- Das Unfallrisiko während Einsatzfahrten ist erhöht
- Das müssen Fahrer*innen von Einsatzfahrzeugen beachten und das Privat-Lenker*innen
- Dürfen Einsatzfahrzeuge beliebig lange den Straßenverkehr blockieren?
- Zwischen verschiedenen Einsatzfahrzeugen ist der Vorrang in Deutschland nicht geregelt
- Feuerwehrleute dürfen auf dem Weg zum Gerätehaus zügig fahren, aber mit Bedacht
Ob Rettungsdienst, Feuerwehr oder Polizei: Die Fahrt zu Einsatzorten ist sowohl mit psychischer Belastung als auch mit Risiko verbunden. Das Unfallrisiko während Sondersignalfahrten im Vergleich zu Fahrten ohne Folgetonhorn und Blaulicht ist deutlich erhöht. Eine Studie des Universitätsklinikums München hat ergeben, dass das Risiko eines Sachschadens 17-fach höher, dass Menschen bei einem Unfall schwerverletzt werden, 8-fach höher und dass Unfallbeteiligte sterben, 4-fach höher ist. Damit die Lenker*innen möglichst rasch und vor allem unfallfrei durch den Verkehr kommen, haben sie Sonderrechte gegenüber anderen Verkehrsteilnehmenden.
Einsatzfahrzeuge: So musst du dich als Verkehrsteilnehmer*in an der Kreuzung verhalten
Immer wieder kommt es zu Unfällen zwischen Einsatzfahrzeugen auf dem Weg zu einem Unfallort und privaten Fahrzeugen. Im oberfränkischen Marktredwitz etwa forderte im März eine Kollision zwischen einem Kleinwagen und einem Rettungswagen zwei Schwerverletzte. Der Fahrer des Kleinwagens missachtete die Vorfahrt des Krankenwagens, der sich auf dem Weg zu einem Einsatz befand.
"Dass Einsatzfahrzeuge immer Vorrang haben, ist im Paragraf 35 der Straßenverkehrsordnung verankert", erklärt Rechtsanwalt Tobias Kantz von der Nürnberger Kanzlei Dr. Kreuzer gegenüber inFranken.de. Das gilt übrigens nicht nur für Rettungsdienste, Feuerwehr und Polizei. Auch andere Einsatzfahrzeuge, wie zum Beispiel die der Stadtwerke oder des Technischen Hilfswerkes haben im Einsatz Sonderrechte. Der Rechtsanwalt für Verkehrsrecht fügt hinzu: "Sondersignale dürfen jedoch nur verwendet werden, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. Auch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden, flüchtige Personen zu verfolgen oder bedeutende Sachwerte zu erhalten, zählt zu den Gründen für eine Einsatzfahrt." Obwohl die Gesetzeslage klar ist, gilt: Vorfahrt nicht um jeden Preis. "Grundsätzlich müssen sich Fahrer*innen von Einsatzfahrzeugen hineintasten, Sorgfaltspflicht wahren und an der Kreuzung das Tempo auf 20 bis 25 km/h drosseln", weiß Kantz. Die Pflicht zur Sorgfalt gelte nicht nur, wenn es um Vorrang geht, sondern auch bei der Geschwindigkeit während der Einsatzfahrt.
Um Unfälle zu vermeiden, sind Fahrer*innen privater Fahrzeuge im Gegenzug ebenfalls zur Aufmerksamkeit angehalten. "Dazu gehört zum Beispiel, das Radio nicht so laut zu stellen, dass man nichts mehr hört. Problematisch sind hier in der Praxis oftmals auch Radfahrer, die beispielsweise geräuschunterdrückende Kopfhörer verwenden", so der Rechtsanwalt.
Dürfen Einsatzfahrzeuge beliebig lang den Straßenverkehr blockieren?
Gerade bei medizinischen Notfällen in Städten ist es oft notwendig, dass ein Rettungs- oder Notarztwagen in einer engen Straße direkt vor dem Hauseingang abgestellt wird. Die Folge: Sowohl der private und der berufliche Verkehr als auch der Öffentliche Nahverkehr kommen zum Erliegen.
