Anzeige gegen Bürgermeister erstattet: Handelte Bauhof-Mitarbeiter im "Wild-West-Stil"?

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An einer Allee in Unterfranken sind offenbar mehr als 20 Bäume ohne Erlaubnis gefällt worden. "Ich war schon sehr erschrocken", sagt der zuständige Bürgermeister - der sich nun mit einer Anzeige konfrontiert sieht.

Ein Vorfall im Landkreis Würzburg sorgt aktuell für großes Kopfschütteln: Unweit von Opferbaum, einem Ortsteil der Gemeinde Bergtheim, sind in einer Allee zahlreiche Bäume kurzerhand gefällt worden, obwohl anscheinend keine entsprechende Genehmigung vorlag. Der Bund Naturschutz hat Anzeige gegen den Bürgermeister erstattet - der spricht von einem mutmaßlichen Missverständnis. 

Laut Schilderung von Bergtheims Bürgermeister Konrad Schlier (CSU) wurden die rund 50 Jahre alten Weiden von einem Bauhof-Mitarbeiter zu Fall gebracht. "Letztendlich liegt es in meiner Verantwortung", erklärt der Kommunalpolitiker im Gespräch mit der Agentur News5. Der Angestellte habe in den vergangenen Jahre wiederholt die Anweisung erhalten, die entsprechenden Weiden zu kontrollieren. Dürre oder morsche Bäume galt es demnach zurückzuschneiden oder ganz zu entnehmen, "wenn er der Meinung war, dass der Baum als Standpunkt zu gefährlich war". 

Opferbaum: Bauhofmitarbeiter fällt 23 Weiden in Eigenregie - Bürgermeister "sehr erschrocken"

Im aktuellen Fall mussten gleichwohl mehr als 20 Bäume gänzlich weichen. "Das sind natürlich mehr, als er fällen sollte", erklärt Schlier mit Blick auf seinen Angestellten. "Ich war schon sehr erschrocken und habe auch sofort den Kontakt mit meinem Mitarbeiter gesucht." Er habe ihn angewiesen, keinen weiteren Baum mehr in Angriff zu nehmen, der nicht gefällt werden müsse. "Aus seiner Überlegung hätte er wahrscheinlich den Rest auch noch gefällt", vermutet Schlier.

"Letztendlich ist es teilweise auf ein Missverständnis zurückzuführen." Im Bereich der Allee entstehe ein neuer Fahrradweg. Hierfür sei stellenweise schon der Asphalt aufgebrochen. "Wenn der Weg gebaut wird, müssen ja die Wurzeln alle gekappt werden", sagt der Bürgermeister. Der Bauhof-Bedienstete habe deshalb schon jetzt die herumstehenden Bäume gefällt. Was ihn dazu bewogen habe, sei allerdings auch ihm nicht klar. 

"Ich bedauere, dass jetzt gleich so viele Bäume in dem einen Fall gefällt wurden", hält Schlier fest. Wie viele Weiden bei Ergreifung der Baumaßnahme am Ende stehen geblieben wären, könne er nicht sagen. Ungeachtet dessen sei der Alleebereich in den vergangenen drei Jahren mit mehr als 40 Bäumen aufgeforstet worden. 

Alleebäume offenbar ohne Genehmigung gefällt: Bund Naturschutz zeigt Bergtheimer Bürgermeister an

Bei Naturschützern führt der Fall derweil zu Verwunderung und Fassungslosigkeit. "Was man hier gemacht hat, ist Tabula rasa. Das ist für uns absolut unverständlich", betont Steffen Jodl von der Kreisgruppe Würzburg des Bunds Naturschutz im Gespräch mit News5. Als Regionalreferent des Verbands ist er für ganz Unterfranken zuständig. Ihm zufolge wurde die Allee ohne Genehmigung gefällt. "Es handelt sich hier um ungefähr 50 Jahre alte Weiden. 23 von fast 40 sind gefällt worden", konstatiert Jodl. "Diese Weidenallee hatte natürlich auch eine wirklich große Bedeutung für das Landschaftsbild." Er spricht in dem Zusammenhang von einer "ohnehin sehr ausgeräumten Landschaft" rund um Opferbaum und Bergtheim. 

