Die aufgewendete Zeit hat das Statistische Bundesamt in Wiesbaden ebenfalls ermittelt: Sie beträgt für den täglichen Weg zur Arbeit bei dem Großteil der Erwerbstätigen weniger als 30 Minuten (70 Prozent). Zwischen 30 und 60 Minuten brauchen 22 Prozent. Fünf Prozent benötigten eine Stunde und länger für den Weg zur Arbeitsstätte. Drei Prozent der Erwerbstätigen hatten wechselnde Arbeitsstätten und konnten somit keine genauen Angaben zum Zeitaufwand für den Arbeitsweg machen.
Krankenkassen fragen nach den gesundheitlichen Folgen
Mit den gesundheitlichen Folgen der beruflich ausgelösten Pendelei beschäftigten sich die Krankenkassen. Berufspendler*innen fallen laut Report "Mobilität in der Arbeitswelt" der Techniker-Krankenkasse (TK) im Job seltener aus als Beschäftigte mit kurzem Arbeitsweg. Albrecht Wehner, Gesundheitsexperte der TK, vermutet dahinter den sogenannten Healthy-Worker-Effekt: Das bedeutet, dass weite Arbeitswege eher von Menschen mit guter Gesundheit in Kauf genommen werden.
Trotzdem: Pendeln führt zu psychischem Stress, aber ebenso zu einer ganzen Reihe von körperlicher Beschwerden. Pendelnde Menschen leiden häufiger unter Rücken- und Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden und anderen funktionellen Erkrankungen. Zudem gibt es Hinweise auf ein erhöhtes Herzinfarkt- und Adipositas-Risiko.
Dr. Steffen Häfner, Chefarzt der Verhaltensmedizin und Psychosomatik an der Deutschen Klinik für integrative Medizin und Naturheilverfahren in Bad Elster, fasst das Krankheitsrisiko so zusammen: Auf Dauer ist Pendeln offenkundig gesundheitsschädigend.
Pendelnde sollten Termine nicht zu knapp kalkulieren
Die Krankenkasse BARMER gibt Tipps, wie pendelnde Personen ihre Reisezeiten besser in den Griff bekommen. Erster Tipp, Zeitpuffer schaffen: Aus dem Auto oder der Bahn direkt zum Termin - das ist nicht gut und führt zu Stress. Denn häufig klappt ja nicht immer alles bei der Anreise zur Arbeit. Deshalb der Rat, besser einen Puffer einbauen, bevor es richtig losgeht.
Zweiter Tipp, gemeinsam pendeln: Pendel-Fahrgemeinschaft mit dem Auto können sinnvoll sein. So kannst du dich beim Fahren abwechseln und Kosten kannst du dadurch ebenfalls sparen. Die Arbeitszeiten, Ende und Anfang, müssen allerdings synchron verlaufen, sonst entsteht neuer Stress.
Dritter Tipp, Zugfahrten nutzen: Klarer Vorteil von öffentlichen Verkehrsmitteln, du brauchst nicht selber zu fahren. Dafür kannst du dich auf den Tag vorbereiten, E-Mails checken, Bücher lesen und Musik hören. Ein Vorteil von öffentlichen Verkehrsmitteln ist, dass du dich nicht aufs Fahren konzentrieren musst. Auch ein Nackenkissen hilft beim Entspannen und Schlafen. Manchmal erkennt der Arbeitgeber die Fahrtzeit als Arbeitszeit an. Dann musst du aber während der Reisezeit wirklich arbeiten.
Mehr als 45 Minuten Pendeln hat gesundheitliche Folgen
Vierter Tipp, Homeoffice-Tag einplanen: Seit der Corona-Zeit ist Homeoffice in vielen Unternehmen Standard. Bist du Pendler*in mit langen Anfahrtswegen, kommt dir das besonders entgegen. Schon ein Homeoffice-Tag pro Woche trägt übrigens zum Wohlergehen und damit zur Gesundheit und zu einer besseren Arbeitsleistung bei – das hat Antje Ducki, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Beuth-Hochschule für Technik in Berlin herausgefunden.
Fünfter Tipp, gleitende Arbeitszeit nutzen: Gleitzeit hilft beim Pendeln ungemein. Der typische Berufsverkehr mit seinen Unwägbarkeiten verliert so seinen Schrecken.
Diese fünf Tipps können zwar helfen, ab 45 Minuten Fahrtzeit solltest du das Pendeln aber überdenken: "Kritisch wird es, wenn der einfache Arbeitsweg mehr als 45 Minuten beträgt", sagt Dr. Häfner. Pendeln sei deswegen so anstrengend, weil nicht nur die Fahrten belastend seien, sondern auch, weil die sozialen Folgen stressen. Besonders betroffen seien familienorientierte Menschen und solche mit sozialen Netzwerken, denen wegen langer Fahrzeiten schlicht die Möglichkeiten fehlten, die ihnen wichtigen Beziehungen zu pflegen.
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