"Laut Straßenverkehrsordnung sind Einsatzfahrzeuge grundsätzlich von Park- und Halteverboten ausgenommen", erklärt Kantz. Ob zum Beispiel ein Rettungswagen in einer engen Straße mitten auf der Fahrbahn halten darf, um im angrenzenden Haus einen Patienten oder eine Patientin zu versorgen, sei aber im Einzelfall abzuwägen. Die Grundregel sei: "Je höher die Gefährdungslage ist, desto mehr darf der Straßenverkehr behindert werden." Wenn es die Einsatzsituation erlaubt, werden Einsatzfahrzeuge gegebenenfalls auch umgeparkt, damit der Verkehr wieder fließen kann.
Was du tun musst, wenn du in einen Verkehrsunfall verwickelt bist, erfährst du in diesem Video.
Rettungsdienst, Feuerwehr, Polizei: Wer hat im Einsatz Vorrang?
Während etwa in Österreich die Rangfolge von an einer Kreuzung aufeinander treffenden Einsatzfahrzeugen in der Straßenverkehrsordnung gesetzlich geregelt ist, gibt es in Deutschland keine derartigen Vorschriften. In der Alpenrepublik gilt: An erster Stelle stehen Rettungsfahrzeuge, da es um Gesundheit und Leben geht, danach darf die Feuerwehr in die Kreuzung einfahren, da sie Hab und Gut rettet. Die Polizeifahrzeuge kommen an dritter Stelle.
"Treffen in Deutschland Einsatzfahrzeuge an einer Kreuzung zusammen, ist die Verständigung zwischen den Fahrer*innen notwendig", so Kantz. Sind zum Beispiel Polizei und Rettungsdienst zum gleichen Einsatzort mit einem Schwerverletzten unterwegs, wird die Polizei die Rettung vorlassen. Geht es um eine akute Schießerei, fährt zuerst die Polizei, um die Gefahr abzuwehren.
Dass man bei einer Panne oder einem Unfall ein Warndreieck aufstellen muss, ist klar. Aber wo musst du es tatsächlich aufstellen? Das erfährst du hier.
Mit dem Privat-PKW zur Dienststelle: Sind Geschwindigkeitsübertretungen legal?
Der Feuerwehrmann oder die Feuerwehrfrau wird per Piepser oder Sirene alarmiert. Da ist auf dem Weg zum Gerätehaus Eile geboten. Doch müssen sich Einsatzkräfte mit dem eigenen PKW an die Straßenverkehrsordnung halten?
"Die Sonderrechte gelten auch in diesem Fall, sollten jedoch nur sehr zurückhaltend in Anspruch genommen werden", erklärt Kantz. Der Sorgfaltsmaßstab sei hier nochmal deutlich höher, da die Erkennbarkeit der wahrgenommenen Sonderrechte für die übrigen Verkehrsteilnehmenden natürlich geringer oder gar nicht möglich ist.
"Das Gleiche gilt auch für Polizist*innen", so der Rechtsanwalt. Polizeibeamt*innen dürfen sich zur Verbrechensbekämpfung oder Gefahrenabwehr außerhalb der Dienstzeit selbst in Dienst setzen. Wenn ein*e Polizist*in in der Freizeit eine Straftat beobachtet, dürfen zum Zweck der Verfolgung mit dem Privatwagen die Sonderrechte in Anspruch genommen werden.
Fazit
Einsatzfahrzeuge haben mit Blaulicht und Martinshorn stets Vorrang und dürfen auch in die Kreuzung einfahren, wenn die Ampel rot anzeigt. Dennoch müssen die Fahrer*innen der Einsatzfahrzeuge den Verkehr beobachten und Vorsicht walten lassen.
Einsatzkräfte, die bei Alarm mit dem Privatfahrzeug zur Dienststelle oder zum Feuerwehrgerätehaus fahren, dürfen zügig - auch ein paar km/h schneller als erlaubt - fahren. Da andere Verkehrsteilnehmende nicht erkennen können, dass sie auf dem Weg zu einem Einsatz sind, müssen die Einsatzkräfte besonders vorsichtig sein.
Mit einem Einsatzwagen darf auch der Verkehr blockiert werden. Wenn es die Einsatzsituation erlaubt, wird das Einsatzfahrzeug umgeparkt, damit der Verkehr wieder fließen kann.