Weil sie ihren Alltag nicht mehr verlässlich planen könnten, haben ein Drittel der Eltern einer Krippe im Nürnberger Land gekündigt. Akuter Personalmangel habe oft zu Notbetreuung geführt. Die freien Plätze bringen die Einrichtung aber laut Träger in eine "schwierige Situation".
Juliane Ferigo hat sich auf den ersten Blick für einen Schritt ins Ungewisse entschieden. Sie nimmt ihr Kind aus der Sternschnuppenkrippe Rückersdorf - ohne einen neuen Platz zu haben. "Jetzt können wir wenigstens planen, dass das Kind zu Hause ist", sagt sie im Gespräch mit inFranken.de.
In den vergangenen Monaten habe es "gefühlt alle zwei bis drei Wochen eingeschränkte Betreuung" gegeben, was die Lehrerin und andere Eltern vor große Herausforderungen gestellt habe. "Eigentlich sind wir als gute Kinder-Krippe bekannt", entgegnet der geschäftsführende Vorstand des Albert-Schweitzer-Familienwerks Heiner Koch und erklärt die Hintergründe des massiven Personalmangels.
Rückersdorfer Eltern mit Personalmangel und Notbetreuung konfrontiert - Pflegerinnen greifen auf Verwandte zurück
24 Kinder im Alter von einem bis drei Jahren finden in der idyllischen Krippe vor den Toren Nürnbergs Platz, heißt es auf der Internetseite. Der Personalengpass habe sich laut Ferigo Ende 2022 bemerkbar gemacht. Die Krippenleitung falle seitdem für längere Zeit aus. In dieser Zeit habe eine Notbetreuung begonnen, sodass nur noch die Hälfte der Kinder die Krippe hätte aufsuchen können. Zu Beginn des neuen Jahres habe sich eine Berufspraktikantin ebenfalls verabschiedet. "Im Februar haben wir erfahren, dass noch zwei weitere Mitarbeiterinnen gekündigt haben."
Drei von ursprünglich sechs vollen Kräften seien so übrig geblieben, fasst sie zusammen. "Sobald jemand krank war, gab es wieder Notbetreuung." Diese sei oftmals "sehr spontan" eingerichtet worden. "Das stellt viele Eltern vor Herausforderungen", sagt die zweifache Mutter. "Wie bekommt man sein Kind unter? Lässt man sich krankmelden, nimmt man es mit auf die Arbeit? Welche Eltern können Homeoffice machen?", seien die Fragen gewesen. Die Berufsschullehrerin habe ihre beiden Kinder mehrmals mit auf die Arbeit genommen, was sich vor allem mit dem kleinen Sohn problematisch gestaltet habe.
Ohne Krippenleitung hätten im Frühling schließlich nur noch zwei Kinderpflegerinnen "Mitte 20 den Laden alleine geschmissen", sagt Ferigo mit Wertschätzung in der Stimme. Eine der beiden habe sogar Verwandte miteingebunden - löblich, aber plötzlich hätten sich Fremde um die Kinder gekümmert, was "von der Trägerseite nicht kommuniziert" worden sei. Seit dem 1. Mai habe sich die Situation durch zwei neue Kräfte etwas entspannt. "Im Juni geht aber wieder eine Kraft und dann sind wieder nur noch vier da." Das Risiko einer Notbetreuung bleibe also, so die Sorge der Mutter.
Zu wenig Kommunikation in Sternschnuppenkrippe? Träger äußert sich zu Kritik
Auf die mangelnde Routine habe sie mit sieben weiteren Eltern mit einer Kündigung reagiert. Im Februar 2023 rief die Elterninitiative in Rückersdorf eine Petition mit dem Namen "Kitas am Limit! Eltern am Limit!" ins Leben. Sie richtet sich an die Politik und fordert unter anderem "sichere Betreuungsplätze in Krippe, Kindergarten und Hort", die "Anerkennung von pädagogischen Abschlüssen aus dem Ausland" und "bessere Arbeitsbedingungen für Personal".
Heiner Koch vom Albert-Schweitzer-Familienwerk begrüßt diese Forderungen und wünscht sich ebenfalls, "dass die Politik mehr Personal zur Verfügung stellt", wie er gegenüber inFranken.de anführt. "Vor allem Krippen sind in Deutschland personell schlecht aufgestellt." Die turbulenten Monate in der Rückersdorfer Sternschnuppenkrippe seien aber ein Extremfall - ausgelöst auch durch einige Schwangerschaften, so der Hintergrund. Auch die vermehrten Ansteckungen nach den Kontaktbeschränkungen während der Pandemie kämen erschwerend hinzu.