Patchworkfamilie: Was bedeutet Patchwork und welche Familienmodelle gibt es?

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Neben dem konventionellen Familienmodell gibt es auch weitere, wie das der Patchworkfamilie.
Neben dem konventionellen Familienmodell gibt es auch weitere, wie das der Patchworkfamilie.
Bild: Pexels/Emma Bauso

Es gibt verschiedene bunte Familienmodelle, wie beispielsweise das der Patchworkfamilie. Wir verraten dir, was man darunter versteht und wie Kinder damit umgehen.

Im Laufe des Lebens kann es immer wieder zu Umbrüchen kommen, die möglicherweise auch vielfältige Familienformen und Elternschafts-Konstellationen mit sich ziehen. So können beispielsweise auch Stief- beziehungsweise Patchworkfamilien entstehen. Doch was versteht man eigentlich darunter? Welche Vor- und Nachteile gibt es, und wie reagieren die Kinder? Wir beantworten dir deine Fragen.

Das versteht man unter einer Patchworkfamilie

In der Familienforschung beschreibt man mit dem Begriff Patchworkfamilie vielfältige Beziehungskonstellationen in Familien, in denen Elternschaft gelebt wird. Es gibt nicht "die" Patchworkfamilie, sondern diverse Formen. Dabei ist es so, dass entweder zu den biologischen Elternteilen ein sozialer Elternteil hinzutritt oder ein verstorbener Elternteil durch einen sozialen "ersetzt" wird. Als Patchworkfamilie bezeichnet man vereinfacht gesagt Familien, in denen sowohl gemeinsame Kinder als auch Kinder aus vorherigen Partnerschaften gemeinsam in einem Haushalt leben. Man spricht jedoch auch schon von einer Patchworkfamilie, wenn die beiden neuen Partner*innen (noch) keine gemeinsamen Kinder haben oder zeugen.

Eine Patchworkfamilie entsteht häufig nach einer Trennung beziehungsweise Scheidung der Eltern. Anschließend kann natürlich jeder leibliche Elternteil des Kindes eine neue Partnerschaft aufbauen. Hat die leibliche Mutter oder der leibliche Vater eines Kindes eine neue Beziehung, muss natürlich auch neu ausgehandelt werden, wie die familiäre Situation ausgestaltet werden soll. Für den Stiefelternteil bringt die Patchworkfamilie die Herausforderung mit sich, sich in der Rolle als sozialer Elternteil einzufinden.

Das Sorgerecht kann in Patchworkfamilien unterschiedlich gestaltet werden. So kann es sein, dass ein Elternteil das alleinige Sorgerecht ausübt. Daneben können beide Elternteile des Kindes sorgeberechtigt bleiben. Unterschreiben beide in Einverständnis eine Vollmacht, kann aber auch der neue Stiefelternteil ein Erziehungs- und Mitspracherecht erhalten. Hast du als Elternteil kein Sorgerecht, bist aber umgangsberechtigt, meint dies, dass du in alltäglichen Entscheidungen für das Kind entscheiden kannst. Dies gilt aber auch nur während der Zeit des Umgangs.

Mögliche Probleme in einer Patchworkfamilie

Die Scheidung oder Trennung der Eltern ist für Kinder oft sehr belastend. Dementsprechend brauchen Heranwachsende Zeit, bis sie sich in der neuen Familien- und Lebenssituation einfinden. Wie lange das Zusammenwachsen einer Patchworkfamilie dauert, unterscheidet sich von Familie zu Familie. Durchschnittlich zieht sich der Prozess bis zu fünf Jahre hin. Das Verhalten der Kinder hängt von mehreren Faktoren ab. Einige davon sind beispielsweise, wie ihre Beziehung zum außerhalb lebenden Familienteil ist, ob sich der elterliche Erziehungsstil stark ändert und ob es anhaltende Probleme zwischen den leiblichen Eltern gibt.

Wie das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend postuliert, ist es oft so, dass Kinder in Patchworkfamilien ein sehr differenziertes Familienbild haben. So nehmen sie beispielsweise die Familienzugehörigkeit anders wahr als Erwachsene. So kann es sein, dass der außerhalb des Haushaltes wohnende leibliche Elternteil nicht immer als Familienmitglied anerkannt wird. Ebenso verhält es sich mit einem außerhalb des Haushalts lebenden Stiefelternteil. Anders ist es bei dem Stiefelternteil, der mit im Haushalt lebt. Diesen bezeichnen gut die Hälfte der Kinder als Familienmitglied. Eine Schlüsselrolle für das Kind spielt der leibliche Elternteil, bei welchem das Kind die meiste Zeit lebt. Dieses verleiht dem Kind oft Stabilität und Sicherheit; besonders dann, wenn die Familiensituation anfänglich noch nicht ideal organisiert ist. Gemeinsame und kinderorientierte Aktivitäten können dem Stiefelternteil helfen, eine positive Beziehung zum Kind aufzubauen.

