Schmiergelder bei Schaeffler: Haften Ex-Vorstände?

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Ex-Schaeffler-Chef Jürgen Geißinger: Was wusste er von den Schmiergeldzahlungen? Foto: Peter Steffen, dpa
Ex-Schaeffler-Chef Jürgen Geißinger: Was wusste er von den Schmiergeldzahlungen? Foto: Peter Steffen, dpa

Vor dem Arbeitsgericht Schweinfurt geht es um Korruption und eine Millionensumme. Am Mittwoch will das Gericht verkünden, wie es weitergeht.

Was wussten sie? Oder hätten sie es in ihrer Position wissen müssen? Vor dem Arbeitsgericht Schweinfurt begann gestern ein mit Spannung erwarteter Prozess. Der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler aus Herzogenaurach (Landkreis Erlangen-Höchstadt) hat acht ehemalige Mitarbeiter auf Schadensersatz verklagt. Darunter sind der ehemalige oberste Geschäftsführer und spätere Vorstandsvorsitzende Jürgen Geißinger und der ehemalige Industrievorstand Robert Schullan.


Staatsanwaltschaft ermittelt

Schaeffler macht seine früheren Beschäftigten dafür verantwortlich, dass zwischen 2004 und 2011 in 127 Fällen Schmiergelder an Mitarbeiter türkischer Kunden geflossen sein sollen, um an Aufträge zu kommen - das Ganze getarnt als Beratungshonorar oder Provisionskosten. "Es geht um sehr erhebliche Beträge", stellte der Vorsitzende Richter Frank Bechtold gleich zu Beginn klar. Schaeffler macht eine Schadenssumme in Höhe von 1,75 Millionen Euro geltend. Hinzu kämen Folgeschäden, die noch nicht absehbar sind. Im Raum steht ein Betrag von bis zu 62,5 Millionen Euro.

Wegen der Schmiergeldzahlungen ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Würzburg. Käme es zu einem Strafverfahren, erwartet Schaeffler im Fall einer Verurteilung eine Unternehmensgeldbuße in Höhe von 10,9 Millionen Euro. Hinzu kommen Anwaltskosten und Steuernachzahlungen. Auch andere Wettbewerber könnten wegen der Bestechungsgelder noch klagen.


Nur die Anwälte waren da

Strafrechtliche Fragestellungen blieben gestern vor dem Arbeitsgericht aber außen vor. Auch Geißinger, Schullan und die anderen sechs Beklagten ließen sich nicht blicken. So blieb es einer Schar von Anwälten vorbehalten, mit dem Vorsitzenden Richter den Sachverhalt zu erörtern. Fünf Prozessbevollmächtigte agierten für den fränkischen Konzern, insgesamt zehn Anwälte vertraten die acht Beklagten.


Schon 2006 erste Hinweise

Ein anfänglicher Güteversuch des Richters war schnell gescheitert, zumal der genaue finanzielle Schaden für Schaeffler noch in der Schwebe ist. Es ging also in die Streitverhandlung. "Der Vorwurf mafiöser Strukturen scheint nicht an den Haaren herbeigezogen zu sein", sagte Bechtold angesichts des langen Zeitraums und der beklagten Summe. Bei Geißinger und Schullan stelle sich freilich die Frage, "ob ein Nichtstun oder Dulden haftungsauslösend sein kann". Auch die Frage der Verjährung wurde gestern vom Gericht offen gelassen.

Belastend für die Beklagten ist eine interne, vertrauliche Mitteilung, in der die ehemalige Schaeffler-Revisionsleiterin bereits im Januar 2006 auf die Schmiergeldzahlungen aufmerksam gemacht hatte. Laut den Konzernanwälten ist bei Schullan dieses Schreiben in den Archivunterlagen aufgefunden worden. Bei Geißinger fehlt bislang ein solcher Nachweis. "Es gibt keinen Grund, weshalb Geißinger dieses Dokument nicht erreicht haben sollte", sagte ein Schaeffler-Anwalt.


Was wusste Rosenfeld?

Inwieweit der Schaeffler-Compliance-Beauftragte im Jahr 2011 auch dem heutigen Chef Klaus Rosenfeld von den illegalen Türkeigeschäften berichtet hat, blieb ebenfalls eine strittige Frage.

Das Gericht will an diesem Mittwoch (9.30 Uhr) eine Entscheidung verkünden, wie es nun weitergeht. Vermutlich wird der Prozess in diesem Jahr noch kein Ende finden.