Strompreise steigen: Lohnt sich ein E-Auto überhaupt noch?

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E-Autos sind bei den Nutzungskosten für PKWs absolut konkurrenzfähig.
E-Autos sind bei den Nutzungskosten für PKWs absolut konkurrenzfähig.
CC0 / Pixabay / Joenomias

Die Strompreise sind gestiegen, die Spritpreise schwanken auf hohem Niveau. Welche Auswirkungen hat das auf die Nutzungskosten von Autos? Sind die E-Autos wirklich noch konkurrenzfähig, vielleicht sogar noch preiswerter im täglichen Unterhalt?

  • Kostenlos aufladen bei Lidl, Aldi und Co.?
  • Der Vergleich: Benziner versus Stromer
  • Haushaltsstrom nutzen statt öffentliche Ladestationen

Die Chefin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, ist in großer Sorge. Sie befürchtet, das vertraute sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) an, bei dauerhaft hohen Strompreisen einen Einbruch bei den Verkaufszahlen für Elektrofahrzeuge. Wer die Preise an der Strombörse beobachtet, wundert sich nicht, dass an den Stromtankstellen die Energie teurer ist. Deshalb stellen sich viele PKW-Nutzer*innen die Frage: Lohnt sich der Stromer überhaupt noch? Eine Modellrechnung zeigt, wie die Kostensituation Anfang 2023 konkret ist.  

Kostenlos aufladen bei Lidl, Aldi und Co.?

Wer günstig Strom tanken wollte, fuhr früher auf den Parkplatz einer Handelskette. Egal ob Aldi, Ikea oder Lidl, sie alle zeigten sich kundenfreundlich und zum Service gehörte das kostenlose Aufladen der Batterie. Aldi Süd beendete das schon im Juni 2022, Lidl folgte im September. Seither sind bei den Discountern jeweils übliche Preise fällig. Gleiches gilt auch für den Heimwerkermarkt Bauhaus, der bereits seit Ende 2021 zusammen mit der EnBW die Ladeinfrastruktur betreibt und jetzt abrechnet.

Einzige Ausnahme ist noch Ikea. Das schwedische Möbelhaus bietet bei den 54 Einrichtungshäusern noch kostenlose Ladepunkte. Aktuell prüft das Management Deutschland aber, ob dieser Service noch zeitgemäß ist und schließt nicht aus, dass es bald eine Änderung gibt. Der Trend ist für den Bundesverband eMobilität (BEM) klar: Der Ladestrom wird in Zukunft im Handel abgerechnet.

Die Ladepreise an den Parkplätzen der Handelsketten sind abhängig von der Ladeleistung. Lidl zum Beispiel verlangt an den Wechselstromladesäulen, die bis zu 22 Kilowatt Leistung liefern, derzeit 29 Cent pro Kilowattstunde (Stand: Januar 2023). Bei der Betankung mit bis zu 60 Kilowatt Gleichstrom sind es 48 Cent und an den sogenannten HPC-Ladepunkten ( High-Power-Charging) ab 150 Kilowatt Leistung 65 Cent. Aldi-Süd verlangt ebenfalls bei der Normalstation bis zu 22 Kilowatt Ladeleistung 29 Cent pro Kilowattstunde. Bei der Schnellladestation sind es 39 Cent.

Der Vergleich: Benziner versus Stromer

Eine einfache Vergleichsrechnung, die das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) vorgelegt hat, gibt Aufschluss. Es ging der Redaktion darum, die unmittelbaren Energiekosten für eine 100 Kilometer-Entfernung je nach Antriebsart zu ermitteln. Und so sieht es beim Verbrenner-Pkw aus: Laut ADAC lag Anfang Januar 2023 der Preis für einen Liter Super E10 bei rund 1,74 Euro. Bei einem durchschnittlichen PKW-Verbrauch von circa 7,7 Litern auf 100 Kilometer ergeben sich Benzinkosten von 13,40 Euro.

Diese Kosten fallen beim E-Auto an: Je nach Modell und Ausführung liegt laut Herstellerangaben der durchschnittliche Stromverbrauch eines E-Autos auf 100 Kilometer zwischen 12 und 30 kWh. Wie hoch die Strom- und Benzinkosten pro 100 km ausfallen, ist je nach Modell unterschiedlich. Faktoren wie Außentemperatur, Geschwindigkeit, Strecke, Fahrstil und ob die Sitzheizung oder Lüftung in Benutzung sind, können den Verbrauch beziehungsweise die Reichweite eines Autos mitunter stark beeinflussen. 

Das Netzwerk hat mit einem Verbrauch von 21,6 Kilowattstunden Strom gerechnet. Wurde bei einer öffentlichen EnBW-Ladesäule getankt (neue Preise ab 17.1.2023), sind im mittleren Tarif M EnBW mobility ab dreimal monatlich Laden 49 Cent für die Kilowattstunde an einem normalen EnBW-Ladepunkten zu zahlen. 57 Cent sind es bei einer Fremdladestation. Hinzu kommt eine Grundgebühr von 5,99 Euro/Monat. Das ergibt dann im Ergebnis reine Mobilitätskosten in Höhe von 10,58 Euro (ohne Grundgebühr an EnBW-Ladestationen).

Haushaltsstrom nutzen statt öffentliche Ladestationen

Im direkten Preisvergleich überzeugen die E-Autos: Wer 100 Kilometer mit seinem Pkw fährt, ist mit einem E-Auto günstiger unterwegs: mit dem Benziner zahlst du 13,40 Euro, mit Elektro 10,58 Euro. Die Rechnung verschiebt sich weiter zugunsten des E-Fahrzeugs, wird eine eigene Wallbox genutzt und Haushaltsstrom eingesetzt. Die wenigsten nutzen dauerhaft die überteuerten öffentlichen Ladesäulen. Haushaltsstrom ist günstiger: Laut des Vergleichsportals Verivox liegt Haushaltsstrom derzeit bei rund 43 Cent pro Kilowattstunde – für 100 km zahlst du mit dem E‑Auto also rund 9,29 Euro. Erzeugst du über deine Photovoltaik-Anlage Strom und nutzt es für das E-Auto, tankst du noch günstiger.

Die Thinktank Agora Energiewende hat die durchschnittlichen Kosten für Fahrstrom, Benzin und Diesel pro 100 Kilometer für die Jahre 2019 bis 2022 ausgewertet und bestätigt den Kostenvorteil der E-Autos: Zwar ist der Anstieg des Strompreises über die Jahre deutlich. E‑Autos schneiden im Schnitt aber immer noch deutlich günstiger ab als benzin- oder dieselbetriebene Fahrzeuge. Im Jahr 2022 hatte Strom laut Agora Energiewende auf einer Strecke von 100 Kilometern mit dem Auto "noch immer einen Preisvorteil von 20 bis 40 Prozent gegenüber Benzin oder Diesel".

Der ADAC wies zuletzt im Oktober 2022 darauf hin, dass für einen seriösen Kostenvergleich zwischen E‑Auto und Benziner ohnehin nicht nur Strom- oder Spritkosten zu vergleichen sind. Vielmehr müssen "sämtliche Aufwendungen (…), die beim Autofahren anfallen", in den Vergleich einfließen. Dazu zählen auch Versicherungskosten, Kfz-Steuer, Wartung und Reparaturen, Reifenverschleiß, Kraftstoff- beziehungsweise Stromkosten sowie die Pflege des Autos.

Fazit

Bis etwa 2019 galt das Elektroauto als zu teuer im Vergleich zu Verbrenner-PKW. Mittlerweile, Ende des Jahres 2022, steht die Preisparität selbst bei den reinen Anschaffungskosten bevor oder wurde schon erreicht. Die Spezialist*innen des ADAC haben nachgerechnet, ob sich der Umstieg wirtschaftlich lohnt. Das Ergebnis: Nimmt man alle Kosten eines Autos zusammen, vom Kaufpreis über sämtliche Betriebs- und Wartungsaufwände bis zum Wertverlust, schneiden Elektroautos häufig – aber nicht immer – besser ab als Benziner oder Diesel.