Die Energiewende wird auch für Langfinger zu einem lukrativen Geschäft: Bei Schweinfurt haben Unbekannte 126 Module eines Sonnenkraftwerks mitgehen lassen. Die Polizei geht von Diebesbanden aus - ein neuer Trend?
Schattenseite der Energiewende: Professionell organisierte Banden haben die Solaranlagen als Goldgruben entdeckt. Bei Bergrheinfeld im Kreis Schweinfurt klauten Unbekannte in den letzten Tagen 126 Fotovoltaik-Module im Wert von mehreren zehntausend Euro. Das ist kein Einzelfall.
"Solarzellen statt Mercedes": Der Bundesverband der Solarenergie bringt einen neuen Trend der Schattenwelt auf den Punkt. Statt auf teure Autos setzen Langfinger auf die meist weniger gut gesicherten Solaranlagen auf freiem Feld. Oft weit außerhalb gelegen und auch mit großen Fahrzeugen gut erreichbar, verspricht der Einsatz von krimineller Energie gepaart mit Fachkenntnis und Muskelkraft beachtliche Renditen: Die Solarmodule sind in der Regel nicht gekennzeichnet und lassen sich auf dem Schwarzmarkt im In- und Ausland gut verkaufen.
Zaun schützt kaum Die Kriminalpolizei in Bayern sieht einen Trend und empfiehlt den Betreibern der Sonnenkraftwerke, ihre Wertanlage nicht nur mit einem Maschendrahtzaun zu schützen, der für kriminelle Elemente "in der Regel nicht das geringste Hindernis darstellt", wie ein Sprecher der Polizei sagt. Abschrecken ließen sich die Diebe effektiver durch Maßnahmen, die den entscheidenden Faktor verlängern: Zeit. "Wenn die Demontage der Anlagenteile mit handelsüblichem Werkzeug nicht oder nur mit großem Aufwand möglich ist, lassen Kriminelle die Finger davon", sagt die Polizei: Die Gefahr, entdeckt zu werden, wäre bei stundenlangem Hantieren auch in der Nacht zu groß.
Datenbank aus Thüringen Die SecondSol-GmbH in Meiningen (Thüringen) gehört zu den Unternehmen, die den Langfingern den Kampf angesagt haben. Geschäftsführer Frank Fiedler hat eine Datenbank installiert, mit deren Hilfe man nach gestohlenen Solaranlagen suchen oder verschwundene Teile eintragen lassen kann (www.pv-diebstahl.de).
Damit, hofft Fiedler, kommt ein wenig Licht in den lukrativen Schwarzmarkt mit der Sonnenenergie. Fiedlers Register enthält aktuell gut 50 Einträge, doch das ist nur der kleinste Teil der Wahrheit: Nach Recherchen der Zeitung "Wirtschaftswoche Green" wurden seit 2005 bundesweit 1100 Diebstähle aus Solaranlagen registriert, wobei Bayern mit 277 Fällen an der Spitze der Statistik steht.
Neben den Solarzellen selbst sind vor allem die teuren Wechselrichter ein begehrtes Diebesgut, in dunkle Kanäle wandern aber auch Baumaterial, Kabel und Werkzeuge von Baustellen.
Schreck-Schrauben "Es gibt Hinweise darauf, dass es sich bei den Dieben um gut organisierte Banden ... aus dem osteuropäischen Raum handelt", heißt es bei der Polizei , die dabei hilft, Sonnenkraftwerke gegen dunkle Gestalten abzuschirmen (Internet: www.polizei.bayern.de). Der Schutz muss dabei gar nicht mal teuer sein wie die Vorschläge kommerzieller Anbieter. Deren Portfolio reicht von Überwachungskameras über Alarmanlagen bis hin zum nächtlichen Wachdienst.
Einfacher, aber ebenso effektiv sind laut Polizei abschreckende Maßnahmen wie registrierte Seriennummern, die den Verkauf des Diebesgutes erschweren, oder der Einsatz spezieller Befestigungssysteme mit dem dazu gehörigen Werkzeug (analog zum Schraubenschloss an der Alu-Felge).Auf dem Markt gibt es auch Einwegschrauben: Deren Kopf löst sich beim Versuch, die Verbindung zu lösen. Das ist zwar lästig bei einer Reparatur, aber im Vergleich zu Schaden, der durch Diebstahl entstehen könnte, das kleinere Übel.
Ein Windrad klaut keiner Die Häufung solcher Straftaten in letzter Zeit nährt beim Solarverband die Hoffnung, dass der Trend seinen Zenit bald überschritten hat: Der Preisverfall auf dem Fotovoltaik-Markt könnte dazu führen, dass nächtliche Raubzüge bald nicht mehr lukrativ sind. Die Gefahr, dass die Trittbrettfahrer der Energiewende dann die Windräder als neue Geldquelle ausmachen, dürfte nicht allzu groß sein.