Kinderbetreuung: Ganztags in der Kita - hat das negative Auswirkungen auf dein Kind?

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Eine qualitativ hochwertige Ganztagsbetreuung kann dem Kind Vorteile bringen.
Eine qualitativ hochwertige Ganztagsbetreuung kann dem Kind Vorteile bringen.
Bild: Pexels/Yan Krukau

Eine Ganztagsbetreuung in der Kita kann für arbeitende Eltern eine große Entlastung sein. Doch welche Auswirkungen hat es, wenn das Kind ganztags in der Kita bleibt?

Bist du Alleinerziehende*r oder sind du und dein*e Partner*in beide berufstätig, kann eine Ganztagsbetreuung in der Kita praktisch sein. Doch wie kann sich eine ganztägige Betreuung auf das Kind auswirken? Wir fassen für dich die Ergebnisse einer Studie zusammen, die sich mit dieser Frage befasst hat.

Ganztagsbetreuung: Ergebnisse der Studie

Die Betreuung deines Kindes ermöglicht es dir als Elternteil, Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Insbesondere die Ganztagsbetreuung gibt dir die Option, im gewünschten Ausmaß zu arbeiten. Wie das Statistische Bundesamt offenlegt, waren es 2022 ganze 91,7 % aller 3- bis 6-Jährigen, die in Deutschland eine Kindertagesbetreuung erhalten. Einige der insgesamt 59.320 Kitas bieten dabei eine sogenannte Ganztagsbetreuung an.

Von einer Ganztagsbetreuung spricht man dann, wenn dein Kind mehr als sieben Stunden am Tag von einer*m Erzieher*in betreut wird. Doch hat die Ganztagsbetreuung negative Auswirkungen auf das Verhalten des Kindes? Oder gibt es sogar mögliche positive Effekte? Mit dieser Frage beschäftigte sich ein internationales Forscher*innenteam in einer großangelegten Meta-Studie.

Insgesamt werteten die Forschenden in ihrer Meta-Studie Daten von mehr als 10.000 Kindern aus fünf verschiedenen Ländern aus. Die Daten stammten aus sieben Einzelstudien. Veröffentlicht wurden die Daten in dem amerikanischen Fachmagazin "Child Development". Die Studie konnte aufzeigen: Eine Ganztagsbetreuung stellt keinen Risikofaktor für Verhaltensauffälligkeiten bei Kleinkindern und Kindern im Vorschulalter dar. Die Forschenden konnten keine Zunahme von negativen Verhaltensweisen durch eine Ganztagsbetreuung feststellen. Unter negative Verhaltensweisen fallen beispielsweise Aggressionen, Mobbing, Treten oder starke Ruhelosigkeit.

Diesen Einfluss hat der Personalmangel

Das Forschungsteam hielt fest, dass ein ganztägiger Kita-Besuch für die Kinder sogar einen dauerhaften Lern- und Bildungseffekt haben kann. In der Studie konnte also nicht nur festgestellt werden, dass der Besuch in einer Kita keinen negativen Einfluss auf das Verhalten der Kinder hat, sondern auch, dass es mögliche positive Effekte in Form von langfristigen Leistungsvorteilen gibt. Die Lernvorteile entstünden durch permanente Anreize und Förderung.

Bei den Forschungsergebnissen müsse laut den Forscher*innen bedacht werden, dass die Qualität der Kita ausschlaggebend sei. Es zeigten sich Hinweise darauf, dass eine Betreuung durch unzureichendes Personal sich negativ auf die Kinder auswirken kann. Außerdem könne es ungünstige Entwicklungen fördern, wenn dein Kind sich andauernd in einem Raum mit sehr großen Gruppen und wenigen Betreuungspersonen befindet. Als Beispiel für eine Überschreitung des empfohlenen Erzieher*in-Kind-Verhältnisses nennen die Studienautor*innen ein Verhältnis von 1:4 für Säuglinge, von 1:7 für Kleinkinder und von 1:8 für Vorschulkinder.

Mit einem Blick auf den aktuellen Personalmangel sowie den hohen Krankheitsstand ist es in vielen Kitas schlichtweg unmöglich, den als kindgerecht angesehenen Personalschlüssel einzuhalten. Als Elternteil mit einem Kind in der Kita bist du sicher schon einmal mit reduzierten Öffnungszeiten, temporären Schließungen von Gruppen und/oder der Reduzierung pädagogischer Angebote der Kita konfrontiert worden.

Umgang mit dem Personalmangel

Im Interview mit dem Hamburger Abendblatt erklärt die pädagogische Geschäftsführerin der Hamburger Elbkinder-Kitas Ulrike Maß, dass qualitative Abstriche gemacht werden müssen, um die Betreuung garantieren zu können. In der Praxis heißt dies, dass beispielsweise Ausflüge abgesagt werden müssen oder Gruppen zusammengelegt werden.

Das Forschungsteam fordert, dass es international geltende Richtlinien zur Qualitätssicherung der Kinderbetreuung geben sollte. Dies solle zur Priorität gemacht werden. In Deutschland hingegen wird aktuell darüber debattiert, ob die bislang geltenden Regeln aufgeweicht werden sollten. SWR aktuell berichtet vom Städtetag, in welchem die Kommunen von dem Land Baden-Württemberg eine Klausel fordern, um dem Personalmangel mit mehr Freiheit entgegenzutreten. Damit gemeint ist, dass die Regel, dass pro Gruppe mindestens zwei Erzieher*innen anwesend sein müssen, aufgeweicht werden sollte. Stattdessen sollen Kita-Träger verstärkt auf Hilfskräfte setzen dürfen. Das Personal solle demzufolge durch Hauswirtschaftskräfte, Bufdis und Eltern ergänzt und somit entlastet werden. Der Vorschlag wird aktuell noch von der Landesregierung gegengeprüft.

Um dem akuten Personalmangel entgegenzuwirken, kann diese Idee durchaus zielführend sein. Da es jedoch nicht den Kern des Problems angeht, kann es nur als kurzfristige Lösung angesehen werden. Vielmehr ist es zukünftig wichtig, mehr qualifiziertes Personal in Kindertagesstätten zu haben. Nur durch dieses können Kinder Vorteile aus der Betreuung ziehen. Eine Möglichkeit, um dem Personalmangel entgegenzuwirken, wäre eine vergütete Ausbildung. Dies würde den Beruf für Nachwuchs attraktiver machen. Die Politik muss zeitnah an einem Lösungsansatz arbeiten; immerhin ist die Problematik eine gesamtgesellschaftliche.

Fazit

Die Qualität der Betreuung ist laut der Studie der Schlüssel dafür, ob die Ganztagsbetreuung sich negativ oder positiv auf das Verhalten des Kindes auswirkt. Wird beispielsweise in der Kita eine kindgerechte, hochwertige Betreuung gewährleistet, kann die Ganztagsbetreuung einen positiven Effekt auf das Kind haben. Überschreiten die Einrichtungen hingegen beispielsweise das empfohlene Erzieher*in-Kind-Verhältnis, könne sich dies laut den Studienautor*innen negativ auf das Verhalten des Kindes auswirken. Unzureichende Betreuung könne zu gestressten Verhaltensweisen wie beispielsweise Aggressionen führen.

Die Forschenden plädieren auf die Einführung von international geltenden Richtlinien zur Qualitätssicherung der Betreuung. Inwieweit die Forderung umgesetzt wird, wie die Regelungen konkret aussehen könnte und wie eine solche Richtlinie in Deutschland angesichts des Personalmangels umgesetzt werden kann, ist bisher unklar.