter dem Motto, das eigene Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Wie du kühner sein kannst, lernst du im dritten Teil des Workbooks.

Solden und Frank erklären zu Beginn des Workbooks "Selbstbewusst leben mit ADHS", dass ADHS Probleme mit der Regulation verschiedener Aspekte von Kognition, Emotionen und Verhalten mit sich führt. Das Syndrom bleibt ein Leben lang und ist genetisch bedingt. Im Gehirn bei Menschen mit ADHS lassen sich strukturelle, chemische und kommunikationsbezogene Unterschiede sowie eine anders geartete Erregung feststellen. Welche Beeinträchtigungen dies mit sich führt, ist ganz unterschiedlich.

Über die Kapitel verteilt findest du persönliche Geschichten aus dem Alltag der Autorinnen. Zudem gibt es zahlreiche exemplarische Fallgeschichten, die zeigen sollen, dass niemand alleine ist. Die Autorinnen ermutigen Frauen mit ADHS, sich nicht zu verstecken und sich in der Welt bemerkbar zu machen. Negative Glaubenssätze sollen abgelegt und durch positive ersetzt werden. So könnte ADHS final als Bereicherung verstanden werden und nicht als etwas, dass geheilt werden muss. Ziele des Workbooks sind unter anderem, dass du als ADHS-Betroffene deine Probleme mit dem ADHS-Gehirn von deiner eigentlichen Identität trennst, dich nicht mehr von anderen Menschen herabsetzen lässt und dich deinen ADHS-Problemen stellst. So kannst du deine Symptome besser bewältigen, Scham- und Schuldgefühle hinter dir lassen und deine Träume fokussieren.

Hinweise zur ADHS-Diagnose 

Vermutest du, ADHS zu haben, solltest du unbedingt einen Experten oder eine Expertin um Rat fragen. Dieser sollte möglichst bereits Erfahrung mit der Diagnostik und Therapie von ADHS haben. Zudem findest du auf der Webseite https://add.org/ einen kostenlosen Selbsttest. Dieser gibt dir zwar keine gesicherte Diagnose, könnte dir allerdings bei einer Einschätzung helfen. Den Test könntest du auch zu einem ersten Treffen mit dem Therapeuten oder der Therapeutin mitnehmen.

Eine ADHS-Diagnose kann grundsätzlich von Ärzten, Psychiatern, Psychologen, Psychotherapeuten und klinischen Sozialarbeitern gestellt werden. Frage auch hier am besten immer nach, ob die Person bereits einmal mit einer weiblichen ADHS-Patientin gearbeitet hat. Als Frau mit ADHS kannst du weitere Informationen und Unterstützung beispielsweise hier finden:

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