Das wichtigste ist grundlegend die Organisation und Absprache. So sollte über die Haushalte hinweg, in welchen die Kinder sich bewegen, besprochen werden, welche allgemeinen Regeln gelten. Dadurch ist es für das Kind einfacher, sich zwischen den Haushalten zu bewegen und es muss sich nicht immer neuen Regeln anpassen.

So gehen Kinder in verschiedenem Alter damit um

Säuglinge und Kleinkinder verkraften eine Trennung von ihrer Hauptbezugsperson in der Regel nur sehr schwer. Immerhin sind sie sehr stark an diese, meist die Mutter, gebunden. Bleibt ihnen trotz der Patchworkfamilie diese Hauptbezugsperson erhalten, ist es für Säuglinge und Kleinkinder in der Regel einfacher, die Veränderung zu verkraften. Der Stiefelternteil kann in dem Fall oft bald akzeptiert werden.

Kinder im Vorschulalter haben in der Regel mehr Schwierigkeiten damit, die Trennung ihrer Eltern zu verarbeiten. Oftmals suchen sie die Schuld bei sich und können neue Partnerschaften ihrer Eltern nur schwer akzeptieren. Dies zeigt sich oft durch eine Ablehnung. Im Teenageralter können Jugendliche die neue Situation meist besser und schneller verstehen. Jedoch kann es zu einer Herausforderung werden, dass Jugendliche den sozialen Elternteil als Autoritätsperson anerkennen.

Umbrüche erfordern immer, egal in welchem Alter, Zeit und Geduld. Bis der Familienbund sich neu festigt, dauert es seine Zeit. Wichtig ist, mit dem Kind über seine eventuellen Sorgen und Probleme zu sprechen. Auch Konflikte mit dem sozialen Elternteil sollten nicht verschwiegen, sondern offen und gemeinsam diskutiert werden; Kommunikation ist äußerst wichtig. Zudem kann es helfen, dem Kind deutlich zu machen, dass der neue Partner beziehungsweise die neue Partnerin nicht als Elternersatzteil angesehen werden sollte. Wichtiger ist, gegenseitigen Respekt in der Beziehung zu erlangen.

Mögliche Vorteile einer Patchworkfamilie

Patchworkfamilien können aber auch als besondere Chance gesehen werden. Oftmals sind diese Familienverbände nämlich bunter, vielfältiger und lebendiger als traditionelle Familienverbände. Kinder aus Patchworkfamilien können darüber hinaus überdurchschnittliche soziale Kompetenzen entwickeln. Dies liegt daran, dass sie lernen, mit verschiedenen Bezugspersonen zu interagieren.

Darüber hinaus kann es sein, dass sie mit anderen Kindern zusammenleben, die nicht ihre leiblichen Geschwister sind. Diese Konstellation kann natürlich auch zu Konflikten führen, das Kind jedoch auch toleranter und konfliktfähiger machen. Ungewöhnliche Herausforderungen können dazu führen, dass Patchworkfamilien taktvoller und diplomatischer sind.

Setzt man innerhalb der Patchworkfamilie auf offene und empathische Kommunikation, kann sich dies ebenfalls positiv auf die Kommunikationsfähigkeiten des Kindes auswirken. Darüber hinaus fällt es Kindern aus Patchworkfamilien oftmals leichter, ihre Wünsche und Bedürfnisse zu artikulieren. Dies liegt daran, dass sie dies lernen mussten, um sich in der neuen Konstellation einzufinden.

Fazit

In Patchworkfamilien werden Familienbeziehungen oft über mehrere Haushalte hinweg gelebt. Dies kann insbesondere für die Kinder zu einer Herausforderung werden, beispielsweise dann, wenn unterschiedliche Regeln und Erziehungsstile bestehen. Mithilfe von Verständnis, Geduld und Kommunikation kann das Modell der Patchworkfamilie jedoch auch gut gelingen und viele Chancen mit sich bringen.

Tipp: Benötigt ihr als Patchworkfamilie Rat oder Unterstützung bei der Erziehung, könnt ihr die individuellen und therapeutischen Angebote von Jugendamt und Beratungsstellen sowie Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe annehmen. Diese Stellen sind dafür da, Familien zu unterstützen und zu beraten.