Jodl sieht gleich mehrere Verstöße gegen das Naturschutzgesetz. So gelte es beispielsweise Eingriffe in das Landschaftsbild "tunlichst zu vermeiden". Die Naturschützer haben bei der Wasserschutzpolizei inzwischen Anzeige gegen den Bürgermeister erstattet. Dieser trage in der vorliegenden Angelegenheit schlussendlich die Verantwortung. "Er muss ja wissen, was in seinem Ort passiert", sagt Jodl. Schließlich müssten auch die Anweisungen von jemanden kommen. 

"Wir hoffen, dass der Sache nachgegangen wird." Gegebenenfalls sei es obendrein noch zu einem Verstoß gegen das Artenschutzgesetz gekommen. Wenn in den rund 50 Jahren Weiden auch Höhlen vorhanden seien, hätte man ferner einen Verlust von Lebensstätten für Vögel zu beklagen - etwa für den Specht. In derartigen Fällen seien Bußgelder in Höhe von bis zu 50.000 Euro möglich. "Das muss jetzt überprüft werden", erklärt der Funktionär des Würzburger Bunds Naturschutz. "Und dann fordern wir natürlich entsprechende Ausgleichsmaßnahmen."

Bäume "im Wild-West-Stil" zu Fall gebracht - unterfränkischer Naturschützer spricht von "No-Go"

Aus Sicht der Naturschützer sei es außerdem wichtig, dass der Vorfall keine Nachahmer finde. "So was ist eigentlich ein No-Go - diese Bäume im Wild-West-Stil ohne Genehmigung zu fällen, weil man sagt: 'Na ja, irgendwann müssen sie sowieso weg.' Das kann nicht sein. Insbesondere nicht in Zeiten von Biodiversität." Bei Jodl und seinen Kollegen herrscht offenkundig noch immer Unverständnis, was den Vorgang bei Opferbaum anbelangt. 

Gerade in der heutigen Zeit diskutiere jeder über das Thema Naturschutz. "Und dann werden 23 50 Jahre alte Weiden entlang eines Fließgewässers umgehauen. Da muss man sich schon sehr, sehr wundern, was da in der Gemeinde vor sich geht", hält Jodl merklich aufgewühlt fest. "Anscheinend haben einige von der Notwendigkeit des Artenschutzes und des Schutzes der Biodiversität noch nicht gehört. Die sollten vielleicht einmal dringend eine Schulung mitmachen."

Bergtheims Bürgermeister Konrad Schlier stellt sich indessen seiner Verantwortung. Er stehe in Kontakt mit der Unteren Naturschutzbehörde, erläutert der unterfränkische CSU-Politiker. Die Behörde wolle sich ihm zufolge nun erst einmal ein eigenes Bild vor Ort machen. "Sollte in einem Verfahren mir die Schuld gegeben werden, dann nehme ich das hin und werde daraus die Konsequenzen tragen", sagt Schlier gegenüber News5

"Er ist ein guter Mitarbeiter": Bauhof-Bediensteter laut Bürgermeister weiter für Gemeinde tätig

Den Bauhof-Bediensteten erwarten derweil anscheinend keine ernsthaften Folgen. "Mit dem Mitarbeiter passiert nichts", so der Bürgermeister. "Wir hatten mehrere ernste Gespräche." Hinzu komme womöglich noch eine disziplinarische Maßnahme. "Er ist ein guter Mitarbeiter, der auch weiterhin für uns tätig sein wird", betont Schlier.

Laut Ankündigung des Bürgermeisters soll im Alleebereich - in Absprache mit der Naturschutzbehörde - eine weitere Aufforstung erfolgen. 

In Veitshöchheim fand vor wenigen Tagen eine Demonstration von Landwirten statt. Die fränkische Partyband "Dorfrocker" unterstützte die Bauern vor Ort. Ihre Beweggründe erklärten sie in einem Video-Interview. Weitere Nachrichten aus Würzburg und Umgebung gibt es in unserem Lokalressort.

Vorschaubild: © Höfig